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Reparaturbetrieb Turbo-Abitur

Wegen des Zeitgewinns von einem Jahr wird es "Turbo-Abitur" genannt. Gemeint ist die verkürzte Ausbildungszeit in den Gymnasien: Statt nach neun Jahren macht der sogenannte "Turbo-Abiturient" dann schon nach acht Jahren seine Reifeprüfung. Das Konzept ist umstritten und wird in den deutschen Bundesländern ganz unterschiedlich praktiziert.

Von Christoph Gehring, Armin Himmelrath und Anke Petermann |
    In einer ersten Reaktion auf die bislang vorliegenden Erfahrungswerte haben sich die Kultusminister auf "mehr Zeit für individuelles Üben" verständigt. Eines der Bundesländer, das die Umstellung auf die achtjährige Gymnasialzeit bereits erfolgreich absolviert hat, ist Sachsen-Anhalt. Im vergangenen Jahr gab es dort zum letzten Mal eine Jahrgangsstufe 13. Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz gibt sich entsprechend aufgeräumt, wenn in anderen Ländern noch über gestiegenen Belastungen für Schüler und Schulen diskutiert wird.

    "Ich sag mal ganz selbstbewusst: Sachsen-Anhalt könnte da auch ein Beispiel geben. Denn wir haben das unspektakulär und geräuschlos über vier Jahre ja hinbekommen. Aber wir dürfen vor allem die Anlässe für diese Schulzeitverkürzung nicht aus dem Blick verlieren."

    Und diese Anlässe, so Olbertz, gebe es immer noch. In erster Linie sei das die in Deutschland im internationalen Vergleich viel zu lange Ausbildung. Das mache sich zum Beispiel bei Hochschulabsolventen massiv bemerkbar.

    "Sie sind mit immer noch rund 28 Jahren dann wirklich in der Konkurrenz auf dem europäischen und internationalen Arbeitsmarkt entschieden zu alt. Zudem die demographische Situation in einer überalterten Gesellschaft: Wir brauchen dieses kritische und kreative Mitgestaltungspotenzial der jungen Leute je früher, desto besser - und halten sie mit 19 und 20 und 21 Jahren noch in der Schule fest. Das ist auch nicht normal."

    Für Jan-Hendrik Olbertz, der auch Sprecher der Kultusminister aus den unionsregierten Ländern ist, steht deshalb fest: Zur Umstellung auf das Abitur nach zwölf Jahren gibt es keine Alternative. Und tatsächlich ist diese Reform ja auch in den meisten Bundesländern längst in die Wege geleitet worden. Eine Entscheidung, die für den Erziehungswissenschaftler Fritz Reheis von der Universität Bamberg jedoch aus fachwissenschaftlicher Sicht mehr als fragwürdig ist.

    "Leider ist es so, dass die wirklich pädagogischen Fragen absolut an den Rand gedrängt werden. Es sind Fragen der Standortsicherung, Fragen der Vergleichbarkeit der Studienabgänger, der Eintrittsphase in den Arbeitsmarkt - also alles eher ökonomische Aspekte, eher Fragen, die sich auf das Humankapital richten, so wie das ja sehr entlarvend genannt wird. Wie die Kinder damit klar kommen, was es für die Bildung der Kinder, für die Entwicklung der kindlichen Persönlichkeiten bedeutet, wenn Bildung derart turbomäßig veranstaltet wird - das spielt in der Diskussion derer, die die Entscheidungen treffen, eine sehr untergeordnete Rolle."

    Die Kultusminister, sagt Reheis, seien regelrecht blind gewesen für alle pädagogischen Belange, als sie sich für das Abitur nach zwölf Jahren entschieden. Jetzt werde unter dem Druck der öffentlichen Kritik nachgebessert, indem die Entschlackung der Stundenpläne angekündigt wird. Entschlackung - das hört sich nach beherztem Ausmisten von Überflüssigem an. Dabei ist sich der Bamberger Erziehungswissenschaftler mit den Kultusministern eigentlich völlig einig: Die Lehrpläne sind viel zu vollgestopft. Er zieht daraus jedoch eine ganz andere Schlussfolgerung als die Schulminister in den Bundesländern.

