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Reinigende Flammenmeere als Öko-Regulator

Paläontologie. - Bei Waldbränden denkt man schnell an erschreckende Bilder von Feuerwalzen wie kürzlich aus Südeuropa oder den USA. Waldbrände sind aber nicht nur schrecklich, sie sind vielmehr wichtige Bestandteile des natürlichen Geschehens, weil sie Wälder verjüngen und die Artenvielfalt fördern. Im Grunde brennt ständig irgendwo auf der Welt ein Wald, auch wenn das in der Taiga sehr viel seltener passiert als in Australien. Allerdings ist dieses heute so verbreitete Phänomen in der Erdgeschichte kaum auszumachen. Dass es sie gegeben hat, konnten Geologen erstmals 1992 nachweisen. Der ältesten heute bekannte Waldbrand ist 360 Millionen Jahre alt. Nur wenig jünger ist der zweitälteste, der kürzlich bei einer Bohrung im Bergischen Land bei Köln entdeckt worden ist. Und dieser Brand verrät viel über eine längst untergegangene Welt, wie eine Wissenschafts-Pressekonferenz erläuterte.

Dagmar Röhrlich |
    Waldbrände sind eine ungeheure Naturgewalt: Und doch gibt es sie erst seit etwa 365 Millionen Jahren. Davor fehlte schlicht das Brennmaterial, schließlich war es geologisch erst einen Augenblick her, dass Holz und damit Bäume erfunden worden waren. Der mit 355 Millionen Jahren zweitälteste Waldbrand, den wir kennen, ist in der Paffrather Mulde, rund 30 Kilometer östlich von Köln. Damals brandete dort ein Ozean an eine bewaldete Küste. Durch Blitzschlag oder Selbstentzündung gerieten die Bäume in Brand. Die Flammen fraßen sich durch den Wald, verwandelten ihn in Holzkohle. Regen und Bäche spülten sie in eine ruhige Bucht des nahen Meeres, wo sie zu Fossilien wurden. Bis heute zeigt diese Holzkohle dreidimensional feinste Details einer längst entschwundenen Welt, die sich im Rasterelektronenmikroskop untersuchen lässt, erläutert Christoph Hartkopf-Fröder vom Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen:

    Das heißt, wir können mit speziellen Rasterelektronenmikroskop, mit Vergrößerung um die 10.000-fach, problemlos feinste Strukturen, die kleiner sind als ein Tausendstel Millimeter, wirklich noch untersuchen. Sie sind von der Form und von der Gestalt im Original wie tatsächlich im Oberdevon.

    Am Bildschirm des computerunterstützten Mikroskops untersuchen die Paläobotaniker ihre dreidimensionalen Fossilien. Es sind die Reste von Zweigen, Blättern oder Sporenbehältern. Obwohl alle nur wenige Millimeter groß sind, lassen sie sich identifizieren. Nach der Erfindung der Bäume hatten sich die Wälder schnell über die Erde ausgebreitet. Der wichtigste Baum war der tief wurzelnde Archaeopteris, der sich mit Farnen, Schachtelhalmen und Bärlapp-Gewächsen aus einem unbekannten Urahn entwickelt hatte:

    Man muss sich das vorstellen, dass dann Bäume von bis zu 40 Metern Höhe auch dabei waren, die ersten wirklich großen baumähnlichen Pflanzen, darunter Archaeopteris Bäume, aber auch viele kleine buschähnliche Pflanzen, wie zum Beispiel Racophyton.

    Das sind stark verzweigte Büsche, die bis zu zwei Meter hoch werden konnten, aber nur sehr flache Wurzeln hatten. Vor 370 Millionen Jahren wuchsen im Raum Köln Pflanzen, die zu den Nacktsamern gehören wie etwa der Gingko heute.

    Die Wälder waren damals noch nicht sehr artenreich, verglichen mit den heutigen Wäldern. Es gab aber auch damals schon gewisse ökologische Nischen, wo dann bestimmte Pflanzen bevorzugt wuchsen, farnähnliche Pflanzen etwa.

    Insgesamt haben die Paläontologen zehn verschiedene Pflanzenarten identifiziert. Und – obwohl sich das nicht mit modernen Wäldern vergleichen lässt, ist es doch mehr als von den Paläobotaniker erwartet – waren Bäume doch die neueste Erfindung der Natur:

    Das ist eine erstaunliche Diversität, denn wir reden von einer einzigen Fundstelle, und wo natürlich auch wahrscheinlich nur ein Ökosystemen überliefert worden ist. Wenn man also an anderen Stellen der gleichen Zeit das untersuchen würde, und man würde dort auch Holzkohle finden, kann man nicht davon ausgehen, dass dort exakt die gleichen Pflanzen gestanden haben, weil es vielleicht eine andere ökologischen Nische war, da würde man jetzt ganz andere Pflanzen finden.

    Was die Holzkohle noch verrät, ist das Kölner Klima vor 355 Millionen. Denn an den Blattresten sind Spaltöffnungen für den Gasaustausch zwischen Pflanze und Luft. Sie liegen an der Blattunterseite und sind besonders vor Verdunstung geschützt: Das heißt: Es war heiß und es gab immer wieder große Dürren. Denn mit ihren flachen Wurzeln waren Büsche wie Racophyton, der ja das Unterholz der Wälder bildete, besonders anfällig für Trockenzeiten. Er verdorrte schnell – und da hatten die Flammen leichtes Spiel.