Puccini, Mascagni, Leoncavallo, Giordano, Verdi - die italienische Musik zwischen 1890 und 1918 scheint nur aus veristischer Oper bestanden zu haben. Die Vorliebe der Italiener für Drama und Belcanto hat auf dem Apennin zu einer fast hundert Jahre währenden Vernachlässigung der rein instrumentalen Musik geführt. Da ist Ottorino Respighi der erste Vertreter einer neuen Komponistengeneration, der sich - genauso wie später auch Ildebrando Pizzetti, Gian Francesco Malipiero und Alfredo Casella - von der Oper zunächst einmal lossagte und sich vor allem der Orchestermusik zuwandte. In Ermangelung einer eigenen Tradition blickte man dabei über die Grenzen: für Respighi war sicher die russische Szene bedeutsam, die er in St. Petersburg kennenlernte, vieles spricht aber auch für die Bewunderung von Klangvorstellungen, wie sie der Franzose Claude Debussy realisierte. Respighi also als italienischer Sinfoniker auf der Schwelle von der Romantik zur Moderne. Und im 3. Satz seiner römischen Pinien wagt er gegen Ende etwas, das nach dem 2. Weltkrieg zu einer ganzen Richtung der modernen Musik werden sollte, zur musique concrète. Die Hinweise des Komponisten, was er sich bei der Arbeit vorgestellt hat, werden hier ganz wörtlich genommen, werden sozusagen zur Handlungsanweisung. Da heißt es: "In klarer Vollmondnacht wiegen die Pinien des Janiculums sanft ihre Wipfel." Und dann: "In den Zweigen singt eine Nachtigall". Diese Nachtigall wird nicht, wie vielleicht erwartet, von irgendwelchen Orchesterinstrumenten imitiert, sondern erklingt ganz realistisch mit dem Mikrofon in freier Natur aufgezeichnet und durch Lautsprecher wiedergegeben. * Musikbeispiel: Ottorino Respighi - aus: "Pinien von Rom" Das war der 3. Satz des Pinien-Orchesterwerks von Ottorino Respighi, wo die nächtens mondbeschienenen Pinien auf dem Janiculus-Hügel dargestellt werden. Sie hörten die wunderschöne Stimme einer nicht näher genannten Nachtigall und das Cincinnati Symphony Orchestra unter der Leitung von Jésus Lopez-Cobos. Am Ende des 18. Jahrhunderts, zu Zeiten von Haydn und Beethoven, war Cincinnati kaum mehr als ein kleines Dorf, das das alte Fort Washington umgab. Musik gab es nur in Form einer Soldaten-Band, die gelegentlich für die frühen Siedler aufspielte. Mit dem 19. Jahrhundert und der Ankunft vieler deutscher Siedler entstanden dann eine ganze Reihe musikalischer Vereine. Das erste Sängerfest des Mittelwestens fand 1842 in Cincinnati statt. Ein erstes eigenes Profi-Orchester stellte ab 1857 drei Spielzeiten auf die Beine. Doch dann ebbte das Interesse wieder ab. 1895 schließlich wurde das bis heute bestehende Cincinnati Symphony Orchestra gegründet. Es ist damit das fünft älteste Orchester der Vereinigten Staaten. In den aufregenden Anfangsjahren war Richard Strauss als Gastdirigent hier, auch die amerikanische Erstaufführung von Mahlers 5. Sinfonie fand hier statt. 1909 wurde Leopold Stokowski als Chefdirigent engagiert, Busoni und Rachmaninow waren Gäste und 1917 nahm man die erste Schallplatte auf. Vier Jahre wirkte der legendäre belgische Violinvirtuose Eugène Ysaye als musikalischer Direktor, neun Jahre lang dann bis 1931 Fritz Reiner, in dessen Amtszeit amerikanische Erstaufführungen vieler Werke von Ravel, Debussy, Respighi und Bela Bartok fielen. Leitende Aufgaben übernahmen später u.a. Walter Susskind und - in den achtziger Jahren - Michael Gielen. Jesús López-Cobos, der heutige Chefdirigent, ist seit 1986 in Cincinnati; im Mai nächsten Jahres will er diese Position aufgeben, dann dirigiert er das Orchester nicht mehr in 28, sondern nur noch in 8 Konzerten pro Saison. Während seiner 15 Jahre im Mittelwesten hat er viele Uraufführungen geleitet, dabei jedes Jahr auch ein eigens für das Cincinnati Symphony Orchestra komponiertes Stück. Hören Sie dieses Orchester unter seinem Chefdirigenten nun noch einmal mit einem Ausschnitt aus seiner neuen Respighi-Platte: aus "Fontane di Roma" erklingt das dritte Stück, die musikalische Schilderung des Trevi-Brunnens am Mittag: Mit großem Pomp zieht der Wagen Neptuns vorbei, von Seepferden gezogen und mit einem Gefolge von Sirenen und Tritonen... * Musikbeispiel: Ottorino Respighi - aus: "Römische Brunnen" Die Neue Platte - heute mit sinfonischer Musik des italienischen Komponisten Ottorino Respighi, gespielt vom Cincinnati Symphony Orchestra unter der Leitung von Jesús Lopez-Cobos. Zuletzt hörten Sie aus dem vierteiligen Orchesterwerk "Fontane di Roma" das dritte Stück, das den römischen Trevi-Brunnen zur Mittagszeit schildert.