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Reis statt Weizen
Japaner entwickeln backfähiges Reismehl

Reis ist für Asiaten ein Grundnahrungsmittel wie Weizen in Europa - dennoch sind die Unterschiede beider Pflanzen gewaltig. Reis lässt sich nur kochen und braten, nicht jedoch backen. Ein möglicher Grund, weshalb viele Japaner immer weniger Reis essen – was die Wirtschaft zu spüren bekommt. Mithilfe der Genetik will Japans Regierung nun gegensteuern und den Reiskonsum wieder ankurbeln.

Von Michael Stang | 21.07.2015
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    Reispflanzen auf einem Feld (picture alliance / dpa / Alexandra Schuler)
    "Viele Menschen in Japan bevorzugen heutzutage lieber Brot als die traditionelle japanische Küche. Denn der Verzehr von gekochtem Reis gilt nicht als cool."
    Sagt Yayoi Onda von der Yamagata Universität in Japan. Das veränderte Konsumverhalten sei keine kurzfristige Modeerscheinung, sondern ein anhaltender Trend, der mittlerweile auch Auswirkungen auf die Wirtschaft in Japan hat.
    "Der Pro-Kopf-Verbrauch an Reis geht stetig zurück. Das Problem ist, dass die ganze Landwirtschaft in Japan ausschließlich auf den Reisanbau ausgerichtet ist. Daher müssen wir zunehmend viele Waren importieren."
    Doch das ist teuer. Die Regierung will am Reisanbau festhalten, denn das lang gestreckte Land mit seinen verschiedenen Klimazonen eignet sich nicht für den Anbau von Weizen. Wenn die Japaner lieber Brot statt gekochtem Reis essen wollen, könnte man es auch mit Brot aus Reismehl versuchen. Doch das ist schwierig, so die Biochemikerin. Denn:
    Reis enthält kein Gluten und ohne dieses Klebeeiweiß fällt Brot aus gemahlenem Reis in sich zusammen. Yayoi Onda forscht mit staatlicher Unterstützung seit einiger Zeit an transgenem Reis, der dieses Problem lösen soll. Dabei stieß sie auf eine Gen-Familie, die für die Proteinfaltung im Reis zuständig ist.
    "Wenn man eins dieser Gene, das sogenannte PDI1.1, ausschaltet, kommt es innerhalb der Zellen zu einem Ungleichgewicht. Die Proteine können nicht mehr in der korrekten Form gebildet werden, die Bindungen stimmen nicht mehr, die Eiweiße werden also nicht mehr akkurat gefaltet. Das hat zur Folge, dass große und komplexe Strukturen entstehen."
    Genau diese Unordnung verhindert das Zusammenfalten der Enzyme und schafft gleichzeitig eine gewisse Stabilität, die das Gluten im Weizen erreicht. Mit dem Mehl aus der neuen transgenen Reissorte lässt sich stabiles Brot backen, das nicht mehr so schnell zusammenfällt. Die transgenen Samen seien zwar etwas dunkler als die der Wildsorte, so Yayoi Onda, aber das falle kaum ins Gewicht. Mit diesem Reis könne man aber nur Backen, zum Kochen eigne er sich hingegen nicht. Der Reisgeschmack im Brot sei kein Problem, beteuert die Forscherin, denn Zutaten wie Salz, Zucker oder Öl machten doch den Großteil des Geschmacks aus.
    "Wir halten mittlerweile zwei Patente in Japan auf den transgenen Reis. Die Regierung will nun diese gentechnisch veränderten Pflanzen landesweit anbauen denn das Ziel ist, den Pro-Kopf-Konsum an Reis wieder zu steigern."
    Noch gibt es praktische Probleme, denn die Anbauflächen im Norden unterscheiden sich von denen im Süden deutlich hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit. Daher sollen je nach Region verschiedene Subtypen der transgenen Sorten angepflanzt werden. Theoretisch stehe einer kommerziellen Nutzung damit nicht mehr viel im Weg, so Yayoi Onda. Bleibt jedoch abzuwarten, ob die Rechnung der japanischen Regierung tatsächlich aufgeht, dass die Japaner Brot aus transgenem Reis akzeptieren und so wieder weniger Weizen konsumieren, der teuer importiert werden muss.