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ReUse-Computer

Das ist so ein Gerät, was gerade aufgebaut wird. Teile, die fehlten - zum Beispiel war kein CD-Rom-Laufwerk da drin, oder einige Anschlüsse, Grafik-Karte oder so was fehlte - wurde vervollständigt.

Von Markus Rimmele |
    Von außen sieht der Computer aus wie neu. Und er scheint auch zu funktionieren. Ayad Rahman steht im Keller unter seinem Computerladen in Berlin-Charlottenburg. Sein Praktikant testet einen gebrauchten Rechner. Der kommt dann später hoch ins Geschäft und wird verkauft. Rahman nimmt am so genannten ReUse-Projekt teil. Er arbeitet benutzte Computer auf und bietet sie seinen Kunden an. ReUse - das ist mehr als nur ein Gebraucht-PC-Handel:

    ReUse legt sehr viel Wert auf Standard. Wir legen viel Wert, dass die Geräte aufgearbeitet werden. Zum Beispiel, die werden erst mal gesäubert. Dann werden sie auch erfasst, was diese Geräte beinhalten. Dann werden sie aufgearbeitet, getestet, und dann kriegen sie auch so ein Label: Es ist ReUse-Gerät.

    Das ReUse-Projekt entstand an der Technischen Universität Berlin. Die Initiatoren sprachen Berliner Computerhändler, Reparaturdienstleister und Softwareberater an und bildeten aus ihnen das ReUse-Netzwerk. Seit drei Jahren läuft das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt. Ab dem 2005 soll es sich als Verein selbst tragen.

    Die Idee ist einfach: Das Netzwerk übernimmt drei bis vier Jahre alte und voll funktionstüchtige Gebrauchtcomputer, die meist in großer Zahl von Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung abgegeben werden. Die Mitglieder-Firmen bereiten die Rechner nach einem standardisierten Verfahren wieder auf und verkaufen sie. Durch die Kooperation können sie ein breiteres Service-Spektrum anbieten. Der kleine Fünf-Mann-Betrieb allein könnte das nicht leisten.

    Die Computer bekommen das ReUse-Logo aufgeklebt, ein eingetragenes Warenzeichen. Der Kunde hat mehr Service und Qualitätssicherheit als auf dem Graumarkt der Gebraucht-PCs. Auf jeden ReUse-Rechner gibt es ein Jahr Garantie. Aufgrund ihrer Herkunft ist die Qualität der Rechner hervorragend, sagt der Projektleiter Frank Becker:

    Das sind Profi-Geräte. Da sind die Komponenten ganz anders getestet als bei Geräten, die nur für den Privatkundenbereich vertrieben werden. Das sind bessere Komponenten, und sagen wir auch einfach mit einer besseren Verarbeitung. Und das ist bei vielen Geräten, die bei den großen Einzelhandelsketten vertrieben werden, eben explizit nicht der Fall.
    Ein ReUse-Rechner ohne Monitor und Software kostet zwischen 50 und 300 Euro. Die Verkäufer stellen dem Kunden dann auch ein individuelles Software-Paket zusammen. Häufig sind Studierende ReUse-Käufer, aber auch Familien, die einen Zweit-Computer wollen.

    Jetzt will die Technische Universität sogar selbst Kundin werden. Die Universitätsleitung hat eine Vereinbarung mit der Zentraleinrichtung Kooperation getroffen, an die das Projekt angegliedert ist. Demnach darf die Abteilung eine gestrichene Stelle für drei Jahre neu besetzen, muss in dieser Zeit aber andere Abteilungen und Institute von ReUse überzeugen.

    Wenn insgesamt an der Universität in den drei Jahren 600.000 Euro durch die Anschaffung von ReUse-Computern eingespart werden, wird die Stelle verlängert, andernfalls eingezogen. Der Abteilungsleiter Wolfgang Neef ist jetzt dabei, den verantwortlichen Institutsleitern klar zu machen, dass ReUse-Computer für die meisten Tätigkeiten vollkommen ausreichend sind:

    Darum ist unser Vorschlag ja auch, dass wir in der TU leistungsneutral sparen können, ohne dass wir Personal abbauen, ohne dass wir Leistung abbauen. Und das geht mit Hilfe von ReUse in einigen Bereichen sicherlich. Im Prinzip sind das alle normalen Verwaltungsbereiche, wo eben Alltagsarbeit gemacht wird wie in jeder anderen Firma auch, in vielen Instituten, in vielen anderen Einrichtungen der TU.

    Mehr Uni-Personal durch gebrauchte Computer, so die einfache Formel. Und das ohne jeglichen Nachteil, sagt Neef. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Internet: In den gängigen Büro-Funktionen stünden ReUse-Computer neuen Geräten nicht nach. Seine Abteilung ist mittlerweile voll von gebrauchten Rechnern. Und die wissenschaftlichen Mitarbeiter wie Gisela Hoffmann sind vollauf zufrieden:

    Ich war neulich auf einem Projekttreffen in Hannover gewesen, und es standen dann doch einige von den Kollegen auch aus Italien und so um mich herum und schauten sich meinen netten kleinen Laptop an, weil der ist nicht einmal so groß wie ein DinA4-Blatt und zwei Zentimeter hoch, und wunderten sich, wo wir das viele Geld her haben. Faktisch aber haben wir 600 Euro für den Laptop bezahlt. Und wenn man das als Neugerät kaufen würde, glaube ich, ist man locker bei zwölf- bis fünfzehnhundert Euro.