    "Ein großer Teil des Wissens, das in der Schule vermittelt werden soll, ist absolutes Wegwerf-Wissen. Wird nur angeeignet zum Zwecke der Prüfung. Und wird unmittelbar nach der Prüfung entsorgt. Derartiges Wegwerf-Wissen müsste radikal entfernt werden. Allerdings würde ich da nicht sagen, dass um diese Zeit die Schulzeit dann verkürzt werden kann, sondern ich würde einen ganz anderen Ansatz bevorzugen. Ich würde sagen: Wir brauchen neben dem zentralen, von oben vorgegebenen Lehrplan einen genauso umfangreichen Raum für eigene Lehrpläne, für die Lehrpläne, die die Kinder und Lehrer zusammen an ihrer Schule entwickeln."

    Mit anderen Worten: Fritz Reheis fordert nicht weniger, sondern mehr Zeit fürs Lernen. Eine Idee, der auch Jan-Hendrik Olbertz auf den ersten Blick einiges abgewinnen kann. Aber - eben nur auf den ersten Blick.

    "Mir ist das eigentlich ganz sympathisch, diese Argumentation. Trotzdem müssen wir doch Vorsorge treffen, dass unsere jungen Leute nicht in aller Ruhe und Beschaulichkeit verlieren. Wenn sie sich die Entwicklung in Asien angucken, wenn sie sich die Globalisierung auf dem Arbeitsmarkt angucken, und wenn sie sich im Übrigen die immer noch erfolgreiche Entwicklung Deutschlands angucken, dann ist das ganz bestimmt nicht Ergebnis von Entschleunigung, sondern einem geschicktem Arrangement, zwischen Zeit und Inhalt eine Balance zu finden. Aber doch nicht, die Dinge zu verlangsamen und für die jungen Leute einen Schonraum zu inszenieren, in dem sie in aller Ruhe reifen können. Dann ziehen die Altersgenossen aus Spanien, aus Frankreich, aus Großbritannien an ihnen vorbei und das wird eines Tages zählen."

    Falsch, widerspricht Fritz Reheis. Der Bildungspolitiker Olbertz verliere bei dieser Argumentation erneut die pädagogischen Lernprozesse aus dem Blick. Und das, so Reheis, sei ein Problem, unter dem das Bildungssystem derzeit in allen Bundesländern leide. Wenn jetzt die Schüler durch die Umstellung auf die achtjährige Gymnasialzeit bis zu 36 Stunden pro Woche Unterricht haben, ist das nach Meinung von Fritz Reheis der endgültige Schritt in Richtung einer unpädagogischen Lernfabrik. Doch Jan-Hendrik Olbertz hält das für Schwarzmalerei. Bei gleichmäßiger Verteilung seien nicht mehr als 33 Wochenstunden pro Schuljahr nötig, um den Lernstoff des Gymnasiums bis zum Abitur zu behandeln. Schwierigkeiten mit der Gestaltung der Stundenpläne in einzelnen Bundesländern könne man nicht verallgemeinern.

    "In der Umstellungsphase kommt es zu solchen Spitzen in bestimmten Jahrgängen. Dort ist mir die Kritik auch absolut verständlich. Wir müssten eigentlich auf eine Reform der Lehrpläne der gymnasialen Oberstufe insgesamt und dann über Relevanz, Verdichtung, Konzentration im Lehrplan verständigen. Und genau das machen uns die anderen Länder vor, die teilweise wesentlich mehr Stunden immer noch haben als wir."

    Eine Möglichkeit, um die gestiegene Belastung für die Schüler aufzufangen, ist auch nach Meinung von Jan-Hendrik Olbertz der Ausbau von Ganztagsschul-Angeboten. Denn dann verteile sich der Unterricht besser auf den Tag, das Lernen falle allen Beteiligten leichter. Ein Argument, das auch Doris Ahnen, Minister-Kollegin von Olbertz in Rheinland-Pfalz, teilt. Überarbeitete Schüler, gestresste Eltern - das ist der Ruf, der G8 in Hessen bislang vorauseilte. Zu Unrecht, meinen allerdings gerade stärkere Schüler, wie Hanna, Mareike und Rebecca, Achtklässlerinnen aus dem ersten G8-Jahrgang an der Darmstädter Eleonorenschule:

    "Man hat ein Jahr weniger, und dann ist natürlich erst mal große Panik angesagt, weil man denkt, man hat jetzt einfach mehr Schule, aber in Wirklichkeit ist es halt so, dass es ja auf die ganzen acht Jahre Gymnasium verteilt wird, dass manche Sachen weggelassen werden im Gegensatz zu G9."

