Von der starken Weltkonjunktur der letzten Jahre haben die deutschen Nordseehäfen überdurchschnittlich profitiert. Sie blicken auf ein rasantes Wachstum zurück. Selbst im ersten Halbjahr 2001 legten die bremischen Häfen und Hamburg kräftig zu - und das obwohl die Wirtschaft weltweit bereits lahmte. Motor für dieses Wachstum ist der Containerverkehr. Die Umschlagbetriebe in Hamburg und Bremerhaven konnten fast zwölf Prozent mehr der standardisierten Blechkisten verladen als im ersten Halbjahr 2000. Damit wuchsen sie deutlich stärker als ihre Hauptkonkurrenten in Rotterdam und Antwerpen.
Experten gehen davon aus, dass dieser Trend im Grundsatz in den nächsten Jahren anhält. Weltweit rechnen sie mit einer Verdoppelung in zehn Jahren. Für den Nordseeraum erwartet Manfred Zachcial vom Institut für Seeverkehrswirtschaft in Bremen einen Zuwachs um fast 80 Prozent bis 2010. Die Gründe:
Insbesondere die Aufholjagd der mittel- und osteuropäischen Länder - ich denke hier an Polen, an Ungarn, Tschechien, aber ich denke auch mittel- und langfristig an Russland. Wenn dieser Riese erwacht, wird es ein unglaubliches Wirtschaftswachstum dort geben und damit auch einen Außenhandel, der notwendigerweise über die Nordrange-Häfen abgewickelt werden muss.
Zu diesen europäischen Nordrange-Häfen gehören neben dem Marktführer Rotterdam und dem belgischen Antwerpen auch die deutschen Container-Umschlagszentren in Bremerhaven und Hamburg. Hamburg ist dabei die deutlich größere Schwester. Im vergangenen Jahr passierten 4,3 Millionen Container den Hafen der Elbmetropole, in Bremerhaven waren es gut 2,7 Millionen.
Vor allem Hamburg hat von der Öffnung seines nach dem Zweiten Weltkrieg verlorenen Hinterlandes profitiert, betont der langjährige Chef des Marketing-Vereins "Hafen Hamburg", Hans Ludwig Beth.
Wir haben nach wie vor eine gute Perspektive in diesem Hinterland, weil wir Distanzvorteile gegenüber den mehr westlich gelegenen Wettbewerbern haben, also ein gewisser Kostenvorteil eintritt.
Die Distanzvorteile ergeben sich aus dem kürzeren Landweg. Transporte auf Schiene und Straße sind teurer als auf See. Weitere Impulse verspricht sich Beth von der Osterweiterung der Europäischen Union.
Der moderne Hafen ist zuerst ein Containerhafen. Rund 90 Prozent der Waren erreichen oder verlassen die großen Häfen in den vor 35 Jahren eingeführten Stahlkisten. Europäischer Marktführer beim Umschlag von Containern ist "Eurogate", eine Tochter des Hamburger Familienunternehmens Eurokai und der staatlichen Bremer Lagerhaus-Gesellschaft. Emanuel Schiffer ist einer der beiden Vorstandsvorsitzenden von "Eurogate":
Die wesentliche Anforderung ist heute, dass man Container-Schiffe möglichst schnell abfertigen kann. Und danach richtet sich auch die gesamte landseitige Organisation des Hafens. Das fängt vorne an, an der Kaje mit den Container-Brücken. Container-Brücken von vor 20 Jahren und heute sind grundsätzlich anders. Sie werden elektronisch gesteuert. Sie sind zwar immer noch aus Stahl und Eisen, haben aber ein Innenleben aus Technik, aus Elektronik, um möglichst schnell den Container an Land zu bekommen. Und genauso geht es weiter: Alle Transportmittel sind heute mit GPS ausgerüstet, mit dem Global Positioning System. Alle Funktionen im Hafen werden heute über Prozess-Computer gesteuert. Letztlich werden die Menschen weiter die Geräte fahren, aber es sieht so aus, dass die Abläufe weitgehend 'automatisiert' sind.
Eine Herausforderung für die Überseehäfen sind auch die immer größeren Schiffe. Galten bisher Frachter mit 5000 Container-Stellplätzen schon als groß, so stellen die Reedereien jetzt schon Schiffe mit 7500 Plätzen in Dienst, darunter auch die Hamburger Hapag-Lloyd. Schon ist von 9000 oder gar 12.000 Standard-Containern pro Schiff die Rede. Darauf müssen sich auch Hamburg und Bremerhaven vorbereiten, erklärt "Eurogate"-Chef Schiffer.
Die eine Komponente ist, dass durch die größeren Schiffe mehr Menge pro Anlauf eines Hafens umgeschlagen wird. Und da das Schiff nicht länger liegen soll, wird also noch mal eine Beschleunigung des Umschlags stattfinden müssen. Der zweite Teil ist eine rein physische Komponente, der sich bezieht auf Tiefgang, Länge, Breite, Höhe. Das heißt, wir müssen uns darauf präparieren, dass wir Schiffe mit größeren Tiefgängen abfertigen können, Schiffe, die heute länger sind - die längsten Schiffe, die heute unsere Kajen anlaufen, sind 347 Meter lang, was vor langer Zeit noch undenkbar gewesen ist.
