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Reise in die Eiszeit

Biosphärenreservat, Landschaftsschutzgebiet, Nationalpark - das ABC der Ökoreservate ist verwirrend. Immer wieder taucht auch die Bezeichnung Geopark auf. 30 davon gibt es in Europa, 5 liegen in Deutschland. Zum Beispiel der Geopark Mecklenburgische Eiszeitlandschaft.

Von Katrin Kühne | 08.01.2007
    Schon längst haben die letzten Kraniche ihre Rastplätze auf dem Darß an der Ostsee verlassen und gen Süden ziehend auch das mecklenburgische Neubrandenburg überflogen. Die Stadt liegt im Zentrum des vor vier Jahren gegründeten "Geoparks Mecklenburgische Eiszeitlandschaft". Dahinter steht ein Geologischer Verein mit nur 70 Mitgliedern, dessen Vorsitzender Andreas Buddenbohm auch der Initiator des Parks ist:

    " Das ist eine geologische Modellregion für glacial geprägte Landschaften in Mitteleuropa. Glacial bedeutet: Vom Eis geprägte Landschaften. Hier in unserer Region ist das Eis erst vor circa 14.000, 15.000 Jahren verschwunden, und wenn man sich die Vegetationsdecke wegdenkt, dann hat man hier eine Landschaft, wie sie wirklich am Ende der Eiszeit ausgesehen hat."

    Das unterscheidet den Park von anderen eiszeitlich geprägten Landschaften wie den Berlin-Brandenburger Endmoränen, der Rügener Kreideküste oder denen Skandinaviens. Unter den 30 europäischen Geoparks ist der Mecklenburgische denn auch der einzige, der sich mit der Eiszeit befasst. Eines ist er aber sicherlich nicht:

    " Der Geopark ist kein Schutzgebiet. Der Geopark ist eine freiwillige Vereinigung, wenn man so will, von Akteuren, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, das geologische Erbe zur Grundlage der regionalen Entwicklung zu machen beziehungsweise in die regionale Entwicklung einzubeziehen."

    Ein schmales Budget von 30.000 Euro für die nächsten zwei Jahre stehen dem Geologen Buddenbohm dafür zur Verfügung, sowie zwei ABM-Kräfte. Eine davon ist die ehemalige PR-Managerin Annegret Saß:

    " Es ist ja so, dass wir hier im Informationszentrum Geopark koordinierende Aufgaben übernehmen. Und wir versuchen mit unseren Akteuren im Geopark gemeinsam Angebote zu entwickeln für die Touristen, die sich speziell mit der Geologie oder mit der Landschaftsentwicklung in dieser Region beschäftigt und diese Angebote werden dann von den dortigen Akteuren vermarktet. "

    Dementsprechende Pauschalangebote für Gäste erarbeitet die Tourismus-Koordinatorin Saß gemeinsam etwa mit Hoteliers der Region:

    " Wir sagen in Geoparks, dass die geologischen Grundlagen einer Region ihre Entwicklung bestimmt haben. Die Entwicklung sowohl der Landschaft bestimmt haben als auch die Entwicklung der Kulturlandschaft. "

    Das zeigt Buddenbohm besonders gern auf seinen Exkursionen im "Malchower Kreidebezirk" zwischen Müritz und Plauer See. Dort hatte sich über die Jahrhunderte bedingt durch die Kreidevorkommen eine Kalk-Klein-industrie entwickelt. Die Abbaugebiete und die ehemaligen Kalkbrennereien gehören heute zu den zehn so genannten "Eiszeitlichen Aktionszentren" des Geoparks.

    Neben dem Erhalt der glacialen Sehenswürdigkeiten steht hinter der Geopark-Idee natürlich vor allem eins: Menschen in Gebieten, die Landschaft und sonst wenig zu bieten haben, Arbeit zu beschaffen, daher die "Aktionszentren". Der "Findlingsgarten Schwichtenberg" rund 10 km westlich vom Stettiner Haff ist so aus einem Arbeitslosenhilfe-Programm entstanden. Vor 11 Jahren hatte der Arbeitsförderungs-und Bildungsverein in Schwichtenberg begonnen, Findlinge aus der Umgebung zusammenzutragen. Heute umfasst das Areal ca. 20 ha und hat alljährlich rund 6.000 Besucher, die sich über Geo- und Kulturgeschichte der Steine informieren. Der 666 km lange Radrundweg "Eiszeitroute Mecklenburgische Seenplatte" wird ebenfalls in einem ABM-Projekt betreut, so Annegret Saß.

    Von den Hügeln um die eiszeitlichen Brodaer Teiche in Neubrandenburg hat der Wanderer einen schönen Blick über die Stadt, die eingebettet liegt in das waldumsäumte Tollense-See-Tal und damit in einer geologischen Sensation. Der See füllt ein unter dem glacialen Eis entstandenes Tunneltal aus, das nicht, wie bisher vermutet, von einer schmalen Gletscherzunge ausgeschürft worden war:

    " Da gibt es also neue Erkenntnisse dazu, die eigentlich ausstrahlen in die gesamte Eiszeitforschung, international auch, wo wir also sagen können, der Tollense-See spielt eine große Rolle auch in der eiszeitlichen Forschung. "

    Mit der Gründung des ersten Eiszeit-Geoparks von Europa haben Buddenbohm und seine Vereinsmitglieder für die Aufarbeitung der geologischen Vergangenheit einen neuen Maßstab gesetzt.

    Weitere Informationen:

    Geopark Mecklenburgische Eiszeitlandschaft:
    www.eiszeitgeopark.de
    info@eiszeitgeopark.de
    Informationszentrum
    Seestr.7a
    17033 Neubrandenburg
    Tel.:0395- 5683 433
    Fax : - 5694 198

    Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern:
    www.auf-nach-mv.de
    info@auf-nach-mv.de

    Die anderen GeoParks in Deutschland sind: Harz/Braunschweiger Land/Ostfalen; Vulkanland Eifel; Schwäbische Alp; Bergstraße-Odenwald