    "Uns fehlt jetzt nichts, würde ich sagen. Ich habe auch den Eindruck, dass wir teilweise etwas besser sind als die G9er."

    "In G8 ist es sehr wichtig, dass man selbständig arbeitet, was in G9 wahrscheinlich noch weitestgehend unterstützt werden kann, was in G8 eben fehlt."

    Doch an der Frankfurter Ziehenschule sorgten sich Eltern nach Auskunft der beiden Beiratsvorsitzenden bislang zum Beispiel über Unterricht bis in den Nachmittag hinein …

    "Ohne dass vernünftige Mittagseinrichtungen da sind, dass Betreuung da ist oder Ruheräume, die ja notwendig wären."

    "Die Kinder hätten keine Freizeit mehr, sie müssten außerdem nach den langen Schultagen noch sehr viel Zeit für Hausaufgaben investieren. Das kam vor allem von Eltern, die Kinder auch in G9 auch haben und sagen, dass die jungen Kinder mehr Hausaufgaben aufhaben als die älteren."

    Im Zuge der verkürzten Gymnasialzeit sah sich Katja Schenk, Deutschlehrerin an Frankfurts größtem Gymnasium, genötigt, den Stoff sehr zügig und komprimiert durchzunehmen,

    "Und Kinder, die einfach länger brauchen, die längere Übungsphasen bräuchten oder Wiederholungsphasen, die fallen dann eben leicht hinten runter."

    Lange ignorierte die CDU-Landesregierung die Bedenken und den Protest von Eltern und Lehrern, bei den Landtagswahlen Anfang des Jahres wurde sie dafür abgestraft. Nun muss der neue kommissarische Kultusminister Jürgen Banzer von der CDU Kompromisse mit der linken Mehrheit im Wiesbadener Landtag schließen und hat bei G8 hörbar einen Gang zurückgeschaltet. Weniger Stoff, weniger Hausaufgaben, weniger Klassenarbeiten, kleinere Klassen heißt jetzt die Devise. Jürgen Krell, Leiter der Darmstädter Eleonorenschule und prinzipieller G8-Befürworter, begrüßt die Nachbesserungen.

    "Eine gewisse Straffung erlauben die Lehrpläne, und wenn man das tut, dann kann man sehr viel vertiefter üben, man kann auch mehr das Kompetenzlernen in den Vordergrund stellen, was ja jetzt auch angedacht ist, und dadurch die Verkürzung der Zeit schüler- und lehrerverträglicher gestalten."

    Wahlfreiheit ist besser als starre Vorschriften, so die Erkenntnis des neuen Kultusministers aus drei Regionalkonferenzen mit Leitern von Gymnasien und Gesamtschulen. Kooperative Gesamtschulen dürfen ab sofort zum Abitur nach neun Jahren zurückkehren, wenn die Gremien das beschließen. G8-Gymnasien können das vorgeschriebene Stundenpensum bis zum Abitur freier auf die Jahrgangsstufen verteilen und eigenständig entscheiden, ob sie mit der dritten Fremdsprache in der fünften, sechsten oder siebten Klasse anfangen. An Tagen mit Nachmittagsunterricht können Hausaufgaben erlassen werden. Zieht in die hessische Bildungspolitik eine neue Beliebigkeit ein? Schulminister Banzer verneint und kontert:

    "Ich trau' den Schulen unendlich viel Kompetenz zu. Die wissen am besten, was für ihre Schüler und Schülerinnen gut ist, die kennen ihre Ressourcen und räumlichen Kapazitäten, und warum soll ich dann nicht den Schulen den Gestaltungsspielraum überlassen, den sie am gescheitesten wahrnehmen können. Wir haben ja am Schluss die harten Kriterien. Das Landesabitur gilt, da muss man am Ende angekommen sein, und den Weg dazu möchte ich den Schulen möglichst frei überlassen."

