Goldgräberstimmung in Brasilien: Seit Monaten macht das größte Land Lateinamerikas Schlagzeilen mit immer neuen, gigantischen Ölfunden. In einem Meeresgebiet gut 250 Kilometer vor der Atlantikküste zwischen Sao Paulo und Rio de Janeiro wurden riesige Vorkommen entdeckt, Experten sprechen von bis zu 80 Milliarden Barrel. Als man Präsident Lula da Silva eine Schlammprobe unter die Nase hielt, reagierte er wie bei einem Sechser im Lotto:
"An so einem Brocken zu riechen, in dem Petroleum konzentriert ist, mit einem Geruch von gutem Petroleum - für einen Brasilianer ist das ein Grund, Stolz und Freude zu empfinden. Ich denke, Brasilien braucht so etwas."
Bislang produziert Brasilien gerade genug für den täglichen Eigenbedarf von ungefähr zwei Millionen Barrel. Mit den neuen Funden hätte Brasilien in etwa die gleichen Reserven wie Kuwait und läge nur knapp hinter dem Iran. Dilma Rousseff, Präsidentschaftskandidatin der Arbeiterpartei PT:
"Wenn sich der Fund in dieser Größenordnung bestätigt, werden wir nicht mehr länger ein mittleres Ölförderland sein. Das Land war gerade dabei, seine Ölautarkie zu erlangen, und hat auch mal ein wenig exportiert. Wir werden uns in ein Öl exportierendes Land verwandeln, das auf einem Niveau mit den arabischen Ländern, Venezuela und einigen anderen steht."
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Trotzdem drücken Präsident Lula da Silva und seine Arbeiterpartei aufs Tempo – und haben im Parlament vier Ölgesetze eingebracht, die die künftige Verteilung der Milliardeneinnahmen regeln sollen. Kernpunkt ist die Schaffung eines staatlichen Bildungs-, Armuts- und Technologiefonds. Präsident Lula bezeichnet den voraussichtlichen Geldregen als "Reisepass für Brasiliens Zukunft", der Volk und Staat zugute kommen müsse:
"Wenn wir die Schaffung eines Fonds vorschlagen, machen wir das, weil wir glauben, dass Brasilien seine Rückständigkeit im Bereich Bildung lösen muss. Zweitens haben wir etwas nachzuholen bei den Investitionen in Wissenschaft und Technologie. Und drittens verwenden wir Teile dieses Geldes dazu, um das Volk aus der Armut zu befreien."
Lula will nicht nur soziale und gesellschaftliche Probleme lösen, sondern auch die Ölindustrie stärker kontrollieren. Bislang wurden Förderkonzessionen meistbietend an Privatunternehmen vergeben. Jetzt soll der staatlich kontrollierte Ölgigant "Petrobras" alleiniger Betreiber der neuen Ölfelder sein und mindestens 30 Prozent an allen Förderprojekten behalten. Ausländische beziehungsweise private Investoren können sich nur beteiligen, wenn sie dem Staat Teile ihrer Produktion überlassen. Gegen diese "Nationalisierungspläne" laufen Oppositionspolitiker und Lobbyisten Sturm. Lula kontert die Kritik mit dem Hinweis, dass solche Modelle auch andernorts praktiziert würden:
"Ich kenne keinen einzigen ausländischen Unternehmer aus dem Ölsektor, der meint, dass die Dinge so bleiben könnten, wie sie bisher waren. Alle sagen öffentlich, dass es normal sei, dass Brasilien die Regeln ändere, denn alle anderen Länder, die ebenfalls viel Öl gefunden haben, hätten ja auch die Regeln geändert."
Und Präsident Lula verspricht auch Impulse für die heimische Industrie:
"Brasilien darf nicht ein bloßer Exporteur von Rohöl sein. Wir werden hier im Land Wertschöpfung betreiben, indem wir Derivate wie Benzin, Diesel und petrochemische Produkte erzeugen, die viel wertvoller sind. Wir werden eine mächtige Zuliefer-Industrie und Dienstleistungen aufbauen, die Abertausende brasilianische Arbeitsplätze schaffen werden."
Zudem gerät das Projekt ins Fahrwasser des Präsidentenwahlkampfes. Lula will mit seinem Sozialprogramm auch seine Kandidatin Dilma Rousseff stärken, die den Wohlstand gewissermaßen als Patin zu verteilen hätte. Während die Regierung noch im Oktober über das Gesetzespaket abstimmen lassen will, spielt die Opposition auf Zeit und will die Sache auf die lange Bank schieben. Oppositionsführer Ronaldo Caiado:
"Wir wollen ja darüber debattieren. Wir wollen mit technischen und wissenschaftlichen Argumenten zeigen, wie viele Dinge durch die Eile der Regierung vertuscht werden sollen. Und dazu müssen wir die Spezialisten und Experten anhören, damit wir die Änderungen erarbeiten können, um das Projekt zu verbessern."
Egal wann die Gesetze verabschiedet werden – der Startschuss für das Projekt fällt frühestens 2012. Mit der eigentlichen Förderung ist nicht vor 2015 zu rechnen. Und Fachleute wie der Energieexperte Sergio Besserman Vianna warnen davor, sich allzu sehr auf das Öl zu verlassen und alternative Energien zu vernachlässigen:
"Wir müssen uns immer bewusst sein, dass die Zukunft der globalen Wirtschaft in den erneuerbaren Energien liegt. Und Brasilien ist bei den erneuerbaren Energien in einer Vorreiterrolle, besonders was Ethanol, Biodiesel, Biomasse und viele andere betrifft. Und daran dürfen wir nichts ändern."
