" Alzheimer-Gespräch. Das Internetmagazin für Alzheimer-Patienten und ihre Angehörigen. "
Einmal pro Woche gehen Gabriela Zander-Schneider und ihr Mann auf Sendung. Jedes Mal ist ein Studiogast dabei: Der Leiter eines Seniorenzentrums, der darüber berichtet, wie sich die Pflegekräfte auf Alzheimer-Patienten eingestellt haben. Oder Angehörige, die erzählen, wie sie mit der Diagnose "Demenz" umgegangen sind.
" Eigentlich waren wir ziemlich hilflos, weil uns einfach die Informationen fehlten. Es hat sich eigentlich erst zum besseren gewendet, als ich die Alzheimer-Selbsthilfe-Gruppe gefunden habe. Ich wusste nicht, was ist denn in dieser Krankheit normal und was ist anders. Der Austausch mit anderen, die Probleme, hat mir sehr geholfen. "
Das Magazin will aufklären, über eine Krankheit, über die viele Betroffene und ihre Angehörige nicht gerne sprechen. Gabriela Zander-Schneider weiß, wie es ist, rund um die Uhr für einen Menschen da zu sein, der alles vergisst und den man nicht mehr wieder erkennt. Sie hat selbst jahrelang ihre Mutter zu Hause gepflegt. Nun hilft sie anderen Familien, engagiert sich in der Kölner Alzheimer-Gesellschaft und hat eine Hotline für Angehörige eingerichtet. Denn die fühlten sich oft allein gelassen, wüssten nicht, an wen sie sich wenden können und welche finanziellen Hilfen ihnen zustehen.
" In der Aufklärung müsste wesentlich mehr passieren. Dass man sich tatsächlich vor Augen führt, welche Herausforderung das ist, was da tatsächlich geleistet wird in den Familien und letztendlich uns alle entlastet, auch finanzielle uns alle entlastet, als Gesellschaft halt auch. "
Als sie von der Krankheit ihrer Mutter erfuhr, hat Gabriela Zander-Schneider ihre Stelle gekündigt, um sich voll der Pflege widmen zu können.
In Deutschland leben etwa eine Million Menschen mit so genannten "geistigen Verfallserscheinungen". Die Zahl derer, die an Demenz oder Altersverwirrung leiden, wächst jährlich um etwa 200.000. Bislang können die Betroffenen Leistungen aus der Pflegeversicherung aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie aufgrund zusätzlicher, rein körperlicher Erkrankungen zum Pflegefall geworden sind. Mit der Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung wird sich das ändern. Morgen will der Bundestag das Gesetz verabschieden, am 1. Juli tritt es dann in Kraft. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt:
" Wir sorgen mit dem Gesetz für dringend notwendige Verbesserungen für dementiell erkrankte, für geistig behinderte oder für psychisch erkrankte, die zukünftig bis zu 2400 Euro an Zuschüssen erhalten sollen. "
Diese Zuwendung können dann auch Demenzkranke erhalten, die körperlich noch gesund sind. Für die derzeit mehr als zwei Millionen meist alten Menschen, die Unterstützung durch die Pflegeversicherung bekommen, werden die Leistungen ebenfalls ausgeweitet.
So steigen die Sätze in der ambulanten wie in der stationären Pflege schrittweise bis zum Jahr 2012. Die Spannbreite reicht dann im ambulanten Bereich von monatlich 450 Euro in der Pflegestufe Eins bis zu über 1.900 Euro für Härtefälle in der stationären Versorgung. Von 2015 an sollen die Leistungen alle drei Jahre an die Preisentwicklung angepasst werden. Auch dies ist ein Novum, wurden doch die Sätze seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 noch nie erhöht.