Mit dem Zusammenschluss ihrer Container-Geschäfte haben die Bremer BLG und die Hamburger Eurokai auf die Firmen-Allianzen unter den großen Reedereien reagiert. Und sie zeigen, dass die Erzrivalen Hamburg und Bremen auch zusammenarbeiten können.
Das Familienunternehmen Eurokai ist damit dem großen Hamburger Platzhirschen, der staatlichen Hamburger Hafen- und Lagerhaus-AG, kurz HHLA, zuvorgekommen. In den letzten Jahren war immer wieder über einen Zusammenschluss der staatlichen Hafenbetreiber in Hamburg und Bremen spekuliert worden. HHLA-Chef Peter Dietrich ist gar nicht so unglücklich darüber, dass diese Spekulationen nun einen Dämpfer erhalten haben.
Der Wettbewerb zwischen den beiden großen deutschen Container-Umschlagsbetrieben hat sicher dazu beigetragen, dass wir beide die höchsten Wachstumsraten in Europa haben. Das ist gut für die Verbraucher, das ist gut für unsere Standorte, das ist gut für die Kunden des Hafens, für die Reeder. Man muss also nicht immer traurig sein wenn es ein bisschen Wettbewerb gibt.
Dietrich bezweifelt außerdem, dass die Kartellbehörden einer Fusion der beiden Marktführer in Deutschland zugestimmt hätten. Die HHLA könne die Herausforderungen durchaus allein bewältigen, ist Dietrich überzeugt. Innerhalb von zehn Jahren rechnet er für Hamburg mit einem Wachstum des Containerverkehrs um bis zu 100 Prozent.
Das setzt voraus, dass wir erheblich investieren, zunächst mal innerhalb des jetzigen Hafengebietes, das heißt Wachstum nach innen. Wir sind im Grunde genommen dabei, den ganzen Hafen umzubauen.
Dazu kommt die Expansion über das bisherige Hafengebiet hinaus. Derzeit baut die HHLA für 1,3 Milliarden Mark auf dem Gelände des früheren Fischerdorfes Altenwerder den ersten vollautomatischen Container-Terminal Deutschlands. Ab 2003 können die Hamburger hier zwei Millionen Stahlkisten im Jahr zusätzlich bearbeiten. Mit einem riesigen Güterverteilzentrum steht Altenwerder auch für die möglichst enge Verzahnung mit dem Hinterlandverkehr. Der wird immer mehr zur Achillesferse der Häfen, denn was über die Kaimauer hereinkommt, muss danach zumeist noch Hunderte Kilometer auf dem Landweg zurücklegen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Bahn zu, so HHLA-Vorstands-Chef Peter Dietrich.
Das was die Bahn kann, ist, große Mengen gebündelt über lange Strecken zu transportieren. Der größte Bündelungspunkt in der deutschen Volkswirtschaft ist der Hamburger Hafen. Über zehn Prozent des Schienengüterverkehrs in Deutschland hat Quelle oder Ziel im Hamburger Hafen.
Neue Straßen können dagegen angesichts der zu bewältigenden Transportmengen nur begrenzt Entlastung bringen. Auch die Bremer setzen auf die Bahn. Beide großen Hansestädte werben Hand in Hand um die Aufnahme der von ihnen gewünschten Projekte in den Bundesverkehrswegeplan. Dies betrifft vor allem den Ausbau der Strecken nach Süden und Osten.
Als Vorreiter sieht sich Bremen bei der Privatisierung der Häfen. Die große Koalition aus SPD und CDU will alle nicht-hoheitlichen Aufgaben privatwirtschaftlich organisieren. Wirtschafts- und Häfensenator Josef Hattig (CDU) will die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, die sich jetzt BLG Logistics nennt, mittelfristig an die Börse bringen. Und das Bremer Hafenamt ist seit dem Frühjahr als "BremenPorts Management" eine GmbH und Co. KG. Senator Hattig erhofft sich von der Privatisierung mehr Unabhängigkeit von der Politik.
Häfen sind heute ein wichtiger, aber nur ein Teil der gesamten Logistik-Kette. Und den beantworte ich nicht, wenn ich vor jeden Hafen schreibe: Hier ist Hamburg oder Bremen, und ab sofort achten Sie bitte darauf, welche Politik und welche Koalition hier regiert. Entscheidend ist, dass jemand, der in Pittsburgh sitzt und seine Ware nach Frankfurt bringen will, weiß: In Bremerhaven habe ich eine exzellente Umschlagstelle, die nicht stört, sondern fördert.
Mehr Effizienz, weniger Kosten - auch für die Stadt, das verbindet Hattig mit seinen Plänen. Mit großem Interesse beobachten das nun seine CDU-Parteikollegen in Hamburg, die gerade dabei sind, nach 44 Jahren erstmals wieder eine christdemokratisch geführte Regierung zu bilden. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Hamburger CDU, Karlheinz Ehlers, möchte ein Wahlkampfversprechen umsetzen und die HHLA privatisieren.
Die HHLA ist eines der Projekte, dass wir nicht nur aus Gründen, die Finanzsituation der Stadt zu entspannen, in Angriff nehmen würden, sondern auch um dem etwas verschlafenen Staatsbetrieb auf die Sprünge zu helfen. Aus beiden Gründen halten wir die Privatisierung der HHLA für wichtig, ob zu 100 Prozent oder zu welchen Anteilen, ist noch nicht völlig klar. Darüber wird man auch in der Koalition reden müssen.
