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Rettung für Zypern naht

Auf dem EU-Gipfel wurde das Rettungspaket für Zypern diskutiert. Das soll nur bei 10 statt 17,5 Milliarden Euro liegen. Die Forderung, den aufgeblasenen Bankensektor abzubauen, lehnt die zyprische Regierung aber bisher ab.

Von Andreas Kolbe | 15.03.2013
    Eva Bahner: Der EU-Gipfel ist zu Ende, nun treffen sich die Euro-Finanzminister, um über ein Rettungspaket für Zypern zu verhandeln. Schon lange wartet der kleine Insel-Staat auf Hilfe, der Antrag wurde bereits Mitte 2012 gestellt – wie stehen denn die Chance, Andreas Kolbe, dass man sich an diesem Wochenende einigt?

    Andreas Kolbe: Also die Verhandlungen werden schon sehr konkret, sehr ins Detail gehen. Intensiver als das bisher der Fall war bei den Euro-Finanzministern. Und das deutet schon darauf hin, dass man hier ein ganzes Stück vorankommen will.

    Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, sitzt mit am Verhandlungstisch. Der IWF ist ja als Geldgeber mit im Boot. Allerdings dürften die Verhandlungen schwierig werden. Beobachter richten sich auf eine Nachtsitzung ein. Denn viele strittige Punkte seien noch offen, sagt auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Und auch der neue Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem tritt auf die Bremse:

    "Wir werden uns mit der Lage in Zypern beschäftigen. Die Troika wird ihren Bericht vorlegen und dann werden wir über Lösungen diskutieren. Mal sehen, wie weit wir kommen."

    Also ob es heute einem Abschluss der Gespräche geben wird, ist völlig offen.

    Eva Bahner: Wird das Hilfspaket nun allein von den Steuerzahlern finanziert oder werden auch private Gläubiger, möglicherweise auch aus Russland, in die Pflicht genommen?

    Andreas Kolbe: Das ist genau der Hauptknackpunkt, um den sich die Diskussionen drehen. Zypern hat ja einen enorm aufgeblasenen Bankensektor, der viel Kapital aus dem Ausland angezogen hat, aus Russland insbesondere.

    Wenn die Banken nun vor dem Zusammenbruch gerettet werden, mit Hilfsmilliarden der europäischen Partner, dann sollten doch auch die Banken selbst einen Beitrag leisten. Und auch die Bankkunden, die dort Millionen steuerbegünstigt angelegt haben. Mal ganz davon abgesehen, dass ja auch Geldwäschevorwürfe gegen Zypern im Raum stehen.

    Doch gerade in diesem Punkt scheinen die Verhandlungspartner auf Konfrontationskurs zu gehen. Deutschland möchte so eine Beteiligung privater Gläubiger, auch der Internationale Währungsfonds. Die neue konservative Regierung in Zypern lehnt dies – so scheint es – jedoch weiter ab.

    Doch schon allein die Zahl, die seit heute im Raum steht, die lässt vermuten, dass man hier womöglich doch auf dem Weg ist, einen Kompromiss zu finden: Etwa zehn Milliarden Euro soll das Rettungspaket ja nun umfassen. Ursprünglich hatte man mit einem Kapitalbedarf von 17,5 Milliarden Euro gerechnet.

    Also das deutet schon darauf hin, dass da womöglich auch Geld aus anderen Quellen kommen wird.

    Eva Bahner: Welche Auflagen wird Zypern denn dafür erfüllen müssen?

    Andreas Kolbe: Auch darüber wird heute noch im Detail zu verhandeln sein. Auch das ist noch völlig offen, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Die Forderungen liegen auf dem Tisch:

    Der Bankensektor muss radikal verkleinert werden. Zypern soll seine im Vergleich sehr niedrigen Unternehmenssteuern anheben, soll Privatisierungen vorantreiben.

    Vor allem aber soll das Land konsequenter gegen Geldwäsche vorgehen, also hier die europäischen Standards einhalten und vor allem durchsetzen.

    Aber noch einmal: Da steckt eine Menge Detailarbeit drin. Ob man all diese Punkte heute schon wird abhaken können, ist doch sehr fraglich.

    Eva Bahner: Ziehen wir noch eine Gipfelbilanz – was ist denn herauskommen beim Treffen der Staats- und Regierungschefs?

    Andreas Kolbe: Es ist viel über außenpolitische Fragen gesprochen worden, über das Waffenembargo für Syrien beispielsweise. Bei den eigentlichen Themen des Gipfels – der Wirtschaft - ist nicht viel herausgekommen. Das war aber auch nicht anders zu erwarten.

    Die Staats- und Regierungschefs haben eine Zwischenbilanz gezogen, wo Europa steht. Man hat weiter über Wege aus der Krise gestritten. Konsolidierung der Haushalte oder Investitionen in Wachstum – wie da eine Balance gefunden werden soll, darüber gehen die Meinungen doch weiter auseinander.

    Nur in einem sind sich die Gipfelteilnehmer doch einig gewesen: Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa, die ist ein gravierendes Problem. Geld zur Bekämpfung steht bereit. Jetzt geht es darum, das auch für konkrete Projekte in den betroffenen Ländern auszugeben.