"Er dribbelt jetzt am linken Flügel, wird von Schäfer gefoult, aber Ling lässt weiter spielen. Schäfer flankt, Schäfer flankt ... Schäfer nach innen geflankt - Kopfball abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen."
Helmut Rahn schießt -
"Tor, Tor, Tor"
Das Wunder von Bern 1954, eine der großen Fußball-Legenden. Müsste dieses Spiel nicht ganz oben stehen in einer gedruckten Ruhmeshalle mit dem Titel "Die 100 besten Spiele aller Zeiten"? Philipp Köster verneint:
"Und so bin ich auch relativ froh, weil ich gestehen muss, dass zum 50-jährigen Jubiläum vom Wunder von Bern mir irgendwann das alles auch ein bisschen aus den Ohren rauskam."
Stattdessen steht ein anderes Fußballwunder an der Spitze, ein Viertelfinale im Europapokal der Pokalsieger, 1986.
"Freistoß für die Dresdner, von Pilz hereingetreten - hinten auf der langen Ecke ist Minge da und köpft in der ersten Minute ins Tor! Eins zu null für Dynamo Dresden","
Reportiert Wolfgang Hempel für das Radio der DDR das Spiel zwischen Bayer Uerdingen und Dynamo Dresden:
""Achtung, was macht er - und Tor! Das zwei zu eins ist da!"
Und es läuft gut für die Dresdner, jedenfalls in der ersten Hälfte. Im zweiten Durchgang fangen sich die Uerdinger und düpieren den Gast aus Sachsen.
"Jetzt setzt sich ein Mann davon, das ist Schäfer mit Riesensätzen, er wird immer schneller, Dixie Dörner kommt nicht heran, Ramme geht aus dem Tor heraus, er schießt ihn an, und das ist die Entscheidung!"
Am Ende heißt es Bayer Uerdingen sieben, Dynamo Dresden drei. Selten hat sich ein Spiel so gedreht. Das beste also der "100 besten Spiele aller Zeiten" - meint der Autor.
"Wir hätten sicherlich 400, 500 Spiele würdigen können als herausragende, packende, dramatische Ereignisse und Spiele. Insofern ist unsere Auswahl, da zu sagen, das sind jetzt die 100 besten Spiele aller Zeiten, relativ subjektiv."
Welches Spiel letztlich wo steht, diese Entscheidung sei, was die hinteren Plätze angehe, wie bei einem Würfelspiel gefallen. Bei den vorderen Plätzen aber, sagt Köster, habe er sich auch auf das Urteil anderer gestützt.
"Es ist tatsächlich so, dass wir aus unseren Expertenmeinungen, aus unseren Interviews, Spielern, Trainern, Fans, Journalisten schon eine gewisse Punktetabelle hatten."#
Und daraus habe sich dann eindeutig ergeben, welche Spiele unter die ersten zehn gehörten. Manche sind erwartbar, etwa das WM-Finale England - Deutschland 1964 mit dem längst in allen Fußball-Annalen vermerkten Wembley-Tor. Oder jenes Spiel zwischen Schalke und Bayern München im DFB-Pokal-Halbfinale 1984, bei dem sich ein damals 18-Jähriger mit drei Toren hervortat: Olaf Thon.
"Stimmt das eigentlich, dass Sie den FC Bayern zu Ihrer Lieblingsmannschaft auserkoren haben, und dass Sie in Bayern-Bettwäsche schlafen?"
"Ja, es stimmt schon. Bayern war von früher an mein Lieblingsverein. Aber jetzt spiele ich in Schalke und schieß' da meine Tore."
"Wie erklären Sie sich Ihre Kopfballtore, obwohl Sie nur 1,60 Meter groß sind?"
" 1,70!"
"Oh, 1,70!"
So der Ausschnitt aus einem Interview nach dem Spiel im ZDF. Die Anekdote mit der Bettdecke, auch sie wird im "100-Besten-Buch" geschildert. Für viele Spiele notieren die Autoren das Drumherum, die Dramatik und das Packende lebendig und mit Hingabe zum Detail. Das funktioniert fast immer, es sei denn, die Quellenlage ist dürftig. Etwas trockener fallen folglich die Anmerkungen zu Spielen aus, nach denen in der Geschichte lange gegraben wurde. Sommer 1912 zum Beispiel, bei den Olympischen Spielen in Stockholm. Das Deutschland des Kaiserreichs tritt an gegen das Russland des Zaren. Der Endstand ist bis heute Olympischer Rekord. 16 zu null - für die kaiserliche Truppe:
"Natürlich hat man da keine Zeitzeugen; man muss sich auf Lexika, auf alte Sportbände verlassen. Wir haben Gott sei Dank bei uns in der Redaktion, ganze riesige Archive, die uns Privatleute überlassen haben. Mit alten Sportmagazinen, Fußballmagazinen. Von daher war's natürlich viel Zusammengestoppel von Informationen; Gott sei Dank haben in der Vergangenheit manche der Journalisten Fußballgeschichte geschrieben, sodass man da auch noch mal nachschlagen konnte, aber das ist sicherlich einfacher, wenn's darum geht, dass man beispielsweise das Spiel Deutschland Türkei 2008 bei der EM referieren soll als so ein Spiel von 1912."