HHLA-Chef Peter Dietrich sieht diesem Vorhaben gelassen entgegen. Er setzt auf die vorbehaltlose Prüfung der Vor- und Nachteile. Protest kommt dagegen von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Der für die Seehäfen zuständige Geschäftsführer Uwe Schröder kündigt Widerstand an.
Meiner Meinung nach ist das kurzsichtig von der neuen Regierung, daran zu denken, die HHLA zu verkaufen oder Töchter davon, denn über die Hamburger Hafen-Lagerhaus macht man natürlich auch Hafenpolitik. Und was man mit Hafenpolitik erreichen kann, haben wir in den letzten Jahren gesehen. Also das sollte sich der neue Senat gut überlegen, wie er dort ran geht, ob er ein Instrument aus der Hand gibt, wo er Einfluss auf die norddeutsche Hafenpolitik nehmen kann.
Schröder fürchtet den Verlust weiterer Arbeitsplätze. Aus Gewerkschaftssicht hat der Modernisierungsschub in den Häfen zwar einerseits die Umschlagszahlen wachsen lassen:
Auf der anderen Seite müssen wir aber feststellen, dass durch die zunehmende Technisierung Arbeitsplätze insgesamt abgebaut werden. Wir haben zurzeit in Hamburg an Hafenarbeitern, die direkt im Umschlag beschäftigt sind, knapp unter 5000. Das sahe vor etlichen Jahren noch ganz anders aus. Als ich 1978 hier damals bei der ÖTV angefangen bin, hatten wir noch fast waren 11.000 Hafenarbeiter, die direkt am Umschlag beteiligt waren.
Die Gewerkschaft stellt auch fest, dass die schnell wachsenden Containerbetriebe neue Arbeitskräfte einstellen, allerdings weit weniger als anderswo verloren gegangen sind. Der anstehende Regierungswechsel in Hamburg könnte nicht nur die Diskussion über die Privatisierung des Hafens beleben. Der Hamburger CDU-Wirtschaftspolitiker Ehlers möchte auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Bremen intensivieren.
Es kann nicht angehen, dass in einem weltweiten Hafennetz innerhalb von 100km in Deutschland ein Wettbewerb resultiert aus dem Mittelalter zu Lasten beider Beteiligter und zugunsten aller anderen, die sich über so etwas halb totlachen.
Im Moment lachen jedoch eher die Partner Hamburgs in Bremen und Hannover, und zwar über die Wünsche von Ehlers und des CDU-Bürgermeisterkandidaten Ole von Beust. Die haben im Wahlkampf versprochen, die Entscheidung über den Standort eines deutschen Tiefwasserhafens neu aufzurollen. Hamburgs bisheriger SPD-Bürgermeister Ortwin Runde hatte sich im Frühjahr seinen Kollegen und Parteifreunden Henning Scherf und Sigmar Gabriel gebeugt und Wilhelmshaven anstelle von Cuxhaven akzeptiert. Als der Hamburger CDU-Mann Ehlers nun nach der Wahl die Einlösung des Versprechens ankündigte, pfiff ihn sein Fraktionschef von Beust erst mal zurück. Nun klingt Ehlers deutlich zahmer.
Wir werden die Gespräche - einseitig aufkündigen ist natürlich Quatsch - wieder aufnehmen mit der Fragestellung - und die Unterlagen haben wir als Opposition ja bisher nicht gehabt: Ist das Agreement für Wilhelmshaven wirklich richtig oder hätte es nicht - prima vista ist das für uns der Fall gewesen - im hamburgischen Interesse nach Cuxhaven gehört?
Ehlers' Parteifreund, der Bremer Wirtschaftssenator Hattig, ist trotzdem zuversichtlich, dass Hamburg sich am Ende an Wilhemshaven beteiligen wird.
Wenn Hamburg aus Gründen, die ich nicht sehe und die ich auch nicht erwarte, rein theoretisch betrachtet sich doch entscheiden sollte, nicht mitzumachen, dann bleibt es eben eine Herausforderung für Niedersachsen und Bremen.
Unterdessen pflegt auch der Hamburger HHLA-Chef Dietrich einen eher nüchternen Blick auf das Projekt Tiefwasserhafen. Er ist überzeugt davon, in Hamburg noch genügend Flächenvorräte zu haben, um langfristig expandieren zu können. In Bremerhaven dagegen ist 2010 Schluss, glaubt Wirtschaftssenator Hattig.
Die Schiffe werden größer. Ob das heißt, dass sie nicht nur breiter und länger, sondern auch tiefer werden, ist eine offene Frage. Aber ich sage: Wenn ich weiß, dass sie tiefer werden können, mache ich eine Fehlinvestition, wenn ich so tue als würden sie nicht tiefer. Also brauchen wir 18 Meter Wassertiefe. Das ist in Cuxhaven problematischer als in Wilhelmshaven. In Cuxhaven kommt noch hinzu, dass wir dort nur 10 - 12 Liegeplätze erreichen können, in Wilhelmshaven sind es 24.
