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Historische Wahl in Südafrika
Regierungspartei ANC muss erstmals um absolute Mehrheit bangen

In Südafrika sind die Parlamentswahlen beendet worden. Erstmals seit Einführung der Demokratie im Jahr 1994 könnte die Regierungspartei ANC, der auch Nelson Mandela angehörte, ihre absolute Mehrheit verlieren. Was sind die Gründe für den Vertrauensverlust der einstigen Freiheitsbewegung?

    Südafrika, Johannesburg: Wähler stehen an, um ihre Stimme für die Parlamentswahlen in Alexandra, in der Nähe von Johannesburg, Südafrika, abzugeben.
    Südafrika wählt heute ein neues Parlament. (Themba Hadebe/AP/dpa)
    Insgesamt 52 Parteien stehen für den Einzug in die Nationalversammlung zur Wahl. Parallel dazu werden neun Provinzparlamente gewählt. Rund 27,5 Millionen Menschen sind zur Wahl aufgerufen. Umfragen zufolge könnte der Afrikanische Nationalkongress (ANC) diesmal unter die 50-Prozent-Marke fallen und eine Koalition eingehen müssen.

    Publizist Grill sieht "Befreiungsbonus" der ANC schwinden

    Der frühere "Zeit"- und "Spiegel"-Korrespondent Bartholomäus Grill sagte im Deutschlandfunk, der ANC habe nach wie vor den sogenannten Befreiungsbonus. Die Menschen wählten den ANC, weil er vor 30 Jahren die Wende herbeigeführt und ein demokratisches System geschaffen habe.
    Allerdings werde dieser Bonus wegen einer schlechten Regierungsführung immer kleiner. Viele Menschen lebten an der Armutsgrenze, die Jugendarbeitslosigkeit sei extrem hoch und es gebe eine große Unzufriedenheit über die Korruption im Land. Eine "räuberische Elite" bediene sich seit 30 Jahren an öffentlichen Mitteln, während öffentliche Dienstleistungen wie die Müllabfuhr oder die Versorgung mit Wasser und Strom nicht ausreichend funktionierten.
    Laut Grill, der mit kurzen Unterbrechungen seit 1993 in Südafrika lebt, könnte sich die Liberale Partei als Koalitionspartner des ANC anbieten. Allerdings sei eine Regierungsbildung angesichts sehr unterschiedlicher Parteiprogramme nur schwer vorstellbar, so Grill.

    Ramaphosa will im Amt bleiben

    Der derzeitige Präsident und ANC-Vorsitzende Ramaphosa strebt eine zweite Amtszeit an. In Südafrika wird der Präsident vom Parlament gewählt. Mit Spannung wird das Abschneiden der neuen Partei MK von Ex-Präsident Zuma erwartet. Zuma selbst wurde wegen einer Haftstrafe allerdings von der Wahl ausgeschlossen. Wahlergebnisse werden am Sonntag erwartet.
    Diese Nachricht wurde am 29.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.