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Republik Moldau: Erneuter Versuch einer Präsidentenwahl

Die EU-Fortschrittsberichte lobt die Republik Moldau in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Und dennoch hat das Land ein Problem: Seit drei Jahren hat es kein Staatsoberhaupt. Vom Parlament gewählt, muss der Kandidat mehr als 60 Prozent der Stimmen erhalten. Heute nun ein erneuter Versuch - der Richter Nicolae Timofti wagt ihn.

Von Gesine Dornblüth | 16.03.2012
    Dieses Mal soll es der Richter Nicolae Timofti werden. Der 63-Jährige ist parteilos und war politisch bisher nicht aktiv. Zurzeit steht er an der Spitze der moldauischen Justizverwaltung. Vorgeschlagen hat ihn die Regierungskoalition. Zu deren führenden Politikern zählt Dumitru Diacow von der Demokratischen Partei.

    "Herr Timofti ist ein renommierter Richter, er ist ausgewogen, gebildet und prinzipientreu. Er ist ein Kompromisskandidat. Ich denke, die fast dreijährige Suche steht mit diesem unabhängigen Kandidaten vor einem erfolgreichen Ende.

    Die Republik Moldau ist gespalten, in die alte und die junge Generation, in Kommunisten und Liberale. Die Kommunisten waren bis vor drei Jahren an der Macht. Seitdem regiert die sogenannte "Allianz für die Europäische Integration". Sie besteht aus drei Parteien und verfügt im Parlament über 59 von 101 Sitzen. Das ist die absolute Mehrheit, aber die reicht nicht aus, um das Staatsoberhaupt zu wählen. Denn dafür sind zwei Stimmen mehr erforderlich, insgesamt 61. Seit 2009 ist jeder Versuch, diese Mehrheit für einen Präsidenten zustande zu bekommen, gescheitert.

    Die Regierungskoalition hat zwischendurch mehrere Auswege aus der vertrackten Situation gesucht. Mal wollte sie in einem Referendum die Modalitäten der Präsidentenwahl ändern. Das scheiterte. Auch eine Neuwahl des Parlaments half nicht, denn die Mehrheitsverhältnisse blieben die gleichen, der Abstand zwischen Liberalen und Kommunisten blieb gering, die Positionen unversöhnlich. Damit nicht genug, zuletzt zerstritten sich sogar noch die Parteien innerhalb der Regierungskoalition über der Präsidentenfrage. Der Politologe Igor Botan zählt zu den renommiertesten Experten für moldauische Innenpolitik. Er ist angesichts der Dauerkrise ratlos.

    "Da blickt eigentlich niemand mehr durch. Was hier passiert, wäre Stoff für Kafka oder Ionescu. Es ist völlig absurd."

    Die Kommunisten haben auch vor der heutigen Abstimmung angekündigt, nicht für den Kandidaten der Regierungskoalition zu stimmen – wie schon bei vorigen Urnengängen. Sie hoffen, dass die Präsidentenwahl erneut scheitert, denn dann muss das Parlament aufgelöst werden. Bei einer vorgezogenen Parlamentswahl hätten die Kommunisten, jüngsten Umfragen zufolge, gute Chancen, zurück an die Macht zu kommen.

    Die Republik Moldau ist arm, die Preise steigen. Die Kommunisten haben in den letzten Wochen viele Protestaktionen organisiert, mit wachsendem Rückhalt der Bevölkerung. Und sie profitieren davon, dass sich die Anführer der regierenden Allianz das Leben gegenseitig schwer machen. Der Politologe Igor Botan:

    "Die Menschen hier sehen die Regierung sehr negativ. Ihre Anführer werfen sich gegenseitig Diebstahl und Korruption vor. Ihnen geht es nur um persönlichen Vorteil, darum, den politischen und wirtschaftlichen Einfluss ihres jeweiligen Clans zu stärken."

    Obwohl die Kommunisten heute nicht für Timofti stimmen wollen, stehen die Chancen, dass es mit der Präsidentenwahl diesmal klappt, etwas besser als zuvor. Denn Ende letzten Jahres haben sich drei sozialistische Abgeordnete von den oppositionellen Kommunisten losgesagt. Sie haben angekündigt, einen parteilosen Kandidaten zu unterstützen. Ob sie Wort halten werden, ist allerdings keineswegs klar. Dumitru Diacow von der regierenden Allianz hofft darauf.

    "Das Land braucht politische Stabilität. Wenn der Präsident gewählt wird, verschwindet die Gefahr vorgezogener Parlamentswahlen. Der Präsident kann die Kommunikation innerhalb der Allianz verbessern, genauso wie die zwischen den Politikern und der Bevölkerung. Dann besteht Hoffnung, dass unser Land endlich vorankommt."

    Nicolae Timofti hat versprochen, sich als Präsident für eine Überwindung der politischen Krise und für Stabilität einzusetzen.