Diese Ausbaumöglichkeiten haben die Gutachter zu dem Schluss gebracht, dass ein Tiefwasserhafen an der Jade langfristig wirtschaftlicher ist als an der Elbmündung. Für Niedersachsen waren außerdem regionalpolitische Argumente wichtig. Die Region Wilhelmshaven gilt als strukturschwach, hat beispielsweise mit derzeit über zehn Prozent eine weit höhere Arbeitslosenquote als Cuxhaven. Als sie ihre Entscheidung Ende März vorstellten, betonten die Regierungschefs aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen, dass am Ende das Engagement der Wirtschaft über den neuen Hafen entscheiden werde. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel:
Wir gehen weg von der vollständige Finanzierung der Hafen-Infrastruktur durch die öffentliche Hand. Wir wollen zu mindestens 50 Prozent eine privatwirtschaftliche Investition haben in die Infrastruktur, weil nur dann, wenn wir private Wirtschaft interessieren Können, wird das der Prüfstein sein dafür, ob jemand bereit ist, sein Geld zu investieren in den Standort Wilhelmshaven.
Möglicherweise ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Unter der Hand gestehen auch Befürworter des Projektes ein, dass man der Wirtschaft mit einem so hohen Anteil an den Kosten für die Kaianlagen wohl zuviel zumute.
Als Investoren kommen vor allem die beiden großen deutschen Hafenbetreiber Eurogate und HHLA in Frage. Eurogate ist ohnehin mit im Boot und offiziell steht auch HHLA-Chef Dietrich zur versprochenen Beteiligung am Tiefwasserhafen. Und das, obwohl er die Voraussagen über deutlich tiefer gehende Schiffe nicht teilt. Auch der Schifffahrtsexperte Manfred Zachcial glaubt, dass es nur sehr wenige Riesen-Frachter geben werde. Er hält einen Tiefwasserhafen als Ergänzung zu Hamburg und Bremerhaven trotzdem für sinnvoll.
Ich denke auch, dass wir einen Tiefwasserhafen konstruieren sollten - wo auch immer, auch um ein Gegengewicht zu weiteren Entwicklungen in Rotterdam zu haben. Man sollte nur Schritt für Schritt vorgehen, man sollte das nicht übertreiben, man sollte sehr sorgfältige Marktstudien machen.
Eine solche Vorsicht könnte eher denen Recht geben, die meinen, ein kleinerer und billigerer Tiefwasserhafen in Cuxhaven könnte durchaus reichen. Die Cuxhavener selbst wollen jedenfalls vor den bisher getroffenen Entscheidungen nicht kapitulieren und ihre Planungen weiter betreiben.
Einig sind sich die politischen Entscheidungsträger in beiden großen Hansestädten in der Forderung nach einer weiteren Fahrrinnenvertiefung von Elbe und Weser. Nicht nur deswegen wird Umweltschützern schwindelig angesichts der Hafenentwicklung an der Nordseeküste. Nadja Ziebarth von der Aktionskonferenz Nordsee verweist auf die umstrittenen Prognosen über größere Schiffe. Und sie gibt zu bedenken, dass schon die jüngste Elbvertiefung Folgen gehabt habe, auch wenn ein Zusammenhang nur schwer nachzuweisen sei.
Was faktisch war, ist, dass es in diesem Sommer zu Fischsterben in der Elbe gekommen ist. Die Fische hatten zuwenig Sauerstoff. Jetzt ist die Frage: Woran liegt das genau? Aber eine Komponente ist auf jeden Fall die Elbvertiefung. Es folgen Verschlickung, Sauerstoffmangel, die Strömungsgeschwindigkeit erhöht sich. Das ist problematisch für die Fischpopulation. Dazu kommt natürlich dann noch die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs, das war ein Bereich, wo die Fische hin ausweichen konnten und sie ein halbwegs intaktes Ökosystem hatten.
Tiefere Fahrrinnen würden auch die Ufer gefährden, warnt Ziebarth. Es habe schon Risse an Häusern gegeben. Die zuständigen Behörden sehen dagegen keinerlei Hinweise auf Probleme.
Einen Tiefwasserhafen halten die Umweltschützer grundsätzlich für bedenklich. Selbst die von den Bundesländern beauftragte Gutachterfirma Roland Berger bezeichnet die Eingriffe in die Natur als erheblich. Nadja Ziebarth von der Aktionskonferenz Nordsee zum Standort Wilhelmshaven:
Dieser Hafen ist sehr nah am Nationalpark dran. Wenn da in irgendeiner Form Schadstoffe, Abfälle im Hafenbereich in das Wasser kommen, sind sie ruckzuck auch im Nationalpark. Zweitens haben wir große Befürchtungen für die Schiffssicherheit. Das sind große Schiffe, die ganz anders reagieren bei Wind, bei Maschinenausfall usw.. Da muss auf jeden Fall noch mal nachgebessert werden. Unsere Befürchtung ist auch, dass es Nachfolgeprojekte geben wird. Es gibt jetzt schon Pläne, dass der Weitertransport der Container über Wasser, über Kanäle oder ähnliches zur Weser geht.
Die Umweltschützer glauben im Gegensatz zu vielen Politikern nicht, dass sich Ökonomie und Ökologie immer miteinander vereinbaren lassen. Nadja Ziebarth fordert deshalb weniger Wettbewerb und mehr Absprache beim Hafenausbau in Norddeutschland. Gerade das Projekt Wilhelmshaven zeigt, dass eine Zusammenarbeit von Bremen und Hamburg keineswegs ein Garant dafür ist, dass die Hafenplaner kleinere Brötchen backen. Eine Hoffnung aber bleibt den Skeptikern: Alle Prognosen und Pläne müssen sich irgendwann der Realität stellen. Die deutsche Nordseeküste hat schon viele Großprojekte kommen und gehen sehen, die sich am Ende als Traumschlösser entpuppten.
