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Reif fürs Museum

Angefangen hat alles mit einem geliehenen Möbelwagen und einer Tour über die Dörfer rund um Hannover. Heute füllen die Scorpions ganze Stadien. Das Rock'n Popmuseum Gronau widmet Deutschlands Rockband Nr. 1 jetzt eine Ausstellung über die 40-jährige Erfolgsgeschichte.

Von Franziska Rattei | 26.01.2012
    Gronau am frühen Nachmittag. Im Zentrum der Stadt. Zum rock'n'popmuseum Gronau sind es zwei Minuten Fußweg. Große Plakate kündigen den Ausstellungsbeginn zu "Rock you like a hurricane" an.

    "Was ist das für ne Musik? Rock? Oder was ist das?"

    Die jungen Gronauer scheinen die Scorpions nicht besonders zu interessieren. Die Älteren kennen die Band. Aus vergangenen Zeiten.

    "Ja, das ist ne Band, wie soll ich das sagen, da bin ich mit groß geworden. In meinem Alter sozusagen."

    Die Scorpions – eine Band fürs Museum, Rock-Opas also?

    "Ja, hört man immer wieder. Wenn man die Scorpions danach befragt, sagen die: wieso? Also, 75 Prozent unserer Facebook-Kontakte sind unter 17 oder unter 18, also blutjung sozusagen","

    sagt Thomas Mania, Kurator der neuen Scorpions-Ausstellung in Gronau. Scorpions-Parodien, Kritik oder Satire finden in dieser Ausstellung keinen Platz.

    ""Wir machen ne reine Band-Show, und ich finde, die Jungs haben das verdient."

    Weil sie seit mehr als 40 Jahren durch die Welt touren, noch immer Stadien füllen und bemerkenswert diszipliniert und fit sind, meint Thomas Mania, der Ausstellungsmacher. Trotzdem ist die Band jetzt auf Farewell-Tour, auf Abschiedstournee, und Ende des Jahres soll alles vorbei sein, angeblich.

    Und deshalb wird im Rock’n’Popmuseum noch mal die gesamte Bandgeschichte aufgerollt: ab dem Jahr 1965, in dem Rudolf Schenker und Klaus Meine sich zusammentaten, um die Scorpions zu gründen.

    "Klar, schöne Schwarz-Weiß-Fotos, gehört einfach dazu für ne historische Ausstellung."

    Dazwischen, hinter Glas, alte Schätzchen, Andenken; zum Beispiel eine Konzertabrechnung von 1965. Handschriftlich. Reingewinn 40 deutsche Mark und achtzig Pfennig.

    "Also reich geworden sind die damals noch nicht, und das ist auch das, was wirklich Durchhaltevermögen erfordert. Das braucht Energie, um tatsächlich dahin zu kommen, wo sie dann heute sind."

    Der Weg war lang; begann in Sarstedt bei Hannover, führte zunächst – per geliehenem Möbelwagen - über die Dörfer, dann auch in größere deutsche Städte und schließlich auch ins Ausland. Jahrelang treten die Scorpions als Vorband auf, zum Beispiel von "The Sweet". Dann, Mitte der 70er-Jahre, schaffen sie endlich den Durchbruch. In Japan, mit ihrem vierten Album "virgin killer", dessen Cover in vielen Ländern auf dem Index landete.

    Mit rund einhundert Konzerten pro Jahr blieb der Band eigentlich kein Raum für Privates. Was das Leben der Musiker beeinflusst, ist eher die wechselnde Besetzung. Etwa als Michael Schenker als Gitarrist aus- und Uli John Roth einsteigt.

    "Uli John Roth ist Jimi-Hendrix-Fan, und man merkt das der Musik an, und die Scorpions driften son bisschen auseinander, was dann nachher auch zur Trennung führt."

    Alle Musiker-Wechsel werden aber längst nicht thematisiert. Die Ausstellung "Rock you like a hurricane" geht nur auf wesentliche Meilensteine der Band ein. Dazu gehört auch die schwere Krankheit von Sänger Klaus Meine im Jahr 1981.

    "Diese ganze Geschichte und all das, was daraus resultierte, die hat uns dann natürlich extrem starkgemacht, und so war es für mich einerseits eine Tragödie, aber andererseits war es ein Triumph, ein Triumph der Freundschaft, der mich diese sehr sehr schwierige Situation hat überstehen lassen."

    Die Geschichte erzählt Klaus Meine tatsächlich selbst. Wer nah genug an das Foto herantritt, löst die Interviewsequenz aus.

    Überhaupt geht es in der Ausstellung vor allem ums Hören: Alle Kapitel der Bandgeschichte werden mit entsprechenden Songs untermalt. Außerdem gibt es ein 3-D-Kino, in dem man sich einen Auftritt der Band ansehen kann und viele Leinwände mit Projektionen.

    Auf einer sieht man den historisch wohl wichtigsten Auftritt der Band – "wind of change" als Soundtrack zum Berliner Mauerfall.

    Wer dann noch vorbeiläuft an einigen Glaskästen mit Gitarrensonderanfertigungen und Bühnenoutfits, kommt im "Jetzt" an. Und das könnte statt Farewell auch Comeback bedeuten, meint Thomas Mania.

    "Man merkt schon, die Jungs haben noch richtig Bock."