
Als Robert Gober 1974 nach New York zog, baute er zunächst Puppenhäuser, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Käufer sind heute andere, aber ihren häuslichen Aspekt haben die Arbeiten des amerikanischen Bildhauers beibehalten. Spülbecken, Laufgitter und Polstersessel gehören seit 40 Jahren zu Robert Gobers Repertoire.
"Das sind Gegenstände aus unserem Alltag. Deshalb reagieren die Leute oft emotional darauf. Die Werke lösen Erinnerungen aus und funktionieren auf einer ganz persönlichen Ebene. Natürlich ist es intellektuelle, konzeptionelle Kunst. Aber es geht auch um Gefühle und Intuition."
Porträts von Objekten
Paulina Pobocha hat die große Retrospektive auf den 60-jährigen Künstler im New Yorker Museum of Modern Art mitorganisiert. Zu sehen sind 130 Werke, darunter mehrere raumfüllende Installationen.
Auch Beine zählen zu Robert Gobers bevorzugten Motiven. Manchmal nackt und fein behaart, manchmal behost und beschuht ragen die Körperteile aus der Wand. Sie wirken so echt wie die meisten anderen Gegenstände um sie herum, bei denen es sich jedoch ebenfalls um minutiöse Nachbildungen von Gin-Flaschen, Säcken mit Rattengift oder Tüten mit Doughnuts handelt. Das sind keine Readymades.
Es seien Porträts von Objekten, sagt Paulina Pobocha, so wie es Porträts von Personen gäbe. Alles sei handgefertigt und diese Künstlichkeit entscheidend für das Verständnis von Robert Gober.
Nichts ist, was es scheint. Selbst die hübscheste Tapete verliert bei genauerem Hinschauen alles Dekorative. Dafür sorgt ein Muster aus einem schlafenden weißen und einem gelynchten schwarzen Mann. Sie ist Teil eines Interieurs, in dessen Mitte ein kopfloses Mannequin in einem seidenen Hochzeitskleid steht. Anderswo erinnert ein Kamin an Hänsel und Gretel, denn statt Feuerholz brennt darin ein Haufen Kinderbeine.
"Wie bei vielen Künstlern seiner generationbasierte Robert Gobers Ausbildung am College in den 1970er-Jahren auf abstrakter Kunst und Minimal Art. Besonders am Anfang zeigt sich das an gewissen strukturellen und repetitiven Elementen. Aber natürlich ist der große Unterschied, dass dies eben keine abstrakten Skulpturen sind."
Surrealismus auf der Couch
Robert Gober inszeniert die Bedrohlichkeit des Gewöhnlichen und bedient sich dabei einer Art Surrealismus auf der Couch. Es lässt sich unendlich viel in einen roten Kinderschuh hineinlesen, eine gigantische Zigarre oder eine gepfählte Wohnzimmergarnitur. Sogar eine religiöse Symbolik bietet sich an, wenn man all das Wachs betrachtet, das als Herstellungsmaterial und in Form von Kerzen in diesem Werk auftaucht.
"The Heart Is Not a Metaphor" lautet der Titel dieser Ausstellung, "Das Herz ist keine Metapher". Herzschmerz und Metaphern enthält Robert Gobers Werk zuhauf. Allerdings funktioniert die Metaphorik hier wie eine der Türen ins Nirgendwo, die Gober zu einem weiteren seiner Markenzeichen gemacht hat. Sie führen verdächtig oft ins Irgendwo der Beliebigkeit. Und das ist nicht weit genug.