Experten gehen davon aus, dass dieser Trend im Grundsatz in den nächsten Jahren anhält. Weltweit rechnen sie mit einer Verdoppelung in zehn Jahren. Für den Nordseeraum erwartet Manfred Zachcial vom Institut für Seeverkehrswirtschaft in Bremen einen Zuwachs um fast 80 Prozent bis 2010. Die Gründe:
Insbesondere die Aufholjagd der mittel- und osteuropäischen Länder - ich denke hier an Polen, an Ungarn, Tschechien, aber ich denke auch mittel- und langfristig an Russland. Wenn dieser Riese erwacht, wird es ein unglaubliches Wirtschaftswachstum dort geben und damit auch einen Außenhandel, der notwendigerweise über die Nordrange-Häfen abgewickelt werden muss.
Zu diesen europäischen Nordrange-Häfen gehören neben dem Marktführer Rotterdam und dem belgischen Antwerpen auch die deutschen Container-Umschlagszentren in Bremerhaven und Hamburg. Hamburg ist dabei die deutlich größere Schwester. Im vergangenen Jahr passierten 4,3 Millionen Container den Hafen der Elbmetropole, in Bremerhaven waren es gut 2,7 Millionen.
Vor allem Hamburg hat von der Öffnung seines nach dem Zweiten Weltkrieg verlorenen Hinterlandes profitiert, betont der langjährige Chef des Marketing-Vereins "Hafen Hamburg", Hans Ludwig Beth.
Wir haben nach wie vor eine gute Perspektive in diesem Hinterland, weil wir Distanzvorteile gegenüber den mehr westlich gelegenen Wettbewerbern haben, also ein gewisser Kostenvorteil eintritt.
Die Distanzvorteile ergeben sich aus dem kürzeren Landweg. Transporte auf Schiene und Straße sind teurer als auf See. Weitere Impulse verspricht sich Beth von der Osterweiterung der Europäischen Union.
Der moderne Hafen ist zuerst ein Containerhafen. Rund 90 Prozent der Waren erreichen oder verlassen die großen Häfen in den vor 35 Jahren eingeführten Stahlkisten. Europäischer Marktführer beim Umschlag von Containern ist "Eurogate", eine Tochter des Hamburger Familienunternehmens Eurokai und der staatlichen Bremer Lagerhaus-Gesellschaft. Emanuel Schiffer ist einer der beiden Vorstandsvorsitzenden von "Eurogate":
Die wesentliche Anforderung ist heute, dass man Container-Schiffe möglichst schnell abfertigen kann. Und danach richtet sich auch die gesamte landseitige Organisation des Hafens. Das fängt vorne an, an der Kaje mit den Container-Brücken. Container-Brücken von vor 20 Jahren und heute sind grundsätzlich anders. Sie werden elektronisch gesteuert. Sie sind zwar immer noch aus Stahl und Eisen, haben aber ein Innenleben aus Technik, aus Elektronik, um möglichst schnell den Container an Land zu bekommen. Und genauso geht es weiter: Alle Transportmittel sind heute mit GPS ausgerüstet, mit dem Global Positioning System. Alle Funktionen im Hafen werden heute über Prozess-Computer gesteuert. Letztlich werden die Menschen weiter die Geräte fahren, aber es sieht so aus, dass die Abläufe weitgehend 'automatisiert' sind.
Eine Herausforderung für die Überseehäfen sind auch die immer größeren Schiffe. Galten bisher Frachter mit 5000 Container-Stellplätzen schon als groß, so stellen die Reedereien jetzt schon Schiffe mit 7500 Plätzen in Dienst, darunter auch die Hamburger Hapag-Lloyd. Schon ist von 9000 oder gar 12.000 Standard-Containern pro Schiff die Rede. Darauf müssen sich auch Hamburg und Bremerhaven vorbereiten, erklärt "Eurogate"-Chef Schiffer.
Die eine Komponente ist, dass durch die größeren Schiffe mehr Menge pro Anlauf eines Hafens umgeschlagen wird. Und da das Schiff nicht länger liegen soll, wird also noch mal eine Beschleunigung des Umschlags stattfinden müssen. Der zweite Teil ist eine rein physische Komponente, der sich bezieht auf Tiefgang, Länge, Breite, Höhe. Das heißt, wir müssen uns darauf präparieren, dass wir Schiffe mit größeren Tiefgängen abfertigen können, Schiffe, die heute länger sind - die längsten Schiffe, die heute unsere Kajen anlaufen, sind 347 Meter lang, was vor langer Zeit noch undenkbar gewesen ist.
Mit dem Zusammenschluss ihrer Container-Geschäfte haben die Bremer BLG und die Hamburger Eurokai auf die Firmen-Allianzen unter den großen Reedereien reagiert. Und sie zeigen, dass die Erzrivalen Hamburg und Bremen auch zusammenarbeiten können.
