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Regen ernten

Umwelt.- Ohnehin ist Wasser ein knappes Gut. Doch wie Klimaexperten auf der "World Water Week" in Stockholm prognostiziert haben, wird sich die Lage noch verschlimmern. Vor allem die Landwirtschaft verbraucht Wasser in großen Mengen.

Von Volker Mrasek |
    "Antworten auf globale Veränderungen" wollen sie finden, die fast 2500 Teilnehmer der Welt-Wasser-Woche - so das übergreifende Motto der Mammut-Konferenz in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Das, was sich verändert, erfüllt Politiker, Wasser-Manager und Wissenschaftler mit immer größerer Sorge. Mehr als zwei Drittel der globalen Wasser-Ressourcen werden von der Landwirtschaft beansprucht. Oder, um genauer zu sein: Sie werden überstrapaziert durch Ackerbau und Viehzucht. David Molden, Hydrologe aus den USA und Forschungsdirektor des Internationalen Wassermanagement-Instituts im ost-asiatischen Sri Lanka:
    "In Nord-China zum Beispiel steht der Gelbe Fluss unter größtem Wasserstress. In Australien hat der Murray Darling zunehmend Probleme, das Meer zu erreichen. Auch im Indus in Indien und Pakistan ist kaum mehr Wasser vorhanden. Nehmen sie den Colorado in den USA oder große Flüsse in Afrika: Wenn wir uns die Landkarte anschauen, sehen wir: Weltweit nimmt der Wasserstress zu. Und wir müssen uns fragen, ob das nicht die Nahrungsmittel-Produktion gefährdet."
    Landwirte leiten nicht nur Flusswasser auf ihre Felder. Vielerorts zapfen sie mit ihren Brunnen auch das Grundwasser an. Und zwar so stark, dass nicht mehr genügend davon zur Verfügung steht, um Äcker dauerhaft zu bewässern.
    "Wir kennen heute Fälle, in denen der Grundwasserspiegel um einen Meter pro Jahr fällt. Und selbst dort, wo noch genügend vorhanden ist, wird Grundwasser meistens nicht nachhaltig genutzt."
    Hinzu kommt jetzt auch noch die Klimaerwärmung. Sie sorgt dafür, dass sich Niederschlagsmuster verändern – dass Regen unregelmäßiger fällt und Dürren länger andauern, zum Beispiel in den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas und Asiens.
    Dort gebe es nun keine Alternative mehr, mahnen die Experten. Die ansässigen Bauern müssten dringend dazu übergehen, den Regen zu ernten, wie es in Stockholm in vielen Vorträgen heißt. Sie könnten Rückhaltebecken einrichten, um das Wasser für folgende Trockenphasen zu speichern. Oder auch Versickerungsbrunnen anlegen, damit der Regen die Grundwasser-Leiter wieder auffüllt.
    Auf diese Weise könnte selbst Afrika seine Agrarproduktion immens steigern. Davon sind Autoren der Weltbank überzeugt. Der Kontinent sei ein schlafender Riese, heißt es in ihrem neuen Report sogar. In Stockholm bietet er reichlich Gesprächsstoff. Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Programmkomitees der Welt-Wasser-Woche, Jan Lundqvist:
    "Es geht hier um die sogenannte Guinea-Zone, einen Landschaftsgürtel im halbtrockenen Klima Afrikas. Er umfasst rund 400 Millionen Hektar, auf denen eine intensivere Landwirtschaft betrieben werden könnte. Um einen schlafenden Riesen handelt es sich in dem Sinne, dass das Land bisher nur sehr extensiv genutzt wird."

    Der Landschaftsgürtel erstreckt sich von Mali im Westen Afrikas bis nach Kenia und Tansania im Osten und verläuft dann bis nach Sambia und Südafrika im Süden. Der Vegetationstyp ist Savanne. In dem Grasland wird bisher nur wenig Getreide angebaut. Vorherrschend ist die Weidewirtschaft, und Viehhalter folgen mit ihren Tieren dem Niederschlag.
    Würden die Bauern dagegen am Ort bleiben, den Regen dann, wenn er fällt, zurückhalten und über die Vegetationsperiode retten, wäre nach Ansicht der Weltbank-Experten ein ganz anderer, viel produktiverer Getreide-Anbau möglich. Solche Chancen böten sich auch den von Wasserstress geplagten Regionen Asiens, sagt US-Forscher David Molden:
    "Es ist in jedem Fall eine Gewinn-Situation. Man passt sich auf diese Weise an den Klimawandel an. Und man erzeugt mehr Nahrung auf einem hungergeplagten Kontinent."