Mehr als zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, meist durch Angehörige. Das ist zum einen den Bedürfnissen der Betroffenen geschuldet, die die häusliche Umgebung nicht missen möchten. Zum anderen ist die ambulante Betreuung für die Pflegekassen wesentlich kostengünstiger als die stationäre. Allerdings nehmen familiäre Bindungen immer stärker ab, die Zahl von allein lebenden und kinderlosen Demenzkranken steigt - mit der Konsequenz, dass für viele die Versorgung in den eigenen vier Wänden immer seltener möglich ist, eben weil es keine nahen Verwandten gibt:
" Vor diesem Hintergrund werden mit diesem Gesetz die Möglichkeiten neuer Wohnformen, wie zum Beispiel die Wohngemeinschaften für ältere oder betreutes Wohnen und die ambulante, wohnortnahe Versorgung gefördert. Die Pflegebedürftigen sollen die dort erbrachten Leistungen wesentlich flexibler als bisher in Anspruch nehmen können, "
sagt Unions-Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller über ein weiteres Kernelement der Pflegeversicherungsnovelle. Um die weit verbreiteten Missstände in Pflegheimen einzudämmen, werden mit der Reform auch neue Qualitätsstandards und Kontrollmechanismen eingeführt. Zudem sollen die Prüfberichte künftig veröffentlicht werden:
" Prüfungen sind notwendig, um schlechte Pflege festzustellen und Defizite abzustellen. Es geht nicht um ein Mehr von Kontrollen und Vorschriften, sondern es geht um die richtige Anwendung. Denn Qualitätssicherung und Qualitätsprüfungen dürfen kein Selbstzweck werden. "
Eine weitere Verbesserung im Interesse der Betroffenen wie der Angehörigen stellt die Einführung einer so genannten Pflegezeit dar: Bis zu sechs Monate können Arbeitnehmer künftig eine Auszeit nehmen, damit sie sich um einen nahen Verwandten kümmern können, der zum Pflegefall geworden ist. Allerdings gilt diese Regelung nur in Betrieben mit mindestens fünfzehn Angestellten. Ferner gibt es mit der Reform für alle Beschäftigten die Möglichkeit, sich kurzzeitig vom Arbeitsplatz freistellen zu lassen, wenn akut die Pflege eines Familienmitglieds organisiert werden muss:
" Wir haben im Gesetz vorgesehen, dass die Möglichkeit besteht, für zehn Tage von der Arbeit freigestellt zu werden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch hier die notwendige Zeit haben zu organisieren. "
Allerdings konnten sich Ministerin Schmidt und die SPD nicht mit ihrem Wunsch durchsetzen, dass bei dieser Auszeit Arbeitgeber oder Krankenkasse den Lohnausfall übernehmen. Jede Form von Pflegezeit wird vielmehr wie ein unbezahlter Urlaub behandelt.
Dieser Dissens der Koalitionspartner bei der Ausgestaltung der Pflegezeit ist nur ein Beispiel für die zahlreichen Differenzen, mit denen Union und SPD im Zuge ihrer Pflegereform zu kämpfen hatten.
Ungelöst bleibt auch das Finanzproblem der Versicherung. Mit einer individuellen Zusatzversicherung sollte das Pflegesystem in die Lage versetzt werden, auch auf längere Sicht nicht zu kollabieren - trotz der sich abzeichnenden Überalterung der Gesellschaft. Das Problem aber wurde ausgeklammert - nicht nur aus Sicht des FDP-Gesundheitsexperten Heinz Lanfermann ein schweres Versäumnis:
" Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird es keine zukunftsfeste Finanzierung geben und damit ist schwarz-rot in der wichtigen Finanzierungsfrage gescheitert. "
Die Koalitionäre wissen, dass ihnen keine nachhaltige Reform gelungen ist, welche die Pflegeversicherung auf lange Sicht zukunftsfest macht. Sie verweisen indes darauf, dass die nun verabredeten Finanzierungsgrundlagen etwa bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts tragen werden. Für diesen Zeitraum sollen auch die neuen Beitragssätze in der Pflegeversicherung ausreichen, die jetzt um einen Viertelprozentpunkt angehoben werden. Künftig zahlen Kinderlose 2,2 Prozent, alle anderen müssen sich 1,95 Prozent ihres Einkommens als Versicherungsbeitrag anrechnen lassen.
Ebenso umstritten war lange Zeit das Ziel der SPD und ihrer Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, bundesweit ein engmaschiges Netz von Pflegestützpunkten aufzubauen. An diesen Stützpunkten sollen Pflegefälle und deren Angehörige alle notwendigen Informationen und Hilfen aus einer Hand erhalten können:
" Wir sind überzeugt, dass die Pflegestützpunkte eine wichtige Hilfe sind, im Wohnviertel nahe für die Menschen auch Hilfe zu organisieren. "
Die Union hielt - unterstützt von vielen unabhängigen Experten - stets dagegen: Das Vorhaben der Ministerin koste immens viel Geld für den Aufbau größtenteils überflüssiger Doppelstrukturen; den Hilfesuchenden stünden aber schon jetzt umfangreiche Informationsnetzwerke und Anlaufstellen zur Verfügung.