Das Familienunternehmen Eurokai ist damit dem großen Hamburger Platzhirschen, der staatlichen Hamburger Hafen- und Lagerhaus-AG, kurz HHLA, zuvorgekommen. In den letzten Jahren war immer wieder über einen Zusammenschluss der staatlichen Hafenbetreiber in Hamburg und Bremen spekuliert worden. HHLA-Chef Peter Dietrich ist gar nicht so unglücklich darüber, dass diese Spekulationen nun einen Dämpfer erhalten haben.
Der Wettbewerb zwischen den beiden großen deutschen Container-Umschlagsbetrieben hat sicher dazu beigetragen, dass wir beide die höchsten Wachstumsraten in Europa haben. Das ist gut für die Verbraucher, das ist gut für unsere Standorte, das ist gut für die Kunden des Hafens, für die Reeder. Man muss also nicht immer traurig sein wenn es ein bisschen Wettbewerb gibt.
Dietrich bezweifelt außerdem, dass die Kartellbehörden einer Fusion der beiden Marktführer in Deutschland zugestimmt hätten. Die HHLA könne die Herausforderungen durchaus allein bewältigen, ist Dietrich überzeugt. Innerhalb von zehn Jahren rechnet er für Hamburg mit einem Wachstum des Containerverkehrs um bis zu 100 Prozent.
Das setzt voraus, dass wir erheblich investieren, zunächst mal innerhalb des jetzigen Hafengebietes, das heißt Wachstum nach innen. Wir sind im Grunde genommen dabei, den ganzen Hafen umzubauen.
Dazu kommt die Expansion über das bisherige Hafengebiet hinaus. Derzeit baut die HHLA für 1,3 Milliarden Mark auf dem Gelände des früheren Fischerdorfes Altenwerder den ersten vollautomatischen Container-Terminal Deutschlands. Ab 2003 können die Hamburger hier zwei Millionen Stahlkisten im Jahr zusätzlich bearbeiten. Mit einem riesigen Güterverteilzentrum steht Altenwerder auch für die möglichst enge Verzahnung mit dem Hinterlandverkehr. Der wird immer mehr zur Achillesferse der Häfen, denn was über die Kaimauer hereinkommt, muss danach zumeist noch Hunderte Kilometer auf dem Landweg zurücklegen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Bahn zu, so HHLA-Vorstands-Chef Peter Dietrich.
Das was die Bahn kann, ist, große Mengen gebündelt über lange Strecken zu transportieren. Der größte Bündelungspunkt in der deutschen Volkswirtschaft ist der Hamburger Hafen. Über zehn Prozent des Schienengüterverkehrs in Deutschland hat Quelle oder Ziel im Hamburger Hafen.
Neue Straßen können dagegen angesichts der zu bewältigenden Transportmengen nur begrenzt Entlastung bringen. Auch die Bremer setzen auf die Bahn. Beide großen Hansestädte werben Hand in Hand um die Aufnahme der von ihnen gewünschten Projekte in den Bundesverkehrswegeplan. Dies betrifft vor allem den Ausbau der Strecken nach Süden und Osten.
Als Vorreiter sieht sich Bremen bei der Privatisierung der Häfen. Die große Koalition aus SPD und CDU will alle nicht-hoheitlichen Aufgaben privatwirtschaftlich organisieren. Wirtschafts- und Häfensenator Josef Hattig (CDU) will die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, die sich jetzt BLG Logistics nennt, mittelfristig an die Börse bringen. Und das Bremer Hafenamt ist seit dem Frühjahr als "BremenPorts Management" eine GmbH und Co. KG. Senator Hattig erhofft sich von der Privatisierung mehr Unabhängigkeit von der Politik.
Häfen sind heute ein wichtiger, aber nur ein Teil der gesamten Logistik-Kette. Und den beantworte ich nicht, wenn ich vor jeden Hafen schreibe: Hier ist Hamburg oder Bremen, und ab sofort achten Sie bitte darauf, welche Politik und welche Koalition hier regiert. Entscheidend ist, dass jemand, der in Pittsburgh sitzt und seine Ware nach Frankfurt bringen will, weiß: In Bremerhaven habe ich eine exzellente Umschlagstelle, die nicht stört, sondern fördert.
Mehr Effizienz, weniger Kosten - auch für die Stadt, das verbindet Hattig mit seinen Plänen. Mit großem Interesse beobachten das nun seine CDU-Parteikollegen in Hamburg, die gerade dabei sind, nach 44 Jahren erstmals wieder eine christdemokratisch geführte Regierung zu bilden. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Hamburger CDU, Karlheinz Ehlers, möchte ein Wahlkampfversprechen umsetzen und die HHLA privatisieren.
Die HHLA ist eines der Projekte, dass wir nicht nur aus Gründen, die Finanzsituation der Stadt zu entspannen, in Angriff nehmen würden, sondern auch um dem etwas verschlafenen Staatsbetrieb auf die Sprünge zu helfen. Aus beiden Gründen halten wir die Privatisierung der HHLA für wichtig, ob zu 100 Prozent oder zu welchen Anteilen, ist noch nicht völlig klar. Darüber wird man auch in der Koalition reden müssen.
HHLA-Chef Peter Dietrich sieht diesem Vorhaben gelassen entgegen. Er setzt auf die vorbehaltlose Prüfung der Vor- und Nachteile. Protest kommt dagegen von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Der für die Seehäfen zuständige Geschäftsführer Uwe Schröder kündigt Widerstand an.