Das Halbfinalspiel Deutschland-Türkei vor drei Jahren, als das Siegtor erst in der 90. Minute fiel.
"Philipp Lahm angespielt, auf der linken Seite. Da hat er die Chance, nach vorn zu spielen, wird wieder angespielt. Hitzlsberger wird wieder angespielt im Strafraum. Philipp Lahm schießt - Tor! - Philipp Lahm - Tor, Tor ... der kleine Münchner ... "
Im Buch wird diese Begegnung auf Platz 100 verbucht. Diese und alle anderen Partien präsentieren die Autoren auf je zwei Seiten in übersichtlicher Optik, mit Foto sowie den wichtigsten enzyklopädischen Daten: Turnier, Tore, Aufstellung, Ort und Zuschauerzahl. Die Zusammenstellung auf 216 Seiten weist drei Auffälligkeiten auf: Erstens haben die Autoren auch eine Reihe von Spielen des DDR-Fußballs berücksichtigt, was sich in anderen Chroniken nicht von selbst versteht. Zweitens hat die Zusammenstellung ein Übergewicht zugunsten von Spielen, die bei internationalen Wettbewerben stattfanden. Kein Wunder, schließlich benötigen Legenden ein Stück Fallhöhe, und die gibt es vor allem bei Turnieren.
""Zum anderen ist es aber auch so, dass wir jenseits der Bundesliga auch nicht so wahnsinnig viele Kenntnisse hatten, was sich da zum Beispiel in Schweden, in Finnland, in Dänemark noch an Kuriosem getan hat. Insofern ist es wahrscheinlich eine Recherchelücke und andererseits wahrscheinlich für den deutschen Leser gar nicht so schlecht, dass er nicht zu sehr belästigt wird mit der zweiten finnischen Liga."
Nach der Arbeit am Buch steht für Köster fest:
"Ich glaube, der Fußball war nie attraktiver als in den 60er und 70er Jahren. Als er so den Kinderschuhen entschlüpft war, als man gemerkt hat, wie viel man durch eine gute Taktik erreichen kann. Wo allerdings noch genügend Platz war links und rechts der Mittellinie, um zu kombinieren. Das Spiel war sicherlich noch nicht so schnell, so intensiv wie heute."
"Aus! Aus! Aus!"
Bleibt noch eine Frage:
"Das Spiel ist aus!"
Wo steht das Spiel von Bern?
"Deutschland ist Weltmeister!"
Köster und Jürgens haben die Weltmeister von 1954 auf Platz zwei gesetzt.
Helmut Rahn schießt -
"Tor, Tor, Tor"
Das Wunder von Bern 1954, eine der großen Fußball-Legenden. Müsste dieses Spiel nicht ganz oben stehen in einer gedruckten Ruhmeshalle mit dem Titel "Die 100 besten Spiele aller Zeiten"? Philipp Köster verneint:
"Und so bin ich auch relativ froh, weil ich gestehen muss, dass zum 50-jährigen Jubiläum vom Wunder von Bern mir irgendwann das alles auch ein bisschen aus den Ohren rauskam."
Stattdessen steht ein anderes Fußballwunder an der Spitze, ein Viertelfinale im Europapokal der Pokalsieger, 1986.
"Freistoß für die Dresdner, von Pilz hereingetreten - hinten auf der langen Ecke ist Minge da und köpft in der ersten Minute ins Tor! Eins zu null für Dynamo Dresden","
Reportiert Wolfgang Hempel für das Radio der DDR das Spiel zwischen Bayer Uerdingen und Dynamo Dresden:
""Achtung, was macht er - und Tor! Das zwei zu eins ist da!"
Und es läuft gut für die Dresdner, jedenfalls in der ersten Hälfte. Im zweiten Durchgang fangen sich die Uerdinger und düpieren den Gast aus Sachsen.
"Jetzt setzt sich ein Mann davon, das ist Schäfer mit Riesensätzen, er wird immer schneller, Dixie Dörner kommt nicht heran, Ramme geht aus dem Tor heraus, er schießt ihn an, und das ist die Entscheidung!"
Am Ende heißt es Bayer Uerdingen sieben, Dynamo Dresden drei. Selten hat sich ein Spiel so gedreht. Das beste also der "100 besten Spiele aller Zeiten" - meint der Autor.
"Wir hätten sicherlich 400, 500 Spiele würdigen können als herausragende, packende, dramatische Ereignisse und Spiele. Insofern ist unsere Auswahl, da zu sagen, das sind jetzt die 100 besten Spiele aller Zeiten, relativ subjektiv."
Welches Spiel letztlich wo steht, diese Entscheidung sei, was die hinteren Plätze angehe, wie bei einem Würfelspiel gefallen. Bei den vorderen Plätzen aber, sagt Köster, habe er sich auch auf das Urteil anderer gestützt.