"An so einem Brocken zu riechen, in dem Petroleum konzentriert ist, mit einem Geruch von gutem Petroleum - für einen Brasilianer ist das ein Grund, Stolz und Freude zu empfinden. Ich denke, Brasilien braucht so etwas."
Bislang produziert Brasilien gerade genug für den täglichen Eigenbedarf von ungefähr zwei Millionen Barrel. Mit den neuen Funden hätte Brasilien in etwa die gleichen Reserven wie Kuwait und läge nur knapp hinter dem Iran. Dilma Rousseff, Präsidentschaftskandidatin der Arbeiterpartei PT:
"Wenn sich der Fund in dieser Größenordnung bestätigt, werden wir nicht mehr länger ein mittleres Ölförderland sein. Das Land war gerade dabei, seine Ölautarkie zu erlangen, und hat auch mal ein wenig exportiert. Wir werden uns in ein Öl exportierendes Land verwandeln, das auf einem Niveau mit den arabischen Ländern, Venezuela und einigen anderen steht."
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Trotzdem drücken Präsident Lula da Silva und seine Arbeiterpartei aufs Tempo – und haben im Parlament vier Ölgesetze eingebracht, die die künftige Verteilung der Milliardeneinnahmen regeln sollen. Kernpunkt ist die Schaffung eines staatlichen Bildungs-, Armuts- und Technologiefonds. Präsident Lula bezeichnet den voraussichtlichen Geldregen als "Reisepass für Brasiliens Zukunft", der Volk und Staat zugute kommen müsse:
"Wenn wir die Schaffung eines Fonds vorschlagen, machen wir das, weil wir glauben, dass Brasilien seine Rückständigkeit im Bereich Bildung lösen muss. Zweitens haben wir etwas nachzuholen bei den Investitionen in Wissenschaft und Technologie. Und drittens verwenden wir Teile dieses Geldes dazu, um das Volk aus der Armut zu befreien."
Lula will nicht nur soziale und gesellschaftliche Probleme lösen, sondern auch die Ölindustrie stärker kontrollieren. Bislang wurden Förderkonzessionen meistbietend an Privatunternehmen vergeben. Jetzt soll der staatlich kontrollierte Ölgigant "Petrobras" alleiniger Betreiber der neuen Ölfelder sein und mindestens 30 Prozent an allen Förderprojekten behalten. Ausländische beziehungsweise private Investoren können sich nur beteiligen, wenn sie dem Staat Teile ihrer Produktion überlassen. Gegen diese "Nationalisierungspläne" laufen Oppositionspolitiker und Lobbyisten Sturm. Lula kontert die Kritik mit dem Hinweis, dass solche Modelle auch andernorts praktiziert würden:
"Ich kenne keinen einzigen ausländischen Unternehmer aus dem Ölsektor, der meint, dass die Dinge so bleiben könnten, wie sie bisher waren. Alle sagen öffentlich, dass es normal sei, dass Brasilien die Regeln ändere, denn alle anderen Länder, die ebenfalls viel Öl gefunden haben, hätten ja auch die Regeln geändert."
Und Präsident Lula verspricht auch Impulse für die heimische Industrie:
"Brasilien darf nicht ein bloßer Exporteur von Rohöl sein. Wir werden hier im Land Wertschöpfung betreiben, indem wir Derivate wie Benzin, Diesel und petrochemische Produkte erzeugen, die viel wertvoller sind. Wir werden eine mächtige Zuliefer-Industrie und Dienstleistungen aufbauen, die Abertausende brasilianische Arbeitsplätze schaffen werden."
Zudem gerät das Projekt ins Fahrwasser des Präsidentenwahlkampfes. Lula will mit seinem Sozialprogramm auch seine Kandidatin Dilma Rousseff stärken, die den Wohlstand gewissermaßen als Patin zu verteilen hätte. Während die Regierung noch im Oktober über das Gesetzespaket abstimmen lassen will, spielt die Opposition auf Zeit und will die Sache auf die lange Bank schieben. Oppositionsführer Ronaldo Caiado:
"Wir wollen ja darüber debattieren. Wir wollen mit technischen und wissenschaftlichen Argumenten zeigen, wie viele Dinge durch die Eile der Regierung vertuscht werden sollen. Und dazu müssen wir die Spezialisten und Experten anhören, damit wir die Änderungen erarbeiten können, um das Projekt zu verbessern."
Egal wann die Gesetze verabschiedet werden – der Startschuss für das Projekt fällt frühestens 2012. Mit der eigentlichen Förderung ist nicht vor 2015 zu rechnen. Und Fachleute wie der Energieexperte Sergio Besserman Vianna warnen davor, sich allzu sehr auf das Öl zu verlassen und alternative Energien zu vernachlässigen:
"Wir müssen uns immer bewusst sein, dass die Zukunft der globalen Wirtschaft in den erneuerbaren Energien liegt. Und Brasilien ist bei den erneuerbaren Energien in einer Vorreiterrolle, besonders was Ethanol, Biodiesel, Biomasse und viele andere betrifft. Und daran dürfen wir nichts ändern."