Es war gut gemeint und sollte für mehr Wettbewerb sorgen in der deutschen Hochschullandschaft: Im Jahre 2005 wurde die ZVS – jene berühmt-berüchtigte "Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen" – entmachtet, um den Universitäten mehr Freiheiten bei der Auswahl ihrer Studienanfänger zu geben. Das Resultat:
"In den letzten ein bis zwei Jahren ist klar geworden, dass dieses neue Verfahren nicht besser, sondern in Wirklichkeit schlechter als das alte Verfahren ist!"
Sagt Johannes Schneider, Physiker an der Universität Mainz. Seit 2005 sollen sich angehende Erstsemester verstärkt selber auf Studienplätze bewerben. Die ZVS, die zuvor für die Verteilung der Studienplätze in begehrten Fächern wie Medizin und Biologie zuständig war, wurde zwar nicht abgeschafft, aber in ihrem Wirkungskreis deutlich beschnitten. Nun hat diese Reform dazu geführt, dass sich die meisten Anwärter gleich bei mehreren Hochschulen bewerben. Dadurch nämlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, auch wirklich einen Studienplatz zu ergattern.
"Insofern kann jede Universität aus den einzelnen Bewerbern die besten Kandidaten heraussuchen. Sodass natürlich die besten Bewerber mehrere Briefe bekommen, in denen steht, dass sie zum Studium an jener Universität zugelassen sind. Während schlechtere eine Ablehnung erfahren müssen."
Mancher Bewerber hat also gleich mehrere Zusagen, ein anderer nur Absagen. Der erfolgreiche Bewerber sagt bei seiner Wunsch-Uni zu, bei den anderen natürlich ab. Dadurch werden Plätze frei für Nachrücker, die dann wiederum zu- und anderen Unis absagen. Dieses Spielchen wiederholt sich dann ein paar Mal – und kostet für den Geschmack von Johannes Schneider viel zu viel Zeit.
"Sodass es schlussendlich einige Studenten gibt, die nicht Ende Oktober, wenn das Semester losgeht, ihr Studium antreten können. Sondern es dauert teilweise bis Ende Dezember, bis sie eine Zusage von einer Universität erhalten haben."
Außerdem landen viele Bewerber nach wie vor nicht in ihrer Wunschregion, sondern irgendwo in der Republik, wo sie gar nicht hinwollten. So viel Frust muss nicht sein, meint Physiker Schneider – und fordert:
"Nun plädieren wir dafür, dass man die ZVS wieder in großem Stil einführt, aber mit einem anderen Regelwerk als früher."
Gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Hirtreiter aus Regensburg hat Schneider ein neues Computerprogramm für die Studienplatzvergabe entwickelt. Es basiert auf einem Verfahren, das aus der Festkörperphysik kommt und mit dem man zum Beispiel simulieren kann, wie sich ein Stück Metall nach und nach abkühlt.
"Es ist so, dass man in der Physik generell nach dem sogenannten Grundzustand eines Systems sucht – dem Zustand, in dem die Energie eines Systems am niedrigsten ist. Man hat also eine Energiefunktion, die zu minimieren ist. Einen derartigen Ansatz kann man auch hier wählen, dass der Prozentsatz der frustrierten Studenten minimiert wird."
Bildlich gesprochen entspricht der abgekühlte, also energiearme Zustand des Metalls einem frustrationsarmen Zustand der Studienbewerber. Und wie funktioniert Schneiders Software in der Praxis? Nun, wie früher bei der ZVS gibt jeder Bewerber in seiner Wunschliste mehrere Unis an. Doch zusätzlich soll er ihnen künftig je nach Präferenz Punkte zuordnen und sie dadurch individuell gewichten. Dann werden die Wunschlisten sämtlicher Bewerber in den Computer eingegeben – und der legt mit seinem Abkühlungsprogramm los.
"In unseren Simulationen haben wir feststellen können, dass der Anteil der Studenten, die frustriert sind, sich um mindestens einen Faktor zwei gegenüber der vorherigen ZVS-Lösung reduzieren lässt."
Demnach könnten deutlich mehr Erstsemester als heute pünktlich an ihrer Wunsch-Uni loslegen – oder wenigstens an einer für sie noch akzeptablen Hochschule. Und auch die Universitäten hätten weniger Verwaltungsaufwand als jetzt, auch wenn sie sich ihre Bewerber dann nicht mehr selbst aussuchen könnten. Nun versuchen die Forscher, die Politik von ihrer Anti-Frust-Formel zu überzeugen. Nur: Das Auswahlverfahren zu reformieren, ist alles andere als einfach. Dazu nämlich würde es eines neuen Staatsvertrages zwischen den Bundesländern bedürfen.