Meiner Meinung nach ist das kurzsichtig von der neuen Regierung, daran zu denken, die HHLA zu verkaufen oder Töchter davon, denn über die Hamburger Hafen-Lagerhaus macht man natürlich auch Hafenpolitik. Und was man mit Hafenpolitik erreichen kann, haben wir in den letzten Jahren gesehen. Also das sollte sich der neue Senat gut überlegen, wie er dort ran geht, ob er ein Instrument aus der Hand gibt, wo er Einfluss auf die norddeutsche Hafenpolitik nehmen kann.
Schröder fürchtet den Verlust weiterer Arbeitsplätze. Aus Gewerkschaftssicht hat der Modernisierungsschub in den Häfen zwar einerseits die Umschlagszahlen wachsen lassen:
Auf der anderen Seite müssen wir aber feststellen, dass durch die zunehmende Technisierung Arbeitsplätze insgesamt abgebaut werden. Wir haben zurzeit in Hamburg an Hafenarbeitern, die direkt im Umschlag beschäftigt sind, knapp unter 5000. Das sahe vor etlichen Jahren noch ganz anders aus. Als ich 1978 hier damals bei der ÖTV angefangen bin, hatten wir noch fast waren 11.000 Hafenarbeiter, die direkt am Umschlag beteiligt waren.
Die Gewerkschaft stellt auch fest, dass die schnell wachsenden Containerbetriebe neue Arbeitskräfte einstellen, allerdings weit weniger als anderswo verloren gegangen sind. Der anstehende Regierungswechsel in Hamburg könnte nicht nur die Diskussion über die Privatisierung des Hafens beleben. Der Hamburger CDU-Wirtschaftspolitiker Ehlers möchte auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Bremen intensivieren.
Es kann nicht angehen, dass in einem weltweiten Hafennetz innerhalb von 100km in Deutschland ein Wettbewerb resultiert aus dem Mittelalter zu Lasten beider Beteiligter und zugunsten aller anderen, die sich über so etwas halb totlachen.
Im Moment lachen jedoch eher die Partner Hamburgs in Bremen und Hannover, und zwar über die Wünsche von Ehlers und des CDU-Bürgermeisterkandidaten Ole von Beust. Die haben im Wahlkampf versprochen, die Entscheidung über den Standort eines deutschen Tiefwasserhafens neu aufzurollen. Hamburgs bisheriger SPD-Bürgermeister Ortwin Runde hatte sich im Frühjahr seinen Kollegen und Parteifreunden Henning Scherf und Sigmar Gabriel gebeugt und Wilhelmshaven anstelle von Cuxhaven akzeptiert. Als der Hamburger CDU-Mann Ehlers nun nach der Wahl die Einlösung des Versprechens ankündigte, pfiff ihn sein Fraktionschef von Beust erst mal zurück. Nun klingt Ehlers deutlich zahmer.
Wir werden die Gespräche - einseitig aufkündigen ist natürlich Quatsch - wieder aufnehmen mit der Fragestellung - und die Unterlagen haben wir als Opposition ja bisher nicht gehabt: Ist das Agreement für Wilhelmshaven wirklich richtig oder hätte es nicht - prima vista ist das für uns der Fall gewesen - im hamburgischen Interesse nach Cuxhaven gehört?
Ehlers' Parteifreund, der Bremer Wirtschaftssenator Hattig, ist trotzdem zuversichtlich, dass Hamburg sich am Ende an Wilhemshaven beteiligen wird.
Wenn Hamburg aus Gründen, die ich nicht sehe und die ich auch nicht erwarte, rein theoretisch betrachtet sich doch entscheiden sollte, nicht mitzumachen, dann bleibt es eben eine Herausforderung für Niedersachsen und Bremen.
Unterdessen pflegt auch der Hamburger HHLA-Chef Dietrich einen eher nüchternen Blick auf das Projekt Tiefwasserhafen. Er ist überzeugt davon, in Hamburg noch genügend Flächenvorräte zu haben, um langfristig expandieren zu können. In Bremerhaven dagegen ist 2010 Schluss, glaubt Wirtschaftssenator Hattig.
Die Schiffe werden größer. Ob das heißt, dass sie nicht nur breiter und länger, sondern auch tiefer werden, ist eine offene Frage. Aber ich sage: Wenn ich weiß, dass sie tiefer werden können, mache ich eine Fehlinvestition, wenn ich so tue als würden sie nicht tiefer. Also brauchen wir 18 Meter Wassertiefe. Das ist in Cuxhaven problematischer als in Wilhelmshaven. In Cuxhaven kommt noch hinzu, dass wir dort nur 10 - 12 Liegeplätze erreichen können, in Wilhelmshaven sind es 24.
Diese Ausbaumöglichkeiten haben die Gutachter zu dem Schluss gebracht, dass ein Tiefwasserhafen an der Jade langfristig wirtschaftlicher ist als an der Elbmündung. Für Niedersachsen waren außerdem regionalpolitische Argumente wichtig. Die Region Wilhelmshaven gilt als strukturschwach, hat beispielsweise mit derzeit über zehn Prozent eine weit höhere Arbeitslosenquote als Cuxhaven. Als sie ihre Entscheidung Ende März vorstellten, betonten die Regierungschefs aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen, dass am Ende das Engagement der Wirtschaft über den neuen Hafen entscheiden werde. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel:
Wir gehen weg von der vollständige Finanzierung der Hafen-Infrastruktur durch die öffentliche Hand. Wir wollen zu mindestens 50 Prozent eine privatwirtschaftliche Investition haben in die Infrastruktur, weil nur dann, wenn wir private Wirtschaft interessieren Können, wird das der Prüfstein sein dafür, ob jemand bereit ist, sein Geld zu investieren in den Standort Wilhelmshaven.