Erst Ende letzten Monats konnte die Koalition den Streit auf dem Kompromissweg lösen, wie Unions-Fraktionschef Volker Kauder zufrieden bekannt gab:
" Die Länder können entscheiden, ob sie Pflegestützpunkte einrichten wollen, dann werden die Kassen dafür ihr Know-how zur Verfügung stellen. Die Länder können damit auf vorhandene Strukturen auch zurückgreifen. "
Im sozialdemokratisch regierten Rheinland-Pfalz gibt es schon seit Jahren ein bundesweit einmaliges Netz von staatlichen Pflegeberatungsstellen. Es wurde parallel zur Einführung der Pflegeversicherung ab 1995 aufgebaut und hat sich nach Meinung der Landesgesundheitsministerin Malu Dreyer bewährt:
" Wir haben in Rheinland-Pfalz 135 Beratungs- und Koordinierungsstellen, wir kürzen das ab "Be-Ko-Stellen". Sie gibt es schon relativ lang, sie wurden vor zwei Jahren noch mal auf ganz neue Füße gestellt, so dass es wirklich eine unabhängige Beratung für die Betroffenen gibt. Und sie beraten umfassend und es funktioniert auch sehr gut zu Gunsten der Bürger. "
Christine Jacobi-Becker muss viel telefonieren: Sie leitet die Beratungs- und Koordinierungsstelle in Ingelheim bei Mainz, in deren Zuständigkeitsbereich rund 26.000 Menschen leben. Vierhundert bis fünfhundert davon wenden sich jährlich an die Be-Ko-Stelle, weil sie im komplizierten Pflegesystem mit seinen vielen verschiedenen Akteuren ohne sachkundige Lotsen nicht zurecht kommen. Bevor Christine Jacobi-Becker mit der Beratung beginnt, erfolgt eine Bestandsaufnahme:
" Was ist noch da an Ressourcen? Was kann der pflege- oder hilfebedürftige Mensch noch? Welche Unterstützung können die Angehörigen bieten? Oder aber muss die Pflege komplett von einem ambulanten Pflegedienst übernommen werden oder muss vielleicht auch erst mal eine Kurzzeitpflege überlegt werden, wenn der Hilfebedarf so hoch ist, dass man das im Moment zuhause nicht realisieren kann? "
Gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen - soweit er dazu in der Lage ist - und dessen Familie organisiert die Be-Ko-Stelle dann die passende Hilfe. Essentiell ist dabei die Vernetzung der Beratungsstelle mit Ärzten und Kliniken, kirchlichen und privaten Pflegediensten, Heimen und ehrenamtlichen Helfern. Christine Jacobi-Becker:
" Wir kennen alle Ansprechpartner unseres Einzugsbereiches, kennen die ganzen niedrigschwelligen Betreuungsangebote, die ganzen Hilfen, alles was dazugehört. Und wenn halt jemand anruft, können wir auf dem kurzen Weg Hilfen einleiten, vermitteln, Formulare anfordern und die dann ausfüllen mit den pflegenden Angehörigen und so weiter. "
So lange es geht, sollen pflegebedürftige Menschen zuhause leben können. Deswegen berät Christine Jacobi-Becker in ihrem Büro am Ingelheimer Marktplatz auch solche Klienten, bei denen eine Pflegebedürftigkeit weit entfernt scheint:
" Ich hab auch öfter ältere Ehepaare hier sitzen, die sagen: Was gibt's für Möglichkeiten, was muss ich machen? Was müssen wir in der Wohnung eventuell an Umbaumaßnahmen vornehmen, damit wir im Alter einigermaßen gut hier leben können? Woran müssen wir denken? Also dieser prophylaktische Teil, der spielt auch eine recht große Rolle. "
Mit ihrem umfassenden Beratungsangebot für alle Fragen zu Pflege, Alter und Krankheit sind die rheinland-pfälzischen Be-Ko-Stellen im Prinzip das, was Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in ganz Deutschland einrichten wollte: Pflegestützpunkte. Nur heißen sie nicht so. Noch nicht. Denn die rheinland-pfälzische Landesregierung will ihre Be-Ko-Stellen mit Beteiligung der Pflegekassen ausbauen - zu Pflegestützpunkten im Sinne von Ulla Schmidt.
Das Modell dafür ist die Beratungsstelle in Ingelheim, wo in den nächsten Wochen ein "Fall-Manager" vom VdAK, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen, seine Arbeit aufnimmt. Als Vertreter der Pflege- und Krankenversicherung kann er über deren Leistungen entscheiden - oder zumindest verlässlich Auskunft geben, welche Pflegekosten die Kasse übernimmt. Wenn die Pflegeberatung und die Kostenentscheidung unter einem Dach stattfinden - so die Idee dahinter - ersparen sich alle Beteiligten unnötige Wege und unnötige Abstimmungsprozeduren.
" Also dieses Angebot der Hilfe unter einem Dach, das wird halt sehr geschätzt von den Menschen. Und wer das nicht kennt, der kann sich das vielleicht nicht vorstellen. "
Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer gibt sich jedenfalls zuversichtlich, dass das Ingelheimer Beratungsmodell ein Vorbild sein kann:
" Ja, die Be-Ko-Stellen sind ein klarer Gegenbeweis gegen alle schlechten Argumente auf Bundesebene gegen die Pflegestützpunkte. In Ingelheim erproben wir nun sozusagen den Pflegestützpunkt, so dass der Bürger alle Leistungen aus einer Hand erhält und trotzdem die Verantwortlichkeiten dort sind, wo sie hinsollten. "
Mit dem Hinweis auf die Verantwortlichkeiten spricht die Ministerin einen Punkt an, der von den Gegnern der Pflegestützpunkte oft problematisiert wurde: Die latente Gefahr, dass sich unter dem Dach der neuen Beratungsstellen eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischverwaltung von Land oder Kommune auf der einen und der Pflegekasse auf der anderen Seite entwickeln könnte. Prinzipiell gilt dieses Problem aber als lösbar, doch es gibt noch weitere Gründe, warum andere Bundesländer die Einrichtung von Pflegestützpunkten im Geiste Ulla Schmidts ablehnen.
