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Rennboote, Reisen und Edelstahlgrills

Die Studiengebühren in Niedersachsen müssen zur Verbesserung von Lehre und Studium eingesetzt werden. Ob dazu auch die Anschaffung eines Drachenboots oder eines Edelstahlgrills zählt, hat eine Diskussion um die korrekte Verwendung der Gelder ausgelöst.

Von Susanne Schrammar | 26.06.2009
    40.000 Euro hat die Fachhochschule Osnabrück kürzlich für die Anschaffung, Wartung und Unterbringung eines Ruderrennbootes bewilligt. Bezahlt aus den 6,5 Millionen Euro Studiengebühren, die der FH jedes Jahr zur Verfügung stehen. In der Zeitung stand, die Studierenden hätten sich die Teilnahme am örtlichen Drachenbootrennen gewünscht. Ein Drachenboot zur Verbesserung der Lehre? Selbst der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann schüttelte darüber den Kopf.

    "Ich hätte so eine Investition nicht getätigt."

    Der Präsident der FH Osnabrück sieht das anders. Hier gehe es nicht darum, die Studierenden mal Boot fahren zu lassen, sagt Erhard Mielenhausen. Es handele sich vielmehr um ein studentisches Projekt, wo am Beispiel des Drachenbootes ingenieurtechnische und wirtschaftliche Fragestellungen untersucht würden - zum Beispiel zu Strömungsverhalten und Kraftübertragung.

    "Wir haben ähnliche Projekte auch im Bereich der Landschaftsarchitekten und im Umweltbereich und in anderen Dingen. Das sind immer studentische Projekte, die von Studierenden Semester begleitend mehr oder weniger in Eigenregie unter der fachlichen Begleitung von Professoren durchgeführt werden, und dafür setzen wir durchaus Studienbeitragsmittel ein, und zwar weil es die Studierenden in jedem Fall wollen."

    Die Anschaffung des Drachenbootes haben die Studierenden vorgeschlagen. Sie sitzen an allen niedersächsischen Hochschulen mit in den Entscheidungsgremien und können Vorschläge zur Verwendung der Studiengebühren machen. Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums wurde dabei noch nie gegen das studentische Votum entschieden. So wurden USB-Sticks für Anfänger ebenso abgenickt wie ein Edelstahlgrill, neue Bücher, Computer, Laborgeräte oder Mitarbeiterstellen. Zu den Gremiumsvertretern an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig gehört die 24-jährige Shantala Fels. Eigentlich würde die Kommunikationsdesignstudentin die Studiengebühren am liebsten wieder abschaffen. Als Mitglied der Fachkommission Gestaltung, sagt Shantala Fels, könne sie aber wenigstens dafür sorgen, dass das Geld sinnvoll ausgeben werde:

    "Zum Beispiel haben wir eine Projektförderung eingeführt gehabt, wo man Materialkosten sich erstatten lassen konnte, oder jetzt haben wir stattdessen eine erhöhte Abschlussförderung eingeführt, die beträgt wahrscheinlich 500 Euro pro Abschluss. Dann wurden zum Beispiel sehr viele Tutorenstellen geschaffen in den unterschiedlichen Laboren und Werkstätten, Druckkosten werden mit bezuschusst - ja, es wurde schon viel gemacht."

    Kritik gibt es in Niedersachsen immer wieder, weil die meisten Hochschulen das Geld nicht sofort ausgeben. So liegen auf dem Konto der Leibniz-Universität Hannover beispielsweise noch rund 14 Millionen Euro nicht verwendete Studiengebühren. An der HBK Braunschweig sind es nur rund 600.000 Euro. Diese Gebührenbugwellen, wie Vizepräsident Gerhard Baller sie nennt, seien kaum zu vermeiden.

    "Man kann Mittel, die zugeflossen sind, nicht sofort von einem Tag auf den anderen ausgeben. Man muss sozusagen erstmal das Regelwerk schaffen, und wir haben parallel dazu angefangen, die Mittel diesem Regelwerk entsprechend zu verausgaben. Da braucht man mindestens ein Jahr."

    Einige Hochschulen in Niedersachsen sparen die Studiengebühren auch bewusst an, weil sie damit bauen wollen. Auch an der HBK Braunschweig müsste dringend die Mensa saniert werden. Dennoch kommt es für Vizepräsident Baller nicht infrage, die jährlich anfallenden 650.000 Euro Studiengebühren für Bauvorhaben zu verwenden.

    "Das haben wir hier mit den Studierenden diskutiert und ich bin auch der Meinung, das kann es nicht sein, das ist Verantwortung des Staates und hier ist da die Frage der elementaren Grundausstattung berührt."

    Und da das niedersächsische Hochschulgesetz nicht festgelegt, wie lange gebunkerte Studiengebühren auf Konten angespart werden dürfen, liegt es ganz in den Händen der Hochschulen, wann sie das Geld verwenden.