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Retter des Software-Giganten?

Betriebssysteme.- Das IT-Thema in dieser Woche ist natürlich Windows 7. Für Microsoft-Verhältnisse ist es extrem schnell auf den Markt gekommen. Möglicher Grund: Der Vorgänger des Betriebssystems, Vista, wirkte sich imageschädigend auf den Software-Konzern aus.

Von Achim Killer |
    Wer Verlautbarungen aus Redmond ernst nimmt, der hätte seinerzeit meinen können, Windows Vista sei ein echter Renner gewesen. 100 Millionen mal sei es im ersten Verkaufsjahr, 2007, ausgeliefert worden – ein Rekord. Allerdings war der lediglich dem Umstand geschuldet, dass der PC-Markt seit dem Verkaufsstart der vorangegangenen Betriebssystem-Version gewaltig gewachsen war und damit auch die Zahl der verkauften Rechner mit vorinstalliertem Windows. Tatsächlich aber lehnten viele Anwender Vista ab, weil es überladen und träge ist. Und zudem hatte Microsoft äußerst lange gebraucht, um überhaupt etwas Neues herauszubringen. Der Gartner-Analyst Michael Silver höhnte damals:

    "Es hat fünf, sechs Jahre gedauert, um bis hierher zu kommen. Aber ein Betriebssystem zu wechseln, ist ja immer auch mit Mühe verbunden. Und die Anwender wollen schließlich Innovationen sehen, damit sie das Gefühl haben, etwas für ihr Geld zu bekommen, etwas, das ihnen nützt und die Mühe wert ist. Ich glaube aktuell ist der Nutzen zu gering und die Mühe zu groß."

    Windows 7 ist schneller in die Läden gekommen, deutlich früher, als ursprünglich geplant. Microsoft war im Druck. Inzwischen sind leichte Netbooks auf dem Markt. Und die sind zu schwach, um Vista fahren zu können. Der Konzern musste deshalb den Verkauf von Windows XP verlängern, um überhaupt in dieses Geschäft einsteigen zu können. Und auch die Besitzer von starken Rechnern langweilen sich, während Vista bootet. Auf seiner Werbetour für Windows 7 diesen Monat lobte Microsoft-Chef Steve Ballmer denn auch am neuen Betriebssystem die schiere Selbstverständlichkeit, dass man damit arbeiten kann, ohne ständig warten zu müssen.

    "Wenn man Windows 7 vom Standpunkt des Anwenders aus betrachtet, die Arbeit, die wir hineingesteckt haben, damit das System schneller reagiert und rascher bootet, dann sieht man, dass die Leute damit ihre tägliche Arbeit leichter erledigen können."

    Und das ist ja was wert. Natürlich hat Windows 7 auch eine weiterentwickelte Benutzerschnittstelle. Ben Basaric, der zuständige Produktmanager:

    "Also Geräte, die funktionieren wie Apples iPhone mit einem berührungsempfindlichen Bildschirm, auf dem man mehr tun kann, als nur einen Punkt anzutippen, solche Geräte können auch unter Windows 7 gefahren werden. Und darüber hinaus gibt es noch Verbesserungen im Detail:"

    Mit Windows 7 will Microsoft seine bis zum Start von Vista dominierende Stellung auf dem Markt für Betriebssysteme wiederherstellen. Das allerdings dürfte schwer werden. Denn die hat stark gelitten. Anders als bei Desktop-Rechnern und Notebooks ist Linux auf Netbooks ein veritabler Konkurrent für Windows geworden. Microsofts Rivale im Internet, Google, nutzte die Schwächephase des Software-Giganten, um ein eigenes Betriebssystem anzukündigen, eines, das das gerade Gegenteil von Vista werden soll, anspruchslos und aufs Wesentliche reduziert: Chrome-OS.

    Und schließlich hat noch die EU-Kommission Microsoft in die Schranken verwiesen. In Europa muss der Konzern Windows 7 mit einer Auswahl von verschiedenen Browsern ausliefern. Vielleicht ist dieser bescheideneren Ausgangsposition auch der Name des neuen Betriebssystems geschuldet. Er spielt nicht wie die seiner Vorgänger auf die große Erfahrung des Konzerns an, auf das neue Jahrtausend oder auf den Blick in die Zukunft, sondern das Stück Software heißt schlicht: Windows 7.