In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat sich die Landesregierung - anders als in Rheinland-Pfalz - aus der Pflegeberatung weitgehend herausgehalten. Stattdessen haben die Städte und Landkreise eine funktionierende Beratungsinfrastruktur aufgebaut, die der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann erhalten möchte:
" Unsere Kreise und kreisfreien Städte haben viele Angebote in den letzten Jahren geschaffen. Ich sehe meine Funktion im Land eher so, dass wir über fachlich hoch qualifizierte Institutionen im Grunde Input in die örtlichen Strukturen rein geben. "
Mit den Beratungseinrichtungen, die in seinem Land schon bestehen, seien die Pflegestützpunkte nicht kompatibel, sagt Karl-Josef Laumann. Der Sozialminister aus Düsseldorf möchte lieber die bereits vorhandenen Hilfsangebote der Städte und Kreise ausbauen, statt eine Parallelstruktur zu schaffen, die zusätzlich finanziert werden müsste - von dem ohnehin knappen Geld der Pflegeversicherung:
" Wir haben relativ wenig Geld in der Pflegeversicherung zur Verfügung. Wir erhöhen den Beitrag um ein Viertel-Prozent. Das bringt uns in etwa 2,7 Milliarden Euro mehr in die Kassen der Pflegeversicherung. Wir haben ein Riesenproblem mit Pflegebetten, vor allen Dingen bei den Demenzerkrankten, wo wir mehr Zeit brauchen. Und Zeit kostet in der Pflege Geld, und ich finde, das hat absoluten Vorrang. "
Der nordrhein-westfälische Sozialminister möchte das verfügbare Geld also nicht in die Pflegeberatung, sondern in die Verbesserung der Pflege selbst investieren. Zum Beispiel in die so genannten "Demenz-Service-Zentren". Diese wurden vor vier Jahren als Modellprojekt des Landes, der Kommunen, der Pflegekassen und der Alzheimer-Gesellschaft gegründet. Inzwischen gibt es landesweit elf solcher Zentren. Ihre Mitarbeiter verstehen sich als Mittler zwischen den Betroffen und ihren Familien, Ärzten und Kliniken sowie den Betreuungseinrichtungen. Das Angebot findet regen Zuspruch. Allein in der Düsseldorfer Niederlassung führen die drei Mitarbeiter rund 1000 Beratungsgespräche pro Jahr, berichtet Birgit Meyer, die das Zentrum mit aufgebaut hat:
" In der Beratung wird erstmal über den Erkrankten natürlich gesprochen. Dann wird geklärt, ob der Erkrankte schon eine Diagnosestellung bekommen hat durch einen Arzt. Wenn nicht, versuchen wir dort auch zu vermitteln zu Neurologen, um überhaupt eine Demenzdiagnose zu bekommen. Da verweisen wir dann an die Hausärzte, an die Neurologen oder auch an die Gedächtnissprechstunden und Institutsambulanzen der Kliniken. "
Die Mitarbeiter des Demenz-Service-Zentrums helfen den Betroffenen außerdem, Selbsthilfegruppen oder ehrenamtliche Helfer in ihrer Nähe zu finden. Und auch bei der Suche nach einem geeigneten Pflegedienst oder einem Heim geben sie Tipps. Gabriela Zander-Schneider von der Alzheimer-Gesellschaft in Köln ist zufrieden mit der Arbeit der Zentren: Vorher hätten sich Angehörige von Patienten die Informationen mühsam einzeln zusammen suchen müssen. Nun gebe es eine Anlaufstelle, die einen guten Überblick über die Angebote der unterschiedlichsten Organisationen biete. Deswegen unterstützt sie auch die Idee des nordrhein-westfälischen Ministers Laumann, auf die Einrichtung von Pflegestützpunkten zu verzichten und stattdessen die bereits vorhandenen Service-Zentren dauerhaft zu etablieren.
" Das ist eine ganz sinnvolle Sache, wenn da wirklich gebündelt wird und ein Miteinander stattfindet. Leider haben wir ja immer noch das Problem, dass jeder seine eigene Suppe kochen will, und der eine dem anderen den Dreck unterm Fingernagel nicht gönnt, anstatt dass wir in eine Richtung ziehen und sehen, dass das was da ist, genutzt wird. Dass nicht alle drei, vier Jahre, wenn so ein Projekt dann wieder abgelaufen ist, wieder irgendwas Neues gegründet und für ein paar Jahre bezuschusst wird und mal wieder ausprobiert wird. "
Immerhin bleibe es mit dem nun gefundenen Kompromiss Sache der Länder, über die Stützpunkte zu entscheiden. Und immerhin bekämen nun auch Demenzkranke Leistungen von den Pflegekassen, auch wenn sie noch keine körperlichen Gebrechen hätten. - Eine Neuerung, die auch Gabriela Zander-Schneider von der Alzheimer-Gesellschaft Köln begrüßt. Sie arbeitet bereits an der nächsten Sendung ihres Internetmagazins, in der sie über die neuen Leistungen informieren will, sobald diese gesetzlich festgeschrieben sind.
