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Rendite kontra Qualität

In der von sinkenden Auflagen und stagnierenden Umsätzen geplagten amerikanischen Zeitungsindustrie engagieren sich immer mehr private Investoren. Jüngster Fall: die Tribune Company mitsamt ihren einflussreichen Zeitungen wie der Los Angeles Times und der Chicago Tribune steht zum Verkauf. Doch Journalisten warnen vor dem Ende eines seriösen Journalismus.

Von Gerti Schön |
    Die Tribune Company bot sich schon vor sechs Monaten selbst zum Kauf an, nachdem der größte Anteilhaber des Unternehmens, die Verlegerfamilie Chandler, sich lautstark darüber beklagt hatte, dass der Betrieb nicht genug Umsatz abwerfen würde. Es scheint daher logisch, dass der neue Eigentümer der Tribune Company kein Zeitungsprofi, sondern ein Businessmann ist. Samuel Zell ist bekannt dafür, dass er aufgeblasene Budgets radikal zusammenkürzt und die Bilanzen immer im Auge behält. Für Howard Schneider, einem früheren Redakteur der Chicago Tribune, ist dies der Anfang vom Ende des seriösen Journalismus:

    "Wenn es den Zeitungen weiterhin schlecht geht und seriöser Journalismus nicht gefördert wird, dann wird sich das ganze als falsche Strategie herausstellen. Die Tribune hat in den letzten Jahren etliche Auslandsbüros geschlossen, Reporter in Washington entlassen und die Etats gekürzt. Meine früheren Kollegen befinden sind in einer Abwärtsspirale, die besagt, wir können nur dann weiterhin profitabel sein, wenn seriöser Journalismus eingeschränkt wird. Für mich ist das eine Todesspirale."

    Der Vereinbarung nach soll der bisher börsennotierte Konzern zu 40 Prozent in die Hand von Zell und der Rest an die Belegschaft der Tribune Company übergehen. Die Mitarbeiter werden damit zu Aktienbesitzern des Unternehmens, was deren Einkünfte und Rentenzahlungen direkt mit dem finanziellen Erfolg des Unternehmens verbindet. Obwohl dieses Modell hohe Risiken birgt, ist für viele wichtig, dass es vielen Verlagen unterm Strich gar nicht so schlecht geht, generieren doch die US-Zeitungskonzerne doch noch immer Profitmargen von 15 bis 20 Prozent. Doch die amerikanische Wirtschaft ist in erster Linie an Wachstum interessiert und davon kann die Branche nichts vorweisen, sagt Thomas Kunkel, Verleger des Fachmagazins American Journalism Review.

    "Die Gefahr ist, dass der Profitdruck so groß wird, dass die Zeitungen am Ende nur noch mittelmäßig sind, und das wäre eine Tragödie. Kein Mensch sagt, dass Zeitungen nicht profitabel sein werden, aber es ist absurd zu denken, dass sie eine Profitmarge von 30 Prozent abwerfen sollten. Ich meine, sogar 20 Prozent sind immer noch mehr als was die meisten anderen Branchen liefern. Aber dies sind Zeiten, in denen alles passieren kann."

    Was außerdem noch passieren kann, ist dass einer der Gegenbieter von Zell doch noch ein Wörtchen bei dem Verkauf mitreden kann. Denn bisher haben gleich drei weitere prominente Milliardäre, darunter der Hollywood-Mogul David Geffen, Interesse an dem Deal, und vor allem der Los Angeles Times, gezeigt. Was die Folgen eines Engagements solch prominenter Businessleute sein könnten, darüber streiten sich die Geister. Kunkel jedenfalls hat Zweifel an den Motiven dieser reichen Promis.

    "Natürlich können wir nicht wirklich wissen, wie diese Businessmänner einen Zeitungsverlag führen werden. Aber die Geschichte lehrt, dass es Konflikte geben wird mit der unabhängigen Berichterstattung etwa über deren einflussreiche Freunde. Führungsfiguren wie diese stehen nicht gern passiv an den Außenlinien. Das ganze riecht geradezu nach potenziellen Problemen."