Möglicherweise ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Unter der Hand gestehen auch Befürworter des Projektes ein, dass man der Wirtschaft mit einem so hohen Anteil an den Kosten für die Kaianlagen wohl zuviel zumute.
Als Investoren kommen vor allem die beiden großen deutschen Hafenbetreiber Eurogate und HHLA in Frage. Eurogate ist ohnehin mit im Boot und offiziell steht auch HHLA-Chef Dietrich zur versprochenen Beteiligung am Tiefwasserhafen. Und das, obwohl er die Voraussagen über deutlich tiefer gehende Schiffe nicht teilt. Auch der Schifffahrtsexperte Manfred Zachcial glaubt, dass es nur sehr wenige Riesen-Frachter geben werde. Er hält einen Tiefwasserhafen als Ergänzung zu Hamburg und Bremerhaven trotzdem für sinnvoll.
Ich denke auch, dass wir einen Tiefwasserhafen konstruieren sollten - wo auch immer, auch um ein Gegengewicht zu weiteren Entwicklungen in Rotterdam zu haben. Man sollte nur Schritt für Schritt vorgehen, man sollte das nicht übertreiben, man sollte sehr sorgfältige Marktstudien machen.
Eine solche Vorsicht könnte eher denen Recht geben, die meinen, ein kleinerer und billigerer Tiefwasserhafen in Cuxhaven könnte durchaus reichen. Die Cuxhavener selbst wollen jedenfalls vor den bisher getroffenen Entscheidungen nicht kapitulieren und ihre Planungen weiter betreiben.
Einig sind sich die politischen Entscheidungsträger in beiden großen Hansestädten in der Forderung nach einer weiteren Fahrrinnenvertiefung von Elbe und Weser. Nicht nur deswegen wird Umweltschützern schwindelig angesichts der Hafenentwicklung an der Nordseeküste. Nadja Ziebarth von der Aktionskonferenz Nordsee verweist auf die umstrittenen Prognosen über größere Schiffe. Und sie gibt zu bedenken, dass schon die jüngste Elbvertiefung Folgen gehabt habe, auch wenn ein Zusammenhang nur schwer nachzuweisen sei.
Was faktisch war, ist, dass es in diesem Sommer zu Fischsterben in der Elbe gekommen ist. Die Fische hatten zuwenig Sauerstoff. Jetzt ist die Frage: Woran liegt das genau? Aber eine Komponente ist auf jeden Fall die Elbvertiefung. Es folgen Verschlickung, Sauerstoffmangel, die Strömungsgeschwindigkeit erhöht sich. Das ist problematisch für die Fischpopulation. Dazu kommt natürlich dann noch die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs, das war ein Bereich, wo die Fische hin ausweichen konnten und sie ein halbwegs intaktes Ökosystem hatten.
Tiefere Fahrrinnen würden auch die Ufer gefährden, warnt Ziebarth. Es habe schon Risse an Häusern gegeben. Die zuständigen Behörden sehen dagegen keinerlei Hinweise auf Probleme.
Einen Tiefwasserhafen halten die Umweltschützer grundsätzlich für bedenklich. Selbst die von den Bundesländern beauftragte Gutachterfirma Roland Berger bezeichnet die Eingriffe in die Natur als erheblich. Nadja Ziebarth von der Aktionskonferenz Nordsee zum Standort Wilhelmshaven:
Dieser Hafen ist sehr nah am Nationalpark dran. Wenn da in irgendeiner Form Schadstoffe, Abfälle im Hafenbereich in das Wasser kommen, sind sie ruckzuck auch im Nationalpark. Zweitens haben wir große Befürchtungen für die Schiffssicherheit. Das sind große Schiffe, die ganz anders reagieren bei Wind, bei Maschinenausfall usw.. Da muss auf jeden Fall noch mal nachgebessert werden. Unsere Befürchtung ist auch, dass es Nachfolgeprojekte geben wird. Es gibt jetzt schon Pläne, dass der Weitertransport der Container über Wasser, über Kanäle oder ähnliches zur Weser geht.
Die Umweltschützer glauben im Gegensatz zu vielen Politikern nicht, dass sich Ökonomie und Ökologie immer miteinander vereinbaren lassen. Nadja Ziebarth fordert deshalb weniger Wettbewerb und mehr Absprache beim Hafenausbau in Norddeutschland. Gerade das Projekt Wilhelmshaven zeigt, dass eine Zusammenarbeit von Bremen und Hamburg keineswegs ein Garant dafür ist, dass die Hafenplaner kleinere Brötchen backen. Eine Hoffnung aber bleibt den Skeptikern: Alle Prognosen und Pläne müssen sich irgendwann der Realität stellen. Die deutsche Nordseeküste hat schon viele Großprojekte kommen und gehen sehen, die sich am Ende als Traumschlösser entpuppten.