Frahm: Der Plural ist natürlich ganz bewusst gewählt worden, eben genau, um zu vermeiden, dass man nach diesem berühmten 11. September 2001 nur vom islamischen Fundamentalismus spricht. Es geht ja im Grunde darum, dass in diesem Prozess der Globalisierung das Problem, dass die Religionen sich nicht mehr ausweichen können. Sie begegnen sich in dieser Vernetzung der Welt unausweichlich. Das heißt also, man hat jetzt das Problem im Zuge der Gleichzeitig-Globalisierung und dann der lokalen Anhäufung bestimmter Religionsgruppen, in denen vorher eben nur Christen gelebt haben, zum Beispiel wie eben in Duisburg, dass man sehr verwirrt ist, weil man die Sachen plötzlich von sehr, sehr vielen Seiten betrachten muss. Und dieser Kongress hier in Sofia hat gezeigt, also wie schwierig das selbst für Fachleute ist, hier einen gangbaren Weg zu finden, wie man hier vorgehen soll.
Noltze: Das Eröffnungsreferat kam von dem katholischen Theologen Hans Küng, der die Idee eines Weltethos aufrichtete. Was meint das?
Frahm: Also, Hans Küng plädiert ganz einfach dafür, etwas zu trennen, und zwar Ethik und Religion. Und er sagt, das Problem der Verständigung besteht gar nicht in den ethischen Grundsätzen. Die allgemeinen menschlichen ethischen Grundsätze seien im Grunde überall dieselben. Nur der Zugang, den die einzelnen Religionen wählen, die Begründungszusammenhänge, in die sie das stellen, sind unterschiedlich.
Noltze: Aber Herr Frahm, kann es so etwas wie religiöse Toleranz, Toleranz in religiösen Fragen geben? Wir erinnern uns an diese Grundsatzdiskussion in der katholischen Kirche. Also, wenn ich eine Glaubensüberzeugung habe, dann kann ich doch schwerlich den Standpunkt einnehmen, also ich glaube zwar dies, es könnte aber auch anders sein. Also, das schließt doch eigentlich so eine Toleranzposition beinahe aus?
Frahm: Richtig, ich komme gerade aus der Diskussion, die im Moment auch noch läuft. Da hat ein Vertreter der orthodoxen Religion, nämlich der Herr Janakiev hier aus Sofia, hat schlicht und einfach genau das gesagt. Er hat gesagt, wir können die Offenbarung in den einzelnen Religionen nicht relativieren. Da mag die aufgeklärte Fraktion sogar, sagen wir einmal eine jüdische Theologin wie die Frau Goodman-Thau, die Rabbinerin von Wien, mag da noch so sehr sagen, ja, wir sind doch alle Gottsucher, wir sind alle auf dem Weg. Das heißt, keiner kann die Wahrheit für sich beanspruchen. Sagt Herr Janakiev, nein, nein, so ist das gar nicht. Gott hat doch gesagt, er ist Alpha und Omega, das heißt, er steht nicht nur am Ende einer Eschatologie, eines Gottsucherprozesses, sondern die Offenbarung ist immer schon da. Und er sagt, das kommt dann zu einer Scheinlösung und nivelliert die Religion. Keiner der Beteiligten am Kongress würde die Religion nivellieren, auch nicht der Herr Küng, aber ich merkte, wie der Herr Janakiev, als der seine Statements abgab, es entgleisten auf dem Podium sämtlichen Leuten die Züge. Und da merkte man doch, wie zumindest alle, die irgendwie im Westen sind, ausgesprochen von der Aufklärung geprägt sind. Das heißt, die Aufklärung hat ja im Grunde zu einer Sekularisierung geführt, zu einer Art Vernunftreligion.
Noltze: Ja eben, was eine Bewegung von der Religion weg ist. Wie kriege ich die Toleranz da jetzt wieder hinein?
Frahm: Da hat die Frau Goodman-Thau einen guten Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt, das Problem, das die Aufklärung geschaffen hat, sie wollte so zusagend eine Aufklärung von den Religionen. Sie sagt aber, was wir brauchen, ist eine Aufklärung in den Religionen. Der Herr Küng hatte das als Motiv, dass er dann 1995 eine Stiftung gegründet hat. Wir bekommen auf der Welt keinen Frieden, wenn wir keinen Frieden in den Religionen bekommen. Wir müssen ethische Grundsätze haben. Glaubt, was ihr wollt, aber wir müssen ein Miteinander finden.
Noltze: Herr Frahm, hat es einen besonderen Sinn, dass wir jetzt telefonieren nach Bulgarien? Also, hat das Thema der Tagung etwas zu tun mit dem Standort Bulgarien? Es ist ja ein Ort mit überwiegend orthodoxer Bevölkerung.