"Es ist tatsächlich so, dass wir aus unseren Expertenmeinungen, aus unseren Interviews, Spielern, Trainern, Fans, Journalisten schon eine gewisse Punktetabelle hatten."#
Und daraus habe sich dann eindeutig ergeben, welche Spiele unter die ersten zehn gehörten. Manche sind erwartbar, etwa das WM-Finale England - Deutschland 1964 mit dem längst in allen Fußball-Annalen vermerkten Wembley-Tor. Oder jenes Spiel zwischen Schalke und Bayern München im DFB-Pokal-Halbfinale 1984, bei dem sich ein damals 18-Jähriger mit drei Toren hervortat: Olaf Thon.
"Stimmt das eigentlich, dass Sie den FC Bayern zu Ihrer Lieblingsmannschaft auserkoren haben, und dass Sie in Bayern-Bettwäsche schlafen?"
"Ja, es stimmt schon. Bayern war von früher an mein Lieblingsverein. Aber jetzt spiele ich in Schalke und schieß' da meine Tore."
"Wie erklären Sie sich Ihre Kopfballtore, obwohl Sie nur 1,60 Meter groß sind?"
" 1,70!"
"Oh, 1,70!"
So der Ausschnitt aus einem Interview nach dem Spiel im ZDF. Die Anekdote mit der Bettdecke, auch sie wird im "100-Besten-Buch" geschildert. Für viele Spiele notieren die Autoren das Drumherum, die Dramatik und das Packende lebendig und mit Hingabe zum Detail. Das funktioniert fast immer, es sei denn, die Quellenlage ist dürftig. Etwas trockener fallen folglich die Anmerkungen zu Spielen aus, nach denen in der Geschichte lange gegraben wurde. Sommer 1912 zum Beispiel, bei den Olympischen Spielen in Stockholm. Das Deutschland des Kaiserreichs tritt an gegen das Russland des Zaren. Der Endstand ist bis heute Olympischer Rekord. 16 zu null - für die kaiserliche Truppe:
"Natürlich hat man da keine Zeitzeugen; man muss sich auf Lexika, auf alte Sportbände verlassen. Wir haben Gott sei Dank bei uns in der Redaktion, ganze riesige Archive, die uns Privatleute überlassen haben. Mit alten Sportmagazinen, Fußballmagazinen. Von daher war's natürlich viel Zusammengestoppel von Informationen; Gott sei Dank haben in der Vergangenheit manche der Journalisten Fußballgeschichte geschrieben, sodass man da auch noch mal nachschlagen konnte, aber das ist sicherlich einfacher, wenn's darum geht, dass man beispielsweise das Spiel Deutschland Türkei 2008 bei der EM referieren soll als so ein Spiel von 1912."
Das Halbfinalspiel Deutschland-Türkei vor drei Jahren, als das Siegtor erst in der 90. Minute fiel.
"Philipp Lahm angespielt, auf der linken Seite. Da hat er die Chance, nach vorn zu spielen, wird wieder angespielt. Hitzlsberger wird wieder angespielt im Strafraum. Philipp Lahm schießt - Tor! - Philipp Lahm - Tor, Tor ... der kleine Münchner ... "
Im Buch wird diese Begegnung auf Platz 100 verbucht. Diese und alle anderen Partien präsentieren die Autoren auf je zwei Seiten in übersichtlicher Optik, mit Foto sowie den wichtigsten enzyklopädischen Daten: Turnier, Tore, Aufstellung, Ort und Zuschauerzahl. Die Zusammenstellung auf 216 Seiten weist drei Auffälligkeiten auf: Erstens haben die Autoren auch eine Reihe von Spielen des DDR-Fußballs berücksichtigt, was sich in anderen Chroniken nicht von selbst versteht. Zweitens hat die Zusammenstellung ein Übergewicht zugunsten von Spielen, die bei internationalen Wettbewerben stattfanden. Kein Wunder, schließlich benötigen Legenden ein Stück Fallhöhe, und die gibt es vor allem bei Turnieren.
""Zum anderen ist es aber auch so, dass wir jenseits der Bundesliga auch nicht so wahnsinnig viele Kenntnisse hatten, was sich da zum Beispiel in Schweden, in Finnland, in Dänemark noch an Kuriosem getan hat. Insofern ist es wahrscheinlich eine Recherchelücke und andererseits wahrscheinlich für den deutschen Leser gar nicht so schlecht, dass er nicht zu sehr belästigt wird mit der zweiten finnischen Liga."
Nach der Arbeit am Buch steht für Köster fest:
"Ich glaube, der Fußball war nie attraktiver als in den 60er und 70er Jahren. Als er so den Kinderschuhen entschlüpft war, als man gemerkt hat, wie viel man durch eine gute Taktik erreichen kann. Wo allerdings noch genügend Platz war links und rechts der Mittellinie, um zu kombinieren. Das Spiel war sicherlich noch nicht so schnell, so intensiv wie heute."
"Aus! Aus! Aus!"
Bleibt noch eine Frage:
"Das Spiel ist aus!"
Wo steht das Spiel von Bern?
"Deutschland ist Weltmeister!"
Köster und Jürgens haben die Weltmeister von 1954 auf Platz zwei gesetzt.