" Alzheimer-Gespräch. Das Internetmagazin für Alzheimer-Patienten und ihre Angehörigen. "
Einmal pro Woche gehen Gabriela Zander-Schneider und ihr Mann auf Sendung. Jedes Mal ist ein Studiogast dabei: Der Leiter eines Seniorenzentrums, der darüber berichtet, wie sich die Pflegekräfte auf Alzheimer-Patienten eingestellt haben. Oder Angehörige, die erzählen, wie sie mit der Diagnose "Demenz" umgegangen sind.
" Eigentlich waren wir ziemlich hilflos, weil uns einfach die Informationen fehlten. Es hat sich eigentlich erst zum besseren gewendet, als ich die Alzheimer-Selbsthilfe-Gruppe gefunden habe. Ich wusste nicht, was ist denn in dieser Krankheit normal und was ist anders. Der Austausch mit anderen, die Probleme, hat mir sehr geholfen. "
Das Magazin will aufklären, über eine Krankheit, über die viele Betroffene und ihre Angehörige nicht gerne sprechen. Gabriela Zander-Schneider weiß, wie es ist, rund um die Uhr für einen Menschen da zu sein, der alles vergisst und den man nicht mehr wieder erkennt. Sie hat selbst jahrelang ihre Mutter zu Hause gepflegt. Nun hilft sie anderen Familien, engagiert sich in der Kölner Alzheimer-Gesellschaft und hat eine Hotline für Angehörige eingerichtet. Denn die fühlten sich oft allein gelassen, wüssten nicht, an wen sie sich wenden können und welche finanziellen Hilfen ihnen zustehen.
" In der Aufklärung müsste wesentlich mehr passieren. Dass man sich tatsächlich vor Augen führt, welche Herausforderung das ist, was da tatsächlich geleistet wird in den Familien und letztendlich uns alle entlastet, auch finanzielle uns alle entlastet, als Gesellschaft halt auch. "
Als sie von der Krankheit ihrer Mutter erfuhr, hat Gabriela Zander-Schneider ihre Stelle gekündigt, um sich voll der Pflege widmen zu können.
In Deutschland leben etwa eine Million Menschen mit so genannten "geistigen Verfallserscheinungen". Die Zahl derer, die an Demenz oder Altersverwirrung leiden, wächst jährlich um etwa 200.000. Bislang können die Betroffenen Leistungen aus der Pflegeversicherung aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie aufgrund zusätzlicher, rein körperlicher Erkrankungen zum Pflegefall geworden sind. Mit der Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung wird sich das ändern. Morgen will der Bundestag das Gesetz verabschieden, am 1. Juli tritt es dann in Kraft. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt:
" Wir sorgen mit dem Gesetz für dringend notwendige Verbesserungen für dementiell erkrankte, für geistig behinderte oder für psychisch erkrankte, die zukünftig bis zu 2400 Euro an Zuschüssen erhalten sollen. "
Diese Zuwendung können dann auch Demenzkranke erhalten, die körperlich noch gesund sind. Für die derzeit mehr als zwei Millionen meist alten Menschen, die Unterstützung durch die Pflegeversicherung bekommen, werden die Leistungen ebenfalls ausgeweitet.
So steigen die Sätze in der ambulanten wie in der stationären Pflege schrittweise bis zum Jahr 2012. Die Spannbreite reicht dann im ambulanten Bereich von monatlich 450 Euro in der Pflegestufe Eins bis zu über 1.900 Euro für Härtefälle in der stationären Versorgung. Von 2015 an sollen die Leistungen alle drei Jahre an die Preisentwicklung angepasst werden. Auch dies ist ein Novum, wurden doch die Sätze seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 noch nie erhöht.
Mehr als zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, meist durch Angehörige. Das ist zum einen den Bedürfnissen der Betroffenen geschuldet, die die häusliche Umgebung nicht missen möchten. Zum anderen ist die ambulante Betreuung für die Pflegekassen wesentlich kostengünstiger als die stationäre. Allerdings nehmen familiäre Bindungen immer stärker ab, die Zahl von allein lebenden und kinderlosen Demenzkranken steigt - mit der Konsequenz, dass für viele die Versorgung in den eigenen vier Wänden immer seltener möglich ist, eben weil es keine nahen Verwandten gibt:
" Vor diesem Hintergrund werden mit diesem Gesetz die Möglichkeiten neuer Wohnformen, wie zum Beispiel die Wohngemeinschaften für ältere oder betreutes Wohnen und die ambulante, wohnortnahe Versorgung gefördert. Die Pflegebedürftigen sollen die dort erbrachten Leistungen wesentlich flexibler als bisher in Anspruch nehmen können, "
sagt Unions-Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller über ein weiteres Kernelement der Pflegeversicherungsnovelle. Um die weit verbreiteten Missstände in Pflegheimen einzudämmen, werden mit der Reform auch neue Qualitätsstandards und Kontrollmechanismen eingeführt. Zudem sollen die Prüfberichte künftig veröffentlicht werden:
" Prüfungen sind notwendig, um schlechte Pflege festzustellen und Defizite abzustellen. Es geht nicht um ein Mehr von Kontrollen und Vorschriften, sondern es geht um die richtige Anwendung. Denn Qualitätssicherung und Qualitätsprüfungen dürfen kein Selbstzweck werden. "
Eine weitere Verbesserung im Interesse der Betroffenen wie der Angehörigen stellt die Einführung einer so genannten Pflegezeit dar: Bis zu sechs Monate können Arbeitnehmer künftig eine Auszeit nehmen, damit sie sich um einen nahen Verwandten kümmern können, der zum Pflegefall geworden ist. Allerdings gilt diese Regelung nur in Betrieben mit mindestens fünfzehn Angestellten. Ferner gibt es mit der Reform für alle Beschäftigten die Möglichkeit, sich kurzzeitig vom Arbeitsplatz freistellen zu lassen, wenn akut die Pflege eines Familienmitglieds organisiert werden muss:
" Wir haben im Gesetz vorgesehen, dass die Möglichkeit besteht, für zehn Tage von der Arbeit freigestellt zu werden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch hier die notwendige Zeit haben zu organisieren. "
Allerdings konnten sich Ministerin Schmidt und die SPD nicht mit ihrem Wunsch durchsetzen, dass bei dieser Auszeit Arbeitgeber oder Krankenkasse den Lohnausfall übernehmen. Jede Form von Pflegezeit wird vielmehr wie ein unbezahlter Urlaub behandelt.
