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Rente mit 67: Treffen im Bundesarbeitsministerium

Die Rente mit 67 ist umstritten. Zum einen steigt die Lebenserwartung der Bürger, weshalb länger gearbeitet werden müsste. Auf der anderen Seite schaffen es viele Beschäftigte schon jetzt nicht, bis zum derzeit gesetzlichen Renteneintrittsalter von 65 Jahren gesund zu bleiben. Im Bundesarbeitsministerium sollten nun neue Fakten zu dieser Diskussion veröffentlicht werden.

Von Gerhard Schröder |
    Zufrieden ist Arbeitsministerin Ursula von der Leyen noch nicht. Aber doch zuversichtlich, dass es gelingen wird, die Berufsperspektiven von Älteren zu verbessern.

    "Es entwickelt sich voran, die Beschäftigung Älterer geht deutlich voran. Wir sind gut im europäischen Bereich, aber da wir alle von niedrigem Niveau gestartet sind, müssen wir auch noch deutlich besser werden."

    40,8 Prozent der 60- bis 64-Jährigen gingen 2010 einer Erwerbstätigkeit nach, 27 Prozent hatten einen sozialversicherungspflichtigen Job. Im europäischen Vergleich liege Deutschland damit auf einem Spitzenplatz, sagte von der Leyen. Aber nach wie vor schafften zu wenige Ältere den Sprung aus der Arbeitslosigkeit zurück in den Beruf. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen investierten zu wenig in Gesundheit und Weiterbildung ihrer Beschäftigten. Auch Otto Kentzler, der stellvertretende Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, sieht hier Handlungsbedarf:

    "Ich bin sicher, dass wir für die kleinen und mittleren Unternehmen besondere Lösungen brauchen. Deswegen ist es uns sehr wichtig, dass die Belange dieser Unternehmen auch im Vordergrund stehen. Sie haben die höchste Beschäftigungszahl."

    Die Beschäftigungschancen für Ältere seien gewachsen, aber sie seien noch nicht so gut, dass die Rente mit 67 akzeptabel sei, sagte Michael Sommer, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes und verwies auf 800.000 der 55- bis 65-Jährigen, die lediglich einen Minijob hätten.

    Einig waren sich die Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften, dass die Jobperspektiven verbessert werden müssten. Auch aus wirtschaftlichem Eigennutz, wie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen betonte.

    "Die Produktivität steigt, entgegen den Vorurteilen. Es hat etwas zu tun mit der Berufserfahrung, es hat etwas damit zu tun, dass grobe Fehler, schwere Fehler nicht so häufig passieren. Denn durch die Berufserfahrung ist mehr Übersicht, mehr Zielgenauigkeit dann auch in der Arbeit da."

    Die Arbeitsplätze müssten altersgerecht gestaltet werden, sagte von der Leyen, der Gesundheitsschutz müsse verbessert, zudem flexible Arbeitszeitmodelle genutzt werden, damit mehr Beschäftigte bis 67 durch hielten.

    Von der Leyen wie Sommer machten sich für die Ausweitung von Lebensarbeitszeitkonten stark. Darauf können Beschäftigte über Jahre Überstunden ansammeln, um im Alter die Arbeitsbelastung zu vermindern. Ein bislang noch wenig genutzter Weg, wie auch DGB-Chef Sommer einräumte:

    "Die Arbeitszeitkonten werden für alles Mögliche eingesetzt und die Frage ist, ob es Sinn macht und ob die einzelnen Tarifvertragsparteien es für sinnvoll erachten, sie einzusetzen, zum Beispiel für Fragen der Lebensarbeitszeitgestaltung ja oder nein."

    Populär sind Lebensarbeitszeitkonten bislang nur in der Chemieindustrie, dort haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf eine tarifvertragliche Regelung geeinigt. Andere Branchen sind noch nicht soweit. Insgesamt, so heißt es im Fortschrittsreport altersgerechte Arbeitswelt der Ministerin, bieten nur zwei Prozent der Unternehmen in Deutschland diese Option an. Das Potenzial, die Lebensarbeitszeit flexibel zu gestalten, sei bei weitem noch nicht ausgeschöpft, resümierte die Ministerin.