"In den letzten ein bis zwei Jahren ist klar geworden, dass dieses neue Verfahren nicht besser, sondern in Wirklichkeit schlechter als das alte Verfahren ist!"
Sagt Johannes Schneider, Physiker an der Universität Mainz. Seit 2005 sollen sich angehende Erstsemester verstärkt selber auf Studienplätze bewerben. Die ZVS, die zuvor für die Verteilung der Studienplätze in begehrten Fächern wie Medizin und Biologie zuständig war, wurde zwar nicht abgeschafft, aber in ihrem Wirkungskreis deutlich beschnitten. Nun hat diese Reform dazu geführt, dass sich die meisten Anwärter gleich bei mehreren Hochschulen bewerben. Dadurch nämlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, auch wirklich einen Studienplatz zu ergattern.
"Insofern kann jede Universität aus den einzelnen Bewerbern die besten Kandidaten heraussuchen. Sodass natürlich die besten Bewerber mehrere Briefe bekommen, in denen steht, dass sie zum Studium an jener Universität zugelassen sind. Während schlechtere eine Ablehnung erfahren müssen."
Mancher Bewerber hat also gleich mehrere Zusagen, ein anderer nur Absagen. Der erfolgreiche Bewerber sagt bei seiner Wunsch-Uni zu, bei den anderen natürlich ab. Dadurch werden Plätze frei für Nachrücker, die dann wiederum zu- und anderen Unis absagen. Dieses Spielchen wiederholt sich dann ein paar Mal – und kostet für den Geschmack von Johannes Schneider viel zu viel Zeit.
"Sodass es schlussendlich einige Studenten gibt, die nicht Ende Oktober, wenn das Semester losgeht, ihr Studium antreten können. Sondern es dauert teilweise bis Ende Dezember, bis sie eine Zusage von einer Universität erhalten haben."
Außerdem landen viele Bewerber nach wie vor nicht in ihrer Wunschregion, sondern irgendwo in der Republik, wo sie gar nicht hinwollten. So viel Frust muss nicht sein, meint Physiker Schneider – und fordert:
"Nun plädieren wir dafür, dass man die ZVS wieder in großem Stil einführt, aber mit einem anderen Regelwerk als früher."
Gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Hirtreiter aus Regensburg hat Schneider ein neues Computerprogramm für die Studienplatzvergabe entwickelt. Es basiert auf einem Verfahren, das aus der Festkörperphysik kommt und mit dem man zum Beispiel simulieren kann, wie sich ein Stück Metall nach und nach abkühlt.
"Es ist so, dass man in der Physik generell nach dem sogenannten Grundzustand eines Systems sucht – dem Zustand, in dem die Energie eines Systems am niedrigsten ist. Man hat also eine Energiefunktion, die zu minimieren ist. Einen derartigen Ansatz kann man auch hier wählen, dass der Prozentsatz der frustrierten Studenten minimiert wird."
Bildlich gesprochen entspricht der abgekühlte, also energiearme Zustand des Metalls einem frustrationsarmen Zustand der Studienbewerber. Und wie funktioniert Schneiders Software in der Praxis? Nun, wie früher bei der ZVS gibt jeder Bewerber in seiner Wunschliste mehrere Unis an. Doch zusätzlich soll er ihnen künftig je nach Präferenz Punkte zuordnen und sie dadurch individuell gewichten. Dann werden die Wunschlisten sämtlicher Bewerber in den Computer eingegeben – und der legt mit seinem Abkühlungsprogramm los.
"In unseren Simulationen haben wir feststellen können, dass der Anteil der Studenten, die frustriert sind, sich um mindestens einen Faktor zwei gegenüber der vorherigen ZVS-Lösung reduzieren lässt."
Demnach könnten deutlich mehr Erstsemester als heute pünktlich an ihrer Wunsch-Uni loslegen – oder wenigstens an einer für sie noch akzeptablen Hochschule. Und auch die Universitäten hätten weniger Verwaltungsaufwand als jetzt, auch wenn sie sich ihre Bewerber dann nicht mehr selbst aussuchen könnten. Nun versuchen die Forscher, die Politik von ihrer Anti-Frust-Formel zu überzeugen. Nur: Das Auswahlverfahren zu reformieren, ist alles andere als einfach. Dazu nämlich würde es eines neuen Staatsvertrages zwischen den Bundesländern bedürfen.