Dieser Dissens der Koalitionspartner bei der Ausgestaltung der Pflegezeit ist nur ein Beispiel für die zahlreichen Differenzen, mit denen Union und SPD im Zuge ihrer Pflegereform zu kämpfen hatten.
Ungelöst bleibt auch das Finanzproblem der Versicherung. Mit einer individuellen Zusatzversicherung sollte das Pflegesystem in die Lage versetzt werden, auch auf längere Sicht nicht zu kollabieren - trotz der sich abzeichnenden Überalterung der Gesellschaft. Das Problem aber wurde ausgeklammert - nicht nur aus Sicht des FDP-Gesundheitsexperten Heinz Lanfermann ein schweres Versäumnis:
" Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird es keine zukunftsfeste Finanzierung geben und damit ist schwarz-rot in der wichtigen Finanzierungsfrage gescheitert. "
Die Koalitionäre wissen, dass ihnen keine nachhaltige Reform gelungen ist, welche die Pflegeversicherung auf lange Sicht zukunftsfest macht. Sie verweisen indes darauf, dass die nun verabredeten Finanzierungsgrundlagen etwa bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts tragen werden. Für diesen Zeitraum sollen auch die neuen Beitragssätze in der Pflegeversicherung ausreichen, die jetzt um einen Viertelprozentpunkt angehoben werden. Künftig zahlen Kinderlose 2,2 Prozent, alle anderen müssen sich 1,95 Prozent ihres Einkommens als Versicherungsbeitrag anrechnen lassen.
Ebenso umstritten war lange Zeit das Ziel der SPD und ihrer Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, bundesweit ein engmaschiges Netz von Pflegestützpunkten aufzubauen. An diesen Stützpunkten sollen Pflegefälle und deren Angehörige alle notwendigen Informationen und Hilfen aus einer Hand erhalten können:
" Wir sind überzeugt, dass die Pflegestützpunkte eine wichtige Hilfe sind, im Wohnviertel nahe für die Menschen auch Hilfe zu organisieren. "
Die Union hielt - unterstützt von vielen unabhängigen Experten - stets dagegen: Das Vorhaben der Ministerin koste immens viel Geld für den Aufbau größtenteils überflüssiger Doppelstrukturen; den Hilfesuchenden stünden aber schon jetzt umfangreiche Informationsnetzwerke und Anlaufstellen zur Verfügung.
