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Reise ohne Wiederkehr

Raumfahrt. - Im nächsten Jahr soll die amerikanische Space-Shuttle-Flotte ausgemustert werden. Mond und Mars heißen die nächsten Ziele der USA, doch bis dahin wird wohl noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen. Menschen könnten jedoch viel schneller den Mars erreichen – nämlich dann, wenn sie nach 2010 mit den Raumfähren zum Roten Planeten flögen.

Von Guido Meyer | 27.04.2009
    Beim NASA-Sprecher war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Die US-Raumfähre Discovery ist im Sommer 2005 weder zum Mond aufgebrochen, noch zum Mars und schon gar nicht jenseits davon. Discovery flog – wie immer – zur Internationalen Raumstation. Im nächsten Jahr soll die Shuttle-Flotte ausrangiert und in Museen ausgestellt werden. Dabei gäbe es für die Schiffe durchaus bessere Verwendung, findet Eric Knight, der Gründer der amerikanischen Raumfahrtfirma UP Aerospace und heutige Präsident von Remarkable Technologies im US-Bundesstaat Connecticut.

    "Wir könnten zwei Shuttles starten und ihre Ladebuchten auf ihrer Oberseite durch einen aufblasbaren Tunnel verbinden. Durch ihn würden sich die Astronauten zwischen den Schiffen hin und her bewegen können. Außerdem erhielte dieser Komplex eine Raketenoberstufe, die die beiden Fähren Richtung Mars schießt. Einmal unterwegs, wird dieses Antriebsmodul abgeworfen. Die beiden Shuttles entfernen sich dann einige hundert Meter voneinander. Der flexible Tunnel dehnt sich dabei. Ihre eigenen Bordtriebwerke versetzen die Raumschiffe dann in eine Bewegung, in der das System wie ein Karussell um seinen Mittelpunkt rotiert, während es zum Mars fliegt. Die so entstehenden Fliehkräfte verursachen an Bord eine künstliche Schwerkraft."

    Die Flügel der Fähren würden ihnen bei der Ankunft auf dem Mars nicht helfen. Die Atmosphäre des Roten Planeten ist nur etwa ein Prozent so dicht wie die der Erde, trägt also keinen geflügelten Gleiter. Nachdem sich beide Shuttles in einer Mars-Umlaufbahn wieder voneinander getrennt haben, könnten sie jedoch einzeln an großen Fallschirmen Richtung Oberfläche schweben und auf dem Mars ausrollen.

    Einen Schönheitsfehler hat dieses Projekt: Es gibt keinen Weg zurück. Entweder die Astronauten müssen auf dem Mars so lange aushalten, bis eine Folgemission sie aufsammelt. Oder sie leben fortan für immer dort. Eine entsprechende Infrastruktur für Wohnmodule und Labore könnte separat unbemannt zum Mars geschossen werden, zusammen mit weiterem Nachschub. Diese Idee bekommt Unterstützung, zum Beispiel von Peter Kokh, dem Präsidenten der amerikanischen Moon Society.

    "Es gibt Menschen, die sich für einen Flug zum Mars melden würden, wissend, dass sie nicht zurückkehren. Zu Zeiten des Kalten Krieges haben sich Astronauten freiwillig zu einer One-Way-Mission bereit erklärt, als es in den sechziger Jahren darum ging, die Russen beim Wettlauf ins All zu schlagen. So gab es einen Plan, zwei Astronauten an Bord einer Gemini-Kapsel zum Mond zu schicken, mit der Hoffnung, bei einer späteren Mission abgeholt zu werden – aber ohne Garantie."

    Auch Jonathan Clark vom nationalen biomedizinischen Weltraumforschungsinstitut in Houston würde Astronauten auswählen, die nicht unbedingt mit ihrer Rückkehr rechnen.

    "Das mag sich nicht angemessen anhören, aber es macht aus verschiedenen Gründen Sinn. Es gibt ohnehin so gut wie keinen Weg zurück, wenn auf der Reise etwas schiefgeht, weil die Konstellation der Planeten Erde und Mars im Sonnensystem erst nach ungefähr achtzehn Monaten einen Rückflug erlaubt. Man sollte eine Crew zusammenstellen, die in Ruhe altern kann, die ihre Familienplanung gemacht hat, deren Kinder erwachsen sind. Wenn sie lebend zurückkehren, ist das großartig. Wenn nicht, ist das auch in Ordnung. Das ist ein akzeptierbares Ergebnis."

    Ohne die Prestigezwänge des Kalten Krieges sieht die NASA aus technischen wie ethischen Gründen derzeit keine Notwendigkeit zu einer solchen Kamikaze-Mission. Sie setzt vielmehr offiziell weiterhin darauf, ihre Astronauten auch wieder zurückzuholen.