Im Zuge der Aufklärung der tragischen Transplantationsunfälle, bei denen Empfänger mit Tollwut infizierte Organe erhalten hatten, eröffnen sich den Wissenschaftlern der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) immer mehr ungeklärte, aber wesentliche Fragen. So stellte sich jetzt heraus, dass die 26jährige Spenderin selbst offenbar Drogen konsumierte. Rauschgiftgebrauch sei an sich jedoch kein unbedingter Grund, Organe für Transplantationen abzulehnen, sofern kein Heroin intravenös eingenommen worden sei, konstatiert der Leiter des MHH-Lungentransplantationsteams, Martin Strüber: "Es wird ein intravenöser Drogenkonsum unterschieden. Diese Personen werden von der Organspende ausgeschlossen, weil es bei ihnen hohe Übertragungsraten von Viren gibt. Bei nicht intranvenösem Konsum von Rauschgift werden die Betreffenden in der Regel jedoch berücksichtigt." Im Vordergrund stehen dabei vor allem HI- und Hepatitis-B- und -C-Viren, die über mehrfach benutzte Spritzen übertragen werden können. So können HI-Viren frühestens sieben Wochen nach einem Einstich im Blut nachgewiesen werden - ein bis zu diesem Nachweis gesperrtes Spenderorgan wäre also nicht mehr zu verwenden. Andererseits wäre auch ein negativer Test auf den AIDS-Erreger trügerisch, kann doch eine Infektion auch im letzten Moment noch stattgefunden haben. Anders liegt der Fall indes etwa bei Kokainsüchtigen: "Bei nichtintravenös verabreichten Drogen handelt es in der Regel um gesunde junge Konsumenten. Entsprechend sind die Organe eigentlich auch in sehr gutem Zustand", so Strüber.
In Deutschland sind Spenderorgane knapp: jedes Jahr sterben rund 1000 Menschen, die vergeblich auf ein Ersatzorgan gewartet haben. Angesichts des Engpasses werden inzwischen auch Organe von Jahrzehnte langen Alkoholikern übertragen. Die Empfänger erfahren davon nichts: "Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, dass alle Ersatzorgane 100prozentig intakt sind, ist falsch. Wir haben in der Auswahl von so genannten grenzwertigen Spenderorganen immer wieder Neuland beschritten. Ich würde auch dringend davor warnen, hierzu neue Richtlinien oder Standards einführen zu wollen. Das würde nur zu einer weiteren Verknappung bei Organen und zu einem weiteren Anstieg der Todesrate auf der Warteliste führen." Für Professor Axel Haverich, Direktor der Abteilung für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie an der MHH, stehen andere Fragen im Vordergrund. So wusste der Mediziner beispielsweise nichts von dem Auslandsaufenthalt der Spenderin und den damit verbundenen Risiken. Diese Informationen müssten zukünftig erhoben und auch weitergegeben werden, so seine Forderung. Hätten die Angehörigen der Spenderin überdies keine Erlaubnis für eine Obduktion erteilt, hätte bis auf den heutigen Tag auch keine Tollwutdiagnose erfolgen können. "Es ist bedauerlich, dass wir in Deutschland eine so geringe Obduktionsrate haben. Wenn Sie das auf den Bereich der Organspende übertragen mit einer potenziellen Gefährdung der Empfänger, dann muss hier neu nachgedacht werden", unterstreicht Haverich. Denkbar sei auch eine prophylaktische Impfung der Organempfänger vor einer Transplatation. Allerdings belasten die Vakzine auch den Körper der Empfänger erheblich, weshalb insbesondere Mukoviszidose-Patienten, die auf eine Lunge warten, kaum infrage kommen, weil ihr Immunsystem bereits stark beeinträchtigt ist.
Eine gute Alternative wäre ein sicherer Schnelltest auf Tollwut. Dann wäre die Sicherheitslücke, die momentan durch das Zeit raubende Testverfahren besteht, in jedem Fall geschlossen. Haverich ist optimistisch, dass eine solche Möglichkeit bald zur Verfügung stehen wird: "Bis vor einem Jahr, als die erste Tollwutübertragung in Zusammenhang mit einer Organtransplantation in den USA stattgefunden hat, war man davon ausgegangen, dass das Virus auf das zentrale Nervensystem beschränkt bleibt. Seitdem weiß man auch, dass der Erreger auch in Organen vorkommt, denn sonst wäre es bei der Transplantation nicht übertragen worden. Inzwischen kann das Virus auch im Blut nachgewiesen werden und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, warum es mit den heutigen molekularbiologischen Methoden nicht möglich sein sollte, das Virus in kurzer Zeit im Blut nachzuweisen."
[Quelle: Michael Engel]
In Deutschland sind Spenderorgane knapp: jedes Jahr sterben rund 1000 Menschen, die vergeblich auf ein Ersatzorgan gewartet haben. Angesichts des Engpasses werden inzwischen auch Organe von Jahrzehnte langen Alkoholikern übertragen. Die Empfänger erfahren davon nichts: "Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, dass alle Ersatzorgane 100prozentig intakt sind, ist falsch. Wir haben in der Auswahl von so genannten grenzwertigen Spenderorganen immer wieder Neuland beschritten. Ich würde auch dringend davor warnen, hierzu neue Richtlinien oder Standards einführen zu wollen. Das würde nur zu einer weiteren Verknappung bei Organen und zu einem weiteren Anstieg der Todesrate auf der Warteliste führen." Für Professor Axel Haverich, Direktor der Abteilung für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie an der MHH, stehen andere Fragen im Vordergrund. So wusste der Mediziner beispielsweise nichts von dem Auslandsaufenthalt der Spenderin und den damit verbundenen Risiken. Diese Informationen müssten zukünftig erhoben und auch weitergegeben werden, so seine Forderung. Hätten die Angehörigen der Spenderin überdies keine Erlaubnis für eine Obduktion erteilt, hätte bis auf den heutigen Tag auch keine Tollwutdiagnose erfolgen können. "Es ist bedauerlich, dass wir in Deutschland eine so geringe Obduktionsrate haben. Wenn Sie das auf den Bereich der Organspende übertragen mit einer potenziellen Gefährdung der Empfänger, dann muss hier neu nachgedacht werden", unterstreicht Haverich. Denkbar sei auch eine prophylaktische Impfung der Organempfänger vor einer Transplatation. Allerdings belasten die Vakzine auch den Körper der Empfänger erheblich, weshalb insbesondere Mukoviszidose-Patienten, die auf eine Lunge warten, kaum infrage kommen, weil ihr Immunsystem bereits stark beeinträchtigt ist.
Eine gute Alternative wäre ein sicherer Schnelltest auf Tollwut. Dann wäre die Sicherheitslücke, die momentan durch das Zeit raubende Testverfahren besteht, in jedem Fall geschlossen. Haverich ist optimistisch, dass eine solche Möglichkeit bald zur Verfügung stehen wird: "Bis vor einem Jahr, als die erste Tollwutübertragung in Zusammenhang mit einer Organtransplantation in den USA stattgefunden hat, war man davon ausgegangen, dass das Virus auf das zentrale Nervensystem beschränkt bleibt. Seitdem weiß man auch, dass der Erreger auch in Organen vorkommt, denn sonst wäre es bei der Transplantation nicht übertragen worden. Inzwischen kann das Virus auch im Blut nachgewiesen werden und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, warum es mit den heutigen molekularbiologischen Methoden nicht möglich sein sollte, das Virus in kurzer Zeit im Blut nachzuweisen."
[Quelle: Michael Engel]