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Reform des Medizinstudiums
Ärger um die Finanzierung

Mehr Praxisnähe, eine verbesserte Lehre: Schon länger hat die Kultusministerkonferenz eine Reform des Medizinstudiums angekündigt - und eine Tagung zu dem Thema nun verschoben. Studierende befürchten, dass die Reform an der Finanzierung scheitern wird.

Von Christiane Habermalz | 17.03.2017
    Medizinstudenten aus Heidelberg und Tübingen demonstrieren am 28.04.2014 in Stuttgart (Baden-Württemberg) mit einem Transparent mit der Aufschrift: "Gute Lehre für gute Ärzte" gegen mögliche Einsparungen in der Ausbildung.
    Immer protestieren Medizinstudenten gegen Einsparungen in der Ausbildung - wie 2014 in Stuttgart. (dpa / picture-alliance / Bernd Weißbrod)
    Die Medizinstudierenden ließen sich ihren Protest nicht nehmen. Mit großer Geste trugen die Studierenden heute früh die Reform des Medizinstudiums schon einmal zu Grabe - in Form einer Kranzniederlegung. Sie befürchten, dass die lange angekündigte Reform, mit der das Studium endlich praxisnäher und stärker an der Allgemeinmedizin ausgerichtet werden soll, am Ende doch an der Finanzierung scheitern wird.
    "So wie es eben bisher aussieht, soll es eben keine zusätzlichen finanziellen Mittel geben, sondern nur das, was die Universitäten selber leisten können. Und dann ist halt für uns relativ klar, dass viele gute Punkte nicht umgesetzt werden können, wie eben die kompetenzbasiert Lehre, die Praxisnähe, eine bessere Ausbildung im Praktischen Jahr zum Beispiel. So was wird nicht stattfinden, wenn die Finanzierung dafür nicht gesichert ist", sagt Sarah Klingebiel von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, der BVMD.
    Studierende lehnen Landarztquote ab
    Sie befürchtet, wie ihre Kommilitonen, dass die Politik sich am Ende, weil die nichts kostet, nur auf die Landarztquote einigt. Die aber lehnen die Studierenden ab. Mit der Landarztquote wollen Bund und Länder die Vergabe von zehn Prozent der Medizinstudienplätze an die Verpflichtung koppeln, dass der oder diejenige später mindestens zehn Jahre lang aufs Land geht, um dort zu praktizieren. Damit soll dem Ärztemangel im ländlichen Raum begegnet werden. Für die Studenten angesichts der knappen Studienplätze vor allem eine Quote für Reiche.
    "Sie ermöglicht Studienanwärtern den Zugang zum Studium, die sich sonst über ihre Leistungen nicht fürs Studium qualifizieren würden, aber die nötigen finanziellen Mittel haben, um sich damit am Schluss von den Sanktionen freizukaufen. Das würde quasi eine Gruppe von leistungsschwachen, aber finanziell starken Studienanwärtern privilegieren", warnt Nicolas Krapp von der BVMD.
    Vor der Tür der Kultusministerkonferenz in der Berliner Taubenstraße protestierten die Studenten allerdings vor leeren Sälen. Denn die KMK hatte die Reform des Medizinstudium gestern Nachmittag vertagt. Dabei hatte die Einigung kurz bevorgestanden, Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe hatte sogar schon die Pressekonferenz geplant, bei der der Masterplan verkündet werden sollte.
    Kurz vor Abschluss wurden Passagen gestrichen
    Auf den letzten Metern hatten die Gesundheitsminister der Länder jedoch wichtige Passagen aus dem Beschlusstext wieder gestrichen. Unter anderem eine Formulierung, die die umstrittene Landarztquote nur dann einführen wollte, wenn andere Instrumente nicht greifen. Für die niedersächsische Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic, ohnehin keine Freundin der Quote, hat das das Fass zum Überlaufen gebracht.
    "Das, glaube ich, kann nicht das richtige Instrument sein, wenn wir uns anschauen, warum Ärzte nicht mehr Landarzt werden wollen, dann hat das mit den Arbeitsbedingungen zu tun, das hat mit der Bezahlung zu tun. Das sind die Stellschrauben, an denen wir arbeiten müssen."
    Die Kompromissformel muss wieder rein, fordert sie, und dann ist da noch die Finanzierung. Denn die Umsetzung des Masterplans wird Geld kosten, vermutlich einen hohen dreistellige Millionenbetrag pro Jahr. Die Finanzminister wollen aber kein zusätzliches Geld bereitstellen – und auch die Gesundheitsminister sehen sich nicht in der Pflicht.
    "Es kann nicht sein, dass die Kosten komplett bei den Unikliniken und damit bei den Ländern hängen bleiben, und deshalb wollen wir mit dem Bund, aber auch mit der Gesundheitsseite noch einmal darüber diskutieren, wie wir die Frage der Finanzierung dieses Masterplans angehen wollen", kritisiert Heinen-Kljajic.
    Kosten nicht auf Unikliniken abwälzen
    Die teuren Unikliniken, die ohnehin vielerorts rote Zahlen schreiben, seien schließlich für die Ausbildung von Ärzten ebenso zuständig wie für die Krankenversorgung. Berlin mit seinen großen Universitätskliniken steht da vor besonderen Problemen. Man unterstütze die Reform, sagt Steffen Krach, Wissenschaftsstaatssekretär von Berlin.
    "Aber natürlich wollen wir auch, dass die Universitätsklinik, die die Ausbildung der Ärzte macht, finanziell gut ausgestattet ist. Das machen wir als Land Berlin, wir werden auch in den kommenden Jahren die Charité stärken. Aber wir wollen natürlich, dass da alle Beteiligten mit an einem Strang ziehen, sprich, auch der Bund mit in die Verantwortung kommt."
    Dennoch: Den Masterplan platzen zu lassen, das können sich weder Bund noch Länder leisten. Denn das Ende der Wahlperiode ist nah – ein neuer Anlauf würde die Reform um Jahre zurückwerfen. Hinter den Kulissen wird schon an einer Einigung gearbeitet. Am 31. März könnte der Masterplan dann doch noch beschlossen werden.