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Regierung Prodi unter Druck

In Italien verlieren die Politiker immer mehr an Ansehen. Sowohl die Regierung von Ministerpräsident Romano Prodi als auch die Opposition um Silvio Berlusconi sind von dem Imageverlust betroffen. Denn ein in der Vergangenheit von Berlusconi verabschiedetes Wahlgesetz lähmt die Regierung. Karl Hoffmann berichtet.

    Am Wochenende gab sich Romano Prodi wieder mal wie ein Fels in der Brandung:

    "Hier bin ich und hier bleibe ich, um meine ethische und politische Aufgabe voll und ganz auszuführen."

    Dabei hing sein Schicksal als Regierungschef in der vergangenen Woche wieder mal an einem seidenen Faden. Im Parlament gab es eine Reihe von Abstimmungsniederlagen und nach Meinung seines Widersachers Silvio Berlusconi ist Prodi auch bei den Bürgern inzwischen unten durch:

    "Nach den letzten Wählerumfragen liege ich bei 63 Prozent, Prodi hat nur noch bei 23 Prozent Vertrauen. Prompt erklärt die führende Regierungspartei sie liege zwischen 29 und 39 Prozent. Die sind ja völlig ausgerastet."

    Romano Prodi schlägt wacker zurück:

    "Ständig wollen sie uns Knüppel zwischen die Beine werfen und kommen dabei nur immer wieder selbst zu Fall."

    Regierung wie Opposition schlagen sich selbst verfasste Umfragen um die Ohren und bemerken dabei nicht, dass sowohl rechts wie links in der Wählergunst immer mehr sinken Italien wundert sich von Woche zu Woche, dass Prodis Regierung mit ihrer minimalen Mehrheit im Parlament noch immer nicht gestürzt ist. Es gibt praktisch kein Thema, bei dem nicht Streit in der Koalition ausbricht. Was dazu führt, dass wichtige Reformen im Sande verlaufen und Prodis Beliebtheit bei seinen einstigen Wählern am Nullpunkt angelangt ist. Berlusconis Umfragen mögen überzogen sein, aber er liegt in der Gunst der Italiener inzwischen wieder deutlich vorne.

    Um den stecken gebliebenen Karren aus dem Morast zu ziehen haben sich mehrere Regierungsparteien zu einer Fusion entschlossen. Am vergangenen Wochenende wurde Walter Veltroni, der noch amtierende Bürgermeister von Rom zum ersten Parteisekretär des Partito Democratico, der demokratischen Partei ernannt. Sie soll Romano Prodis Führungsmannschaft neuen Schwung verleihen. Veltroni, der neue Hoffnungsträger der italienischen Linken, will Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt unbedingt verhindern.

    "Und deshalb richte ich einen Appell an alle politischen Kräfte: Es wäre unverantwortlich, die Regierung Prodi zu stürzen und Neuwahlen mit dem bisherigen Wahlgesetz auszurufen."

    Die von der vorangegangenen Regierungen unter Berlusconi eingeführten Regeln haben wesentlich dazu beigetragen, dass das römische Parlament praktisch gelähmt ist. Das hat auch Berlusconi inzwischen eingesehen, weshalb er zögert, Prodi vor einer Wahlrechtsreform zu stürzen und dann bei Neuwahlen einen Pyrrhussieg zu riskieren. Prodi lässt sich Zeit mit der Reform und hält Berlusconi damit vorläufig noch in Schach. Aber lange geht das nicht mehr gut. Italiens Bürger protestieren immer öfter gegen die Kaste der Politiker und machen dabei keinen Unterschied mehr zwischen Regierung und Opposition.

    "Die Politiker sollen endlich aufhören, sich immer nur um die eigenen Interessen zu kümmern. Sie haben sich dem Volk völlig entfremdet. Und sie haben keine Ahnung was es bedeutet mit 1000 Euro im Monat zu leben, statt mit einem fetten Politikergehalt."

    Prodi hat ein dickes Fell und zahlt den Wählern mit gleicher Münze zurück:
    "Natürlich müssen die Politiker mit gutem Beispiel vorangehen und dem Land den Weg weisen. Im Übrigen glaube ich aber nicht, dass die italienische Gesellschaft besser ist als ihre politischen Vertreter."

    Immerhin ist der Wunsch nach Veränderung bei den Bürgern wohl inzwischen nicht mehr zu überhören.

    "Immer wieder die gleichen alten Leute in unserem Parlament, soll das ewig so weitergehen. Spanien hat Zapatero, in Frankreich regiert Sarkozy, in Deutschland Angela Merkel, und bei uns sitzen 70- und 80-Jährige im Parlament. Alles uralte Leute, ich bin auch schon alt, aber es braucht jugendliche Frische. Denn ich glaube, dass selbst ehrliche Politiker nach einer gewissen Zeit an der Macht korrupt werden. Bei den Jungen dauert es deshalb noch eine Weile, bis sie für Korruption anfällig werden."