Frahm: Sofia steht natürlich stellvertretende für alle orthodoxen Länder, in denen ganz einfach überhaupt wieder eine Orientierung gefunden werden muss. Und was jetzt auf dieser Tagung sichtbar wird, das ist praktisch, man möchte fast sagen, subkutan, unter der Haut der Gesellschaft, diese orthodoxe Welt weiter bestanden hat in so einer Art privatem Rückzugsglauben und das bricht jetzt ziemlich elementar aus. Wichtig ist, dass hier durch solche Foren im slawisch-orthodoxen Raum überhaupt erst etwas so wie eine Diskussion in Gang kommt. Insofern, es ist eminent wichtig, dass das hier stattfindet.
Noltze: Das Eröffnungsreferat kam von dem katholischen Theologen Hans Küng, der die Idee eines Weltethos aufrichtete. Was meint das?
Frahm: Also, Hans Küng plädiert ganz einfach dafür, etwas zu trennen, und zwar Ethik und Religion. Und er sagt, das Problem der Verständigung besteht gar nicht in den ethischen Grundsätzen. Die allgemeinen menschlichen ethischen Grundsätze seien im Grunde überall dieselben. Nur der Zugang, den die einzelnen Religionen wählen, die Begründungszusammenhänge, in die sie das stellen, sind unterschiedlich.
Noltze: Aber Herr Frahm, kann es so etwas wie religiöse Toleranz, Toleranz in religiösen Fragen geben? Wir erinnern uns an diese Grundsatzdiskussion in der katholischen Kirche. Also, wenn ich eine Glaubensüberzeugung habe, dann kann ich doch schwerlich den Standpunkt einnehmen, also ich glaube zwar dies, es könnte aber auch anders sein. Also, das schließt doch eigentlich so eine Toleranzposition beinahe aus?
Frahm: Richtig, ich komme gerade aus der Diskussion, die im Moment auch noch läuft. Da hat ein Vertreter der orthodoxen Religion, nämlich der Herr Janakiev hier aus Sofia, hat schlicht und einfach genau das gesagt. Er hat gesagt, wir können die Offenbarung in den einzelnen Religionen nicht relativieren. Da mag die aufgeklärte Fraktion sogar, sagen wir einmal eine jüdische Theologin wie die Frau Goodman-Thau, die Rabbinerin von Wien, mag da noch so sehr sagen, ja, wir sind doch alle Gottsucher, wir sind alle auf dem Weg. Das heißt, keiner kann die Wahrheit für sich beanspruchen. Sagt Herr Janakiev, nein, nein, so ist das gar nicht. Gott hat doch gesagt, er ist Alpha und Omega, das heißt, er steht nicht nur am Ende einer Eschatologie, eines Gottsucherprozesses, sondern die Offenbarung ist immer schon da. Und er sagt, das kommt dann zu einer Scheinlösung und nivelliert die Religion. Keiner der Beteiligten am Kongress würde die Religion nivellieren, auch nicht der Herr Küng, aber ich merkte, wie der Herr Janakiev, als der seine Statements abgab, es entgleisten auf dem Podium sämtlichen Leuten die Züge. Und da merkte man doch, wie zumindest alle, die irgendwie im Westen sind, ausgesprochen von der Aufklärung geprägt sind. Das heißt, die Aufklärung hat ja im Grunde zu einer Sekularisierung geführt, zu einer Art Vernunftreligion.
Noltze: Ja eben, was eine Bewegung von der Religion weg ist. Wie kriege ich die Toleranz da jetzt wieder hinein?
Frahm: Da hat die Frau Goodman-Thau einen guten Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt, das Problem, das die Aufklärung geschaffen hat, sie wollte so zusagend eine Aufklärung von den Religionen. Sie sagt aber, was wir brauchen, ist eine Aufklärung in den Religionen. Der Herr Küng hatte das als Motiv, dass er dann 1995 eine Stiftung gegründet hat. Wir bekommen auf der Welt keinen Frieden, wenn wir keinen Frieden in den Religionen bekommen. Wir müssen ethische Grundsätze haben. Glaubt, was ihr wollt, aber wir müssen ein Miteinander finden.
Noltze: Herr Frahm, hat es einen besonderen Sinn, dass wir jetzt telefonieren nach Bulgarien? Also, hat das Thema der Tagung etwas zu tun mit dem Standort Bulgarien? Es ist ja ein Ort mit überwiegend orthodoxer Bevölkerung.
Frahm: Sofia steht natürlich stellvertretende für alle orthodoxen Länder, in denen ganz einfach überhaupt wieder eine Orientierung gefunden werden muss. Und was jetzt auf dieser Tagung sichtbar wird, das ist praktisch, man möchte fast sagen, subkutan, unter der Haut der Gesellschaft, diese orthodoxe Welt weiter bestanden hat in so einer Art privatem Rückzugsglauben und das bricht jetzt ziemlich elementar aus. Wichtig ist, dass hier durch solche Foren im slawisch-orthodoxen Raum überhaupt erst etwas so wie eine Diskussion in Gang kommt. Insofern, es ist eminent wichtig, dass das hier stattfindet.