Erst Ende letzten Monats konnte die Koalition den Streit auf dem Kompromissweg lösen, wie Unions-Fraktionschef Volker Kauder zufrieden bekannt gab:
" Die Länder können entscheiden, ob sie Pflegestützpunkte einrichten wollen, dann werden die Kassen dafür ihr Know-how zur Verfügung stellen. Die Länder können damit auf vorhandene Strukturen auch zurückgreifen. "
Im sozialdemokratisch regierten Rheinland-Pfalz gibt es schon seit Jahren ein bundesweit einmaliges Netz von staatlichen Pflegeberatungsstellen. Es wurde parallel zur Einführung der Pflegeversicherung ab 1995 aufgebaut und hat sich nach Meinung der Landesgesundheitsministerin Malu Dreyer bewährt:
" Wir haben in Rheinland-Pfalz 135 Beratungs- und Koordinierungsstellen, wir kürzen das ab "Be-Ko-Stellen". Sie gibt es schon relativ lang, sie wurden vor zwei Jahren noch mal auf ganz neue Füße gestellt, so dass es wirklich eine unabhängige Beratung für die Betroffenen gibt. Und sie beraten umfassend und es funktioniert auch sehr gut zu Gunsten der Bürger. "
Christine Jacobi-Becker muss viel telefonieren: Sie leitet die Beratungs- und Koordinierungsstelle in Ingelheim bei Mainz, in deren Zuständigkeitsbereich rund 26.000 Menschen leben. Vierhundert bis fünfhundert davon wenden sich jährlich an die Be-Ko-Stelle, weil sie im komplizierten Pflegesystem mit seinen vielen verschiedenen Akteuren ohne sachkundige Lotsen nicht zurecht kommen. Bevor Christine Jacobi-Becker mit der Beratung beginnt, erfolgt eine Bestandsaufnahme:
" Was ist noch da an Ressourcen? Was kann der pflege- oder hilfebedürftige Mensch noch? Welche Unterstützung können die Angehörigen bieten? Oder aber muss die Pflege komplett von einem ambulanten Pflegedienst übernommen werden oder muss vielleicht auch erst mal eine Kurzzeitpflege überlegt werden, wenn der Hilfebedarf so hoch ist, dass man das im Moment zuhause nicht realisieren kann? "
Gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen - soweit er dazu in der Lage ist - und dessen Familie organisiert die Be-Ko-Stelle dann die passende Hilfe. Essentiell ist dabei die Vernetzung der Beratungsstelle mit Ärzten und Kliniken, kirchlichen und privaten Pflegediensten, Heimen und ehrenamtlichen Helfern. Christine Jacobi-Becker:
" Wir kennen alle Ansprechpartner unseres Einzugsbereiches, kennen die ganzen niedrigschwelligen Betreuungsangebote, die ganzen Hilfen, alles was dazugehört. Und wenn halt jemand anruft, können wir auf dem kurzen Weg Hilfen einleiten, vermitteln, Formulare anfordern und die dann ausfüllen mit den pflegenden Angehörigen und so weiter. "
So lange es geht, sollen pflegebedürftige Menschen zuhause leben können. Deswegen berät Christine Jacobi-Becker in ihrem Büro am Ingelheimer Marktplatz auch solche Klienten, bei denen eine Pflegebedürftigkeit weit entfernt scheint:
" Ich hab auch öfter ältere Ehepaare hier sitzen, die sagen: Was gibt's für Möglichkeiten, was muss ich machen? Was müssen wir in der Wohnung eventuell an Umbaumaßnahmen vornehmen, damit wir im Alter einigermaßen gut hier leben können? Woran müssen wir denken? Also dieser prophylaktische Teil, der spielt auch eine recht große Rolle. "
Mit ihrem umfassenden Beratungsangebot für alle Fragen zu Pflege, Alter und Krankheit sind die rheinland-pfälzischen Be-Ko-Stellen im Prinzip das, was Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in ganz Deutschland einrichten wollte: Pflegestützpunkte. Nur heißen sie nicht so. Noch nicht. Denn die rheinland-pfälzische Landesregierung will ihre Be-Ko-Stellen mit Beteiligung der Pflegekassen ausbauen - zu Pflegestützpunkten im Sinne von Ulla Schmidt.
Das Modell dafür ist die Beratungsstelle in Ingelheim, wo in den nächsten Wochen ein "Fall-Manager" vom VdAK, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen, seine Arbeit aufnimmt. Als Vertreter der Pflege- und Krankenversicherung kann er über deren Leistungen entscheiden - oder zumindest verlässlich Auskunft geben, welche Pflegekosten die Kasse übernimmt. Wenn die Pflegeberatung und die Kostenentscheidung unter einem Dach stattfinden - so die Idee dahinter - ersparen sich alle Beteiligten unnötige Wege und unnötige Abstimmungsprozeduren.
" Also dieses Angebot der Hilfe unter einem Dach, das wird halt sehr geschätzt von den Menschen. Und wer das nicht kennt, der kann sich das vielleicht nicht vorstellen. "
Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer gibt sich jedenfalls zuversichtlich, dass das Ingelheimer Beratungsmodell ein Vorbild sein kann:
" Ja, die Be-Ko-Stellen sind ein klarer Gegenbeweis gegen alle schlechten Argumente auf Bundesebene gegen die Pflegestützpunkte. In Ingelheim erproben wir nun sozusagen den Pflegestützpunkt, so dass der Bürger alle Leistungen aus einer Hand erhält und trotzdem die Verantwortlichkeiten dort sind, wo sie hinsollten. "
Mit dem Hinweis auf die Verantwortlichkeiten spricht die Ministerin einen Punkt an, der von den Gegnern der Pflegestützpunkte oft problematisiert wurde: Die latente Gefahr, dass sich unter dem Dach der neuen Beratungsstellen eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischverwaltung von Land oder Kommune auf der einen und der Pflegekasse auf der anderen Seite entwickeln könnte. Prinzipiell gilt dieses Problem aber als lösbar, doch es gibt noch weitere Gründe, warum andere Bundesländer die Einrichtung von Pflegestützpunkten im Geiste Ulla Schmidts ablehnen.
