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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (47)

Die buddhistische Nonne Carola Roloff, der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann und die Historikerin Katharina Kunter kommentieren Luthers 47. These.

22.08.2017
    These 47: "Man muss die Christen lehren: Ablasskauf steht frei, ist nicht geboten."
    Carola Roloff, buddhistische Nonne: "Luther empfiehlt Aufklärung. Man sollte den Menschen abraten, ihr Geld für Ablässe auszugeben."
    Thomas Kaufmann, Kirchenhistoriker: "Das spielt natürlich darauf an, dass die Ablasspropaganda mit großer Nachdrücklichkeit auftrat: 'Du musst jetzt, weil Du letztmalig die Chance hast, Deine Vorfahren, Dich selbst ins ewige Heil zu bugsieren."
    Katharina Kunter, Historikerin: "Hier kommt zum Ausdruck: 'Ihr müsst nicht kaufen. Ihr könnt, aber euer Seelenheil hängt nicht davon ab', sagt Luther."
    Kaufmann: "Im Grunde reduziert Luther mit dieser These diese Ablasspropaganda im Prinzip auf das, was sie hinsichtlich der Heilslehre im Kern ist, nämlich ein im Grunde überflüssiges donum super additum, also etwas, das es nicht zwingend braucht."
    Roloff: "Wichtiger ist es, Menschen in Not, den Armen zu helfen oder erst mal die eigene Familie ausreichend zu versorgen, anstatt irgendwelche prunkvollen religiösen Bauten in die Welt zu setzen. Religionen lehren Genügsamkeit, ein einfaches Leben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich Liebe und Mitgefühl."
    Kunter: "Wenn man das auf heute ein bisschen umdeutet könnte man vielleicht sagen: 'Christen, Ihr müsst nicht unbedingt am verkaufsoffenen Sonntag einkaufen. Auch nicht, wenn Weihnachten direkt vor der Tür steht. Aber Ihr dürft.' Und ich finde, das ist eigentlich eine ganz pragmatisch-entspannte Haltung."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern