Paris
Regierungskrise in Frankreich: Macron ernennt Lecornu erneut zum Premier

In Frankreich hat Staatschef Macron den zurückgetretenen Premier Lecornu erneut damit beauftragt, ein neues Kabinett zu bilden. Die Linkspartei La France Insoumise und das rechtsnationale Rassemblement National kündigten unverzüglich ein Misstrauensvotum an.

    Frankreichs Ex-Premierminister Sebastien Lecornu und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
    Erneut von Macron zum Premier ernannt: Sebastien Lecornu (Archivbild) (picture alliance / SIPA / JEANNE ACCORSINI)
    Lecornu erklärte im Onlinedienst X, "aus Pflichtgefühl" akzeptiere er die abermalige Ernennung zum Premierminister Frankreichs. Die politische Krise in Frankreich müsse ein Ende finden. Als eine Priorität nannte er die Verbesserung der Staatsfinanzen. Zugleich betonte er, die noch zu bildende Regierung werde für Erneuerung stehen müssen.
    Lecornu war am Montag angesichts regierungsinterner Widerstände nach nur einem Monat im Amt zurückgetreten. Macron hatte ihn dennoch danach beauftragt, weiter mit allen Parteien über Grundzüge eines Regierungsprogramms zu verhandeln. Lecornu muss nun trotz aller Widerstände einen Sparhaushalt durch das Parlament bringen, auf den Frankreich wegen der hohen Staatsverschuldung dringend angewiesen ist. Dafür bleibt ihm nur wenig Zeit: Der Haushaltsentwurf muss Montag fristgerecht in die Nationalversammlung eingebracht werden.

    Umgehend Widerstand

    Der Chef der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Bardella, kündigte im Onlinedienst X an, seine Partei werde "sofort" ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung im Parlament einbringen. Er nannte die Nominierung Lecornus einen "schlechten Scherz, eine demokratische Schade und eine Demütigung für die Franzosen". Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) kündigte ihrerseits auf X die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Macron an. Auch die Grünen und die Kommunisten äußerten ihren Unmut.

    Sozialisten stellen Bedingungen

    Die Sozialisten, deren Unterstützung für die Bildung einer stabilen Regierung unerlässlich ist, stellten unterdessen Bedingungen. Sie verlangen ein Aussetzen der von Macron 2023 durchgesetzten Rentenreform.
    Seine erneute Ernennung ist die bereits sechste eines Regierungschefs in weniger als zwei Jahren. Die französische Nationalversammlung ist seit den vorgezogenen Neuwahlen 2024 in drei rivalisierende Blöcke gespalten. Ein zentrales Streitthema ist neben dem Haushalt die Rentenreform, die eine Anhebung des Eintrittsalters auf 64 Jahre vorsieht.

    Frankreich tief in den roten Zahlen

    Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent. Die EU hat bereits im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet.
    Allerdings ist das Parlament in Paris uneins, ob die Finanzen mit weiteren Einschnitten oder neuen Steuern etwa für besonders Wohlhabende wieder ins Lot gebracht werden sollen. Der Ökonom Holger Schmieding sagte im Deutschlandfunk, die Frage sei daher, ob es überhaupt eine Wahrscheinlichkeit dafür gebe, dass es bald einen Haushalt in Frankreich geben werde: "Kann man sich auf etwas einigen in Frankreich, ohne dass bei der Einigung etwas herauskommt, das für französische Wirtschaft und die Finanzierung des Staates schlecht ist."
    Diese Nachricht wurde am 11.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.