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Regionalwert AG Hamburg
Bürger retten Bauernhöfe

Um die steigende Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln bedienen zu können, sammelt in Norddeutschland eine Aktiengesellschaft Stammkapital. Ziel ist es Produzenten, Handel und Endkunden enger aneinanderzubinden und regionale Bio-Betriebe bei Investitionen zu unterstützen.

Von Axel Schröder | 16.07.2015
    Kühe liegen auf einer Weide.
    Im Norden soll ein Netzwerk zur Unterstützung der regionalen Bio-Lebensmittel-Wirtschaft entstehen. (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
    Im Souterrain des Hamburger Rudolf-Steiner-Hauses durften die Zuhörer, die potenziellen Aktionäre schon mal die Waren kosten, an deren Produktion und Vermarktung sie sich in Zukunft beteiligen können. Kleine Schälchen mit frischen Bio-Tomaten, Frischmilch, nur pasteurisiert, nicht homogenisiert. Oder die Fleischwaren von Linda Holste und ihrer Partnerin Hélène Gibaud:
    "Eigentlich bieten wir Frischfleisch an. Diese Wurst- und Schinkenprodukte, die sie hier gerade sehen, das sind Nebenerzeugnisse, um bestimmtes Abschnittsfleisch, das bei jeder Rinderzerlegung anfällt, im Prinzip mitzuverarbeiten."
    Vorstellung der Regionalwert AG
    Das Fleisch stammt von Rindern aus dem Biosphärenreservat Schaalsee-Elbe. Die Tiere werden auf den dazugehörigen Höfen geschlachtet, lange Transporte fallen weg. Linda Holste und Hélène Gibaud denken darüber nach, ihren Fleischhandel auszubauen. Und die im letzten Jahr gegründete Regionalwert AG Hamburg könnte sich dann an der Finanzierung eines neuen Kühlcontainers beteiligen. Gestern Abend stellten die beiden Vorstände der Regionalwert AG Ulf Schönheim und Malte Bombien die Idee vor. Sie wollen Bauern, Schlachtereien, Zwischenhändler, Meiereien, Bäckereien, Brauereien, Handelsketten und Endkunden enger aneinanderbinden und Absatzmärkte für Bio-Lebensmittel in der Region Hamburg / Schleswig-Holstein sichern, erklärt Ulf Schönheim. Die Regionalwert AG soll den regionalen Bio-Betrieben bei Investitionen helfen.
    "Und die verpflichten wir mit der Investition auf soziale und ökologische Kriterien. Es ist vernünftig, es enkeltauglich zu machen, dass es in 30 oder 50 Jahren noch funktioniert. Und darauf, sich möglichst viele Produkte abzunehmen. Dass nicht nur das Geld in der Region bleibt, sondern auch die guten Produkte in der Region bleiben. Und der Aktionär, der am Anfang das Geld gibt, der ist am Ende auch Kunde. Und dadurch, dass ihm über unsere Aktien von jedem dieser Betriebe ein kleiner Teil gehört, hat er ein großes Interesse daran, möglichst viel bei seinen eigenen Betrieben zu kaufen."
    Mit 150.000 Euro Grundkapital ist die Regionalwert AG im letzten Jahr gestartet. Mittlerweile hat sie rund 500.000 Euro eingesammelt. Von Privatpersonen, von kleinen und großen Betrieben. Mit dabei sind der Bio-Saft-Hersteller Voelkel aus dem Wendland und auch die norddeutsche Drogeriemarktkette Budnikowsky, die ihr Angebot an Bio-Lebensmitteln in den letzten Jahren stetig erweitert hat.
    Unterstützung der regionalen Bio-Lebensmittel-Wirtschaft
    Die Idee der Vernetzung, der gegenseitigen Unterstützung der regionalen Bio-Lebensmittel-Wirtschaft stammt aus Süddeutschland. Fest etabliert sind die Regionalwert AGs Freiburg und Isar-Inn. Dass nun auch im Norden ein Netzwerk entsteht, begrüßt Annette Möller. Sie gehört zu den Öko-Melburen, den "Öko-Milchbauern", einem Zusammenschluss von der Höfen vor den Toren Hamburgs:
    "Unsere Milch wird in der "Meierei Horst eG" abgefüllt. Die letzte traditionelle Meierei hier in Schleswig-Holstein. Dort wollen wir gerne investieren und bräuchten Geld."
    Und dieses Geld könnte dann die Regionalwert AG Hamburg einwerben. Damit die Bio-Bauern im Norden die steigende Nachfrage nach ihren Produkten auch bedienen kann.