Donnerstag, 16. Mai 2024

Archiv


Rein in die Männerdomäne!

Die Statistik ist ernüchternd: Lediglich 13 Prozent aller Professorenstellen sind mit Frauen besetzt. Dabei machen Frauen zu Beginn eines Studiums häufig noch die Hälfte aller Studierenden aus. Drei Berliner Universitäten haben deshalb vor einem Jahr ein einzigartiges Förderprogramm für Juniorprofessorinnen, Privatdozentinnen und Leiterinnen wissenschaftlicher Nachwuchsgruppen gestartet: das ProFil-Programm. Die Idee: Jede Frau bekommt einen Mentor oder eine Mentorin zur Seite gestellt, die sie individuell in Sachen Karriere beraten.

Von Jens P. Rosbach | 21.01.2005
    Sabine Klapp will Professorin werden, doch die 36jährige Postdoktorandin und Leiterin einer Nachwuchsgruppe weiß nicht genau, wie sie sich in der Welt der Wissenschaft einen Namen machen kann. Die Physikerin ließ sich deshalb über das Profil-Programm einen Mentor vermitteln und fragte ihn um Rat:

    Ich hatte zum Beispiel das Problem, das wir auch diskutiert haben, da ging es um Publikationsstrategien, wo ich gemerkt habe: Okay, so wie ich publiziere, das geht ein bisschen langsam. Ich war mir nicht so sicher, wie wichtig sind eigentlich die Journals, wo man publiziert. Ich habe gelernt, dass es ganz entscheidend wichtig ist, auch mal zu Journals zu greifen, die einen hohen "impact factor" haben, die also sehr häufig zitiert werden. Und das hatte ich ein bisschen vernachlässigt. Die Bedeutung dieser Sache ist mir sehr klar geworden.

    Professor Jürgen Mlynek riet seiner Mentee:

    Dass sie bei der Wahl der Zeitschriften durchaus auch mal auf Spitzenzeitschriften zugehen sollte. Ich habe das Gefühl, dass die Qualität ihrer Arbeit das durchaus zulässt.

    Mlynek hat sich immer wieder mit der Nachwuchswissenschaftlerin getroffen und ihr Karrieretipps gegeben. Wie sie etwa an Vorträge auf internationalen Tagungen kommen kann, wie sie sich möglichst clever auf eine Professur bewirbt und ob sie ins Ausland gehen sollte oder nicht. Eine zeitaufwändige, ehrenamtliche Patenschaft - und das, obwohl Mlynek nicht irgendein Physik-Professor ist, sondern der Präsident der Humboldt-Universität:

    Alles eine Frage der Prioritäten. Ich denke, wenn ich als Präsident hier mit gutem Beispiel voran gehe, dann zieht das andere mit.

    Klapp:
    Einmal habe ich ihn angerufen - das fand ich ganz toll - morgens auf dem Handy. Es hat mich sehr beeindruckt, dass er sich wirklich - ich meine er ist ein unheimlich beschäftigter Mann - dass er sich 15 Minuten oder 20 Minuten wirklich Zeit genommen hat. Er war sofort da, hundertprozentig. Ich habe sofort eine konkrete Antwort auf meine Fragen gekriegt und das muss ich sagen fand ich ganz toll.

    So wie Physikerin Klapp haben im vergangenen Jahr 34 weitere Nachwuchswissenschaftlerinnen über das Profil-Programm Mentoren gefunden. Mentoren, die Hochschullehrer, oder auch - je nach Forschungsinteresse - Wirtschaftsbosse oder Politiker sind. Zusätzlich haben die Frauen an Seminaren und Diskussionen teilgenommen zu Themen wie Drittmitteleinwerbung, Uni-Management und Hochschulpolitik. Programm-Koordinatorin Dorothea Jansen will auf diese Weise jene Nachteile wieder wettmachen, die Nachwuchswissenschaftlerinnen normalerweise an den Universitäten erleiden:

    Ich denke, dass zu den wirklich kardinalen Faktoren tatsächlich gehört, dass Professoren -und man muss auch dazu sagen: auch manche Professorinnen, glauben, dass die Investition in eine Nachwuchswissenschaftlerin sich weniger rentiert als in einen männlichen Nachwuchswissenschaftler. Gerade weil sie vermuten - und manchmal ist es auch als unbewusster Hintergrund dort - weil sie vermuten, dass diese Frau Familie bekommen könnte und dann aus der Wissenschaft heraus geht. Und dann, was sie dort an Zeit investiert haben, sich nicht wirklich gelohnt hat.

    Ein Jahr ProFil, ein Jahr Berliner Förderprogramm für Frauen - die Organisatoren ziehen eine positive Bilanz. Die Frauen fühlten sich gestärkt, die Mentoren seien stolz, dass ihr Rat gefragt sei und viele neue Nachwuchswissenschaftlerinnen stünden auf der Matte. Darum geht das Programm nun in die zweite Runde. Mittlerweile sind auch andere Hochschulen, wie die Bonner und die Kölner Uni oder die RWTH Aachen dem Berliner Beispiel gefolgt und haben eigene Projekte ins Leben gerufen. Professor Karl Max Einhäupl, der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, hätte es am liebsten, wenn bundesweit ähnliche Programme starten würden:

    Ich hoffe, dass es vor allem den Männern, die heute noch in Führungspositionen sitzen und solche Entscheidungen zu treffen haben, dass diesen Männern klar wird, dass sie auch in ihrem eigenen Interesse als Sachwalter ihrer Universitäten dringend Frauen in solche Positionen bringen und sie dafür qualifizieren.