    Weniger Hausaufgaben durch mehr Doppelstunden, weniger Klassenarbeiten als Chance für Schüler, vom prüfungsorientierten auf ein vernetztes Lernen umzusteigen - mögen andere noch zögern, an der Eleonorenschule kann es die Schulleitung kaum erwarten, die Neuerungen umzusetzen. Spanisch und Englisch sollen gleichzeitig in der Fünften starten. An diesem Darmstädter Gymnasium ist man nämlich überzeugt,

    "… dass in der Fünf das für Fremdsprachen geschickte - von der Neurophysiologie her weiß man das - Zeitfenster besser ausgenutzt wird, als wenn man erst in der siebten anfängt. "

    Vergeblich hat Schulleiter Jürgen Krell alle Jahre wieder einen Antrag gestellt, sein Gymnasium als Ganztagsschule auszustatten. Jetzt gibt es immerhin Geld für eine sogenannte "pädagogische Mittagsbetreuung". Ist in Hessen jetzt erst aufgefallen, was im benachbarten Rheinland-Pfalz von Anfang an klar war - dass nämlich G8 nur mit Ganztagsschule funktioniert? Schulminister Banzer:

    "Nein, klar war uns das ja allen. Aber wir haben jetzt noch mal versucht, alle Mittel zusammenzukratzen, die wir im Kultus-Etat noch finden, um wenigstens allen Schulen diese Möglichkeit zu geben, nachmittags Unterstützung zu geben. Und das schaffen wir durch die 60.000 Euro für die verbliebenen 65 Schulen. Von den 230 G8-Schulen haben es bisher schon 170 gehabt, und jetzt wollen wir dafür sorgen, dass alle diesen Rückenwind haben."

    Während Hessen nun versucht, einige Fehlentwicklungen bei der Schulzeitverkürzung zu korrigieren, ist man in Rheinland-Pfalz sehr zufrieden damit, beim Thema G8 eine bedächtigere Gangart gewählt zu haben:

    "Ach, ich glaube, wir waren gut beraten, dass wir nicht so überhastet wie andere Bundesländer die verkürzte Schulzeit im Gymnasium eingeführt haben."

    ...sagt Vera Reiss, die für Schulen zuständige Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Kultusministerium. Denn während andere Bundesländer bei der Verkürzung der Schulzeit am Gymnasium aufs Tempo drückten, wartete die rheinland-pfälzische Landesregierung erst einmal ab. Die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen sagt über die zurückliegenden Diskussionen, beispielsweise in der Kultusministerkonferenz der Länder:

    "Ja, man muss ehrlicherweise sagen, dass ich gerade bei diesem Thema "Verkürzung der Schulzeit" mich erstens bundesweit in einer Minderheitenmeinung befand und zweitens auch im Land immer gesagt wurde: "Überall anders ist das längst eingeführt und kein Problem." Ich habe damals die Prognose gewagt, dass die Probleme noch kommen werden - dass sie dann in der Schärfe aufgetreten sind in anderen Ländern, das hab' selbst ich damals nicht vermutet."

    Rückblickend hat die rheinland-pfälzische Kultusministerin allein durch Abwarten andere Akzente gesetzt als ihre Kollegen aus anderen Bundesländern - selbst weite Teile der Opposition im Land erkennen das inzwischen positiv an. Drei Jahre lang haben in Mainz Ministeriumsmitarbeiter gemeinsam mit Pädagogen und Bildungsforschern an dem G8-Konzept gearbeitet und dann den breiten Konsens mit den Betroffenen gesucht. Schulstaatssekretärin Vera Reiss:

    "Es mussten alle einverstanden sein - der Schulträger, die Eltern, das Kollegium als ganz wichtige Voraussetzung auf für Akzeptanz."

    Das Ergebnis ist, dass das G8 in Rheinland-Pfalz einstweilen nur als Modellversuch läuft: Gerade einmal neun der 141 Gymnasien im Land werden mit dem kommenden Schuljahr auf G8 umgestellt, höchstens 15 könnten es bis 2011 werden. Und: Das G8 gibt es in Rheinland-Pfalz nur in Verbindung mit der Ganztagsschule, erklärt Kultusministerin Doris Ahnen:

    "Ja, man kann verkürzen, aber nur dann, wenn man das in das pädagogische Konzept der Ganztagsschule einbaut."