In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat sich die Landesregierung - anders als in Rheinland-Pfalz - aus der Pflegeberatung weitgehend herausgehalten. Stattdessen haben die Städte und Landkreise eine funktionierende Beratungsinfrastruktur aufgebaut, die der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann erhalten möchte:
" Unsere Kreise und kreisfreien Städte haben viele Angebote in den letzten Jahren geschaffen. Ich sehe meine Funktion im Land eher so, dass wir über fachlich hoch qualifizierte Institutionen im Grunde Input in die örtlichen Strukturen rein geben. "
Mit den Beratungseinrichtungen, die in seinem Land schon bestehen, seien die Pflegestützpunkte nicht kompatibel, sagt Karl-Josef Laumann. Der Sozialminister aus Düsseldorf möchte lieber die bereits vorhandenen Hilfsangebote der Städte und Kreise ausbauen, statt eine Parallelstruktur zu schaffen, die zusätzlich finanziert werden müsste - von dem ohnehin knappen Geld der Pflegeversicherung:
" Wir haben relativ wenig Geld in der Pflegeversicherung zur Verfügung. Wir erhöhen den Beitrag um ein Viertel-Prozent. Das bringt uns in etwa 2,7 Milliarden Euro mehr in die Kassen der Pflegeversicherung. Wir haben ein Riesenproblem mit Pflegebetten, vor allen Dingen bei den Demenzerkrankten, wo wir mehr Zeit brauchen. Und Zeit kostet in der Pflege Geld, und ich finde, das hat absoluten Vorrang. "
Der nordrhein-westfälische Sozialminister möchte das verfügbare Geld also nicht in die Pflegeberatung, sondern in die Verbesserung der Pflege selbst investieren. Zum Beispiel in die so genannten "Demenz-Service-Zentren". Diese wurden vor vier Jahren als Modellprojekt des Landes, der Kommunen, der Pflegekassen und der Alzheimer-Gesellschaft gegründet. Inzwischen gibt es landesweit elf solcher Zentren. Ihre Mitarbeiter verstehen sich als Mittler zwischen den Betroffen und ihren Familien, Ärzten und Kliniken sowie den Betreuungseinrichtungen. Das Angebot findet regen Zuspruch. Allein in der Düsseldorfer Niederlassung führen die drei Mitarbeiter rund 1000 Beratungsgespräche pro Jahr, berichtet Birgit Meyer, die das Zentrum mit aufgebaut hat:
" In der Beratung wird erstmal über den Erkrankten natürlich gesprochen. Dann wird geklärt, ob der Erkrankte schon eine Diagnosestellung bekommen hat durch einen Arzt. Wenn nicht, versuchen wir dort auch zu vermitteln zu Neurologen, um überhaupt eine Demenzdiagnose zu bekommen. Da verweisen wir dann an die Hausärzte, an die Neurologen oder auch an die Gedächtnissprechstunden und Institutsambulanzen der Kliniken. "
Die Mitarbeiter des Demenz-Service-Zentrums helfen den Betroffenen außerdem, Selbsthilfegruppen oder ehrenamtliche Helfer in ihrer Nähe zu finden. Und auch bei der Suche nach einem geeigneten Pflegedienst oder einem Heim geben sie Tipps. Gabriela Zander-Schneider von der Alzheimer-Gesellschaft in Köln ist zufrieden mit der Arbeit der Zentren: Vorher hätten sich Angehörige von Patienten die Informationen mühsam einzeln zusammen suchen müssen. Nun gebe es eine Anlaufstelle, die einen guten Überblick über die Angebote der unterschiedlichsten Organisationen biete. Deswegen unterstützt sie auch die Idee des nordrhein-westfälischen Ministers Laumann, auf die Einrichtung von Pflegestützpunkten zu verzichten und stattdessen die bereits vorhandenen Service-Zentren dauerhaft zu etablieren.
" Das ist eine ganz sinnvolle Sache, wenn da wirklich gebündelt wird und ein Miteinander stattfindet. Leider haben wir ja immer noch das Problem, dass jeder seine eigene Suppe kochen will, und der eine dem anderen den Dreck unterm Fingernagel nicht gönnt, anstatt dass wir in eine Richtung ziehen und sehen, dass das was da ist, genutzt wird. Dass nicht alle drei, vier Jahre, wenn so ein Projekt dann wieder abgelaufen ist, wieder irgendwas Neues gegründet und für ein paar Jahre bezuschusst wird und mal wieder ausprobiert wird. "
Immerhin bleibe es mit dem nun gefundenen Kompromiss Sache der Länder, über die Stützpunkte zu entscheiden. Und immerhin bekämen nun auch Demenzkranke Leistungen von den Pflegekassen, auch wenn sie noch keine körperlichen Gebrechen hätten. - Eine Neuerung, die auch Gabriela Zander-Schneider von der Alzheimer-Gesellschaft Köln begrüßt. Sie arbeitet bereits an der nächsten Sendung ihres Internetmagazins, in der sie über die neuen Leistungen informieren will, sobald diese gesetzlich festgeschrieben sind.
" Alzheimer-Gespräch. Das Internetmagazin für Alzheimer-Patienten und ihre Angehörigen. "