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Rekord-Blitz aus Jena

Physik. - Zu reinen Forschungszwecken bauten US-Wissenschaftler vom Lawrence Livermore Laboratorium ein Rekord-Werkzeug: Ihr Laser erzeugte Lichtimpulse von einem Petawatt - der tausendfachen Menge der gesamten Stromerzeugungskapazität der USA. Umso kürzer hielt der Lichtblitz, denn nach nur einer Femtosekunde war der ungeheuer intensive Strahl wieder vorbei. Während der US-Laser 1999 wieder demontiert wurde, sind Physiker der Universität Jena derzeit dabei, die Messlatte noch wesentlich höher zulegen.

    "POLARIS" nennen die Physiker des Instituts für Optik und Quantenelektronik an der Universität Jena ihr Projekt, an dessen Ende der weltstärkste Impulslaser stehen soll. "Das US-System beruhte auf einer über 20 Jahre alten Technologie und konnte nur wenige Male am Tag schießen. Zu selten, um damit Forschung wirklich effizient zu betreiben", meint Roland Sauerbrey, Professor des Jenaer Instituts. Zwar gebe es derzeit auch anderorts Bemühungen zu neuen und leistungsstärkeren Lasern im Petawatt-Bereich, im Unterschied zum deutschen Projekt verließen sich diese aber immer noch auf die alte Technologie.

    "Unser Ansatz verfolgt dagegen eine viel kompaktere Bauweise, die nur über neue Materialien sowie eine neuartige Pumptechnologie erreicht werden kann", so der Physiker. Dabei umschreibt allerdings "kompakt" weniger ein tragbares Gerät, als eines, dass in einem einzigen Labor untergebracht werden kann. Zum Vergleich: Der Livermore-Laser füllte immerhin einen ganzen Hangar. Um ihren Rekordlaser schnell nacheinander aufzuladen, verwenden die Jenaer Forscher sehr leistungsfähige Laserdioden, die von Jenoptik stammen und inzwischen kommerziell vertrieben werden. Rund 4000 solcher Dioden werden Polaris in seiner Endausbaustufe befeuern. Dabei treffen ihre Impulse in ein ebenfalls speziell entwickeltes Glas: "Dieses so genannte Ytterbiumglas wurde in Zusammenarbeit mit dem Otto-Schott-Institut ebenfalls in Jena entwickelt. Diese Verbindung enthält das eigentliche Lasermaterial Ytterbium in hohen Konzentrationen, ohne dass es dabei zur störenden Kristallisierung kommt", erläutert Sauerbrey. Überdies erreiche das hochreine Glas sehr breite Energieniveaus des Ytterbiums, so dass erst die extrem kurzen Lichtblitze erzeugt werden könnten. Die enorme Speicherkapazität des Materials könne mehrere Kilojoule an Energie aufnehmen und schlagartig entlassen.

    Probleme bereiten derzeit allerdings noch andere Komponenten des Systems, die den außergewöhnlichen Belastungen noch nicht standhalten und ebenfalls neu entwickelt werden müssen. Ist der Jenaer Petawattlaser einmal realisiert, wird eine ganze Reihe von Physik-Mirakeln, die derzeit den wenigen Laser-Großanlagen vorbehalten ist, auch in viel weniger aufwendigen Labors untersucht werden können. Dazu zählen die Erzeugung von Antimaterie, die Umwandlung chemischer Experimente oder auch die Produktion von Radionukliden für die Medizin. In vier Jahren, so hofft Roland Sauerbrey, werde sich das Gerät an solche Aufgaben heranwagen können.

    [Quelle: Mathias Schulenburg]