    Schon seit 2001 sind Ganztagsschulen ein tragender Pfeiler der Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz - in allen Schulformen. Die Ganztagsschüler werden dabei nachmittags nicht nur beaufsichtigt, sondern erleben einen Lerntag, der von acht bis 16 Uhr durchstrukturiert ist - einschließlich des gemeinsamen Mittagessens und betreuter Selbst- und Gruppenlernstunden, die die alten Hausaufgaben ersetzen. Das Kultusministerium verweist auf die Erfolge der rhythmisierten Ganztagsschule und auch die Schülerinnen und Schüler, die bisher schon den ganzen Tag die Schule besuchen, scheinen zufrieden:

    "Am Anfang hat man sich erst daran gewöhnen müssen, aber jetzt ist das eigentlich ganz normal. Ich find das halt besser, dass ich halt von den Lehrern geholfen kriege. Das hat man auch an meinen Noten gesehen, ich bin halt viel besser geworden."

    Im achtjährigen Ganztagsgymnasium erwarten die rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schüler 42 Lernstunden pro Woche. Davon sind - je nach Klassenstufe - nur 30 bis 35 Stunden Unterricht, der Rest steht für betreute Hausaufgaben, Arbeitsgemeinschaften, Musik und Sport zur Verfügung. Die Details der Ausgestaltung dieses pädagogischen Freiraums überlässt das Ministerium den Gymnasien, die an dem G8-Projekt teilnehmen.

    Eines davon ist das Gymnasium Gonsenheim in Mainz, das schon bisher über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus einen guten Ruf genießt. Das G8-Konzept, das Schulleiterin Marita Desch-Eppelmann mit ihrem Kollegium erarbeitet hat, ist auf stringentes Lernen mit Spaß ausgerichtet: Die Stundenpläne für die Fünftklässler, die nach den Ferien mit der G8-Laufbahn beginnen, bieten viel Platz fürs Theaterspielen, für Sport oder für die Garten-AG. Diese Freiräume ohne Lernzwang, so Schulleiterin Desch-Eppelmann, seien essentiell für den Erfolg des G8:

    "Wir sind ganz bewusst daran, dass die Kinder nicht nur den ganzen Tag Unterricht haben, auch nicht nur üben, nicht nur vertiefen das Ganze in den Hauptfächern oder in den Nebenfächern, sondern dass sie wirklich in ihrer Ganzheitlichkeit gefördert werden, das gehört für uns alles zur Ganztagsschule dazu."

    Genau so haben sich das die Planer im Mainzer Kultusministerium auch gedacht: Die verkürzte Gymnasialzeit soll nicht zu Lernfabriken führen, sondern aus den Oberschulen einen Lebensraum für Kinder und Jugendliche machen, in dem es außer einem warmen Mittagessen auch Gelegenheit zur Entspannung, Raum für Kreativität, kurz: genug Zeit für das Kindsein gibt.

    Soviel Rücksichtnahme auf das Wohl der G8-Schüler hat ihren Preis: Schulkantinen, Turnhallen und Sportplätze müssen gebaut und vor allem Lehrer eingestellt werden. Denn für jeden Ganztagsschüler bekommt die Schule eine halbe Lehrerwochenstunde zusätzlich. Ein Ganztagsgymnasium mit 600 Schülern hat also Anspruch auf 300 zusätzliche Lehrerstunden - das sind 12 ganze Stellen. Trotz der vom Ministerium versprochenen personellen Verstärkung richten sich die Lehrer an den rheinland-pfälzischen G8-Schulen auf mehr Arbeit ein:

    Die Zeiten, in denen ein Lehrer morgens immer recht und nachmittags immer frei hatte, sind vorbei, wenn der reguläre Schultag von acht bis 16 Uhr reicht. In drei Jahren soll erst einmal überprüft werden, wie das sanfte rheinland-pfälzische G8-Modell funktioniert. Und dann erst wird entschieden, ob es - Schritt um Schritt - im ganzen Land eingeführt wird. Getreu der Linie, die Schulstaatssekretärin Vera Reiss so beschreibt:

    "Manchmal, ja, muss man sagen: In der Ruhe liegt die Kraft."