Die reden einfach Unfug, hochgestochenes Geschwafel, was nur einen Vorhang vorziehen soll, vor dem, was sie alles nicht wissen.
Das, so der Darmstädter Professor Christoph Dipper, soll niemand im Doktorandencamp über die Kollegen aus den anderen Disziplinen denken, nur weil er deren Fachsprache nicht versteht. Deshalb wird seit Semesterbeginn Woche für Woche in einem Seminar geübt, sich den anderen verständlich zu machen. Dabei wird manchmal ziemlich starker Tobak gereicht. Zum Beispiel, wenn der Pädagogik-Doktorand Alexander Unger den anderen Kollegiaten eine Einführung in Martin Heideggers Zeit - Begriff gibt. Eine Kostprobe:
Das heißt, was Heidegger als Zukunft versteht, oder als zukünftig sein, ist das Verstehen vom Tode her. Und in diesem "Zukünftig-Sein" komme ich quasi wieder auf meine Gegenwart zurück und das umfängt auch gleichzeitig meine Vergangenheit mit und hieraus eröffnet sich dann eben so etwas wie eine existientielle Zeit. Ich werfe mich nach vorne, entwerfe mich in eine Zukunft hinein, und komme aus dieser dann wieder zurück. So viel dazu... (Beifallklopfen)
Ob man sich nun gerade in die Zukunft hinein entwerfen will oder nicht: Im interdisziplären Darmstädter Graduiertenkolleg ist es für alle Stipendiaten Pflicht, einmal in der Woche an einem sogenannten Methodenseminar teilzunehmen, in dem sie mit Texten aus den anderen Fächern konfrontiert werden. Für Alexandra Niessen, die an einer Doktorarbeit zu Hegel arbeitet, ist es eine rhetorische Herausforderung, auch den Wasserbauern oder Soziologen im Kolleg die Denkwelt der großen Philosophen nahezubringen:
Ich denke, worauf es eigentlich ankommt, das man das, in Anführungsstrichen, übersetzt. Ich denke, man kann gut eine Stunde, oder eine halbe Stunde oder auch fünf Minuten über Heidegger reden, wenn man einfach andere Worte benutzt. Das ist auch gerade das, was diese Interdisziplinarität in diesem Kolleg leisten kann, das man nämlich über diese Fächergrenzen hinweg eine Sprache findet.
Vielleicht könne nicht jeder im Doktorandencamp sofort etwas mit Heideggers Zeit-Begriff anfangen, glaubt auch der angehende Philosoph Andreas Kaminiski. Doch
Allgemeinbildung sei das doch allemal, etwas davon gehört zu haben:
Und dann gibt es dort wahrscheinlich auch sehr viele Nebenflüsse des Wissens, dort verteilt sich etwas, versickert etwas, was man gar nicht angenommen hat, was hilfreich ist und man es vielleicht auch gar nicht mehr bemerkt, das dort etwas zugelaufen ist. Insofern ist diese Interdisziplinarität ein großer Vorteil, kann aber natürlich auch belastend sein, weil es in einer gewissen Konkurrenz steht, zu dem eigenen Promotionsvorhaben.
Doch das gerade glaubt Professor Christof Dipper nicht. Dipper ist der Historiker
in dem dreiköpfigen Professorenteam aus Soziologie, Philosophie und Geschichtswissenschaft, das in diesem Semester das wöchentliche Methodenseminar veranstaltet. Er hält die regelmäßigen Pflichtveranstaltungen im Doktorandencamp für ein Erfolgsgeheimnis von Graduiertenkollegs insgesamt:
Meine Schülerin zum Beispiel, die über die Elektrifizierung des Haushalts promoviert hat, hat ausdrücklich eingestanden, dass sie ohne die Anregung von anderen Disziplinen, die eben nur in dem Graduiertenkolleg möglich war, diese Arbeit so nicht hätte schreiben können. Insofern halte ich dieses Methodenseminar für eine ganz, ganz wichtige Sache, im Prinzip müssten wir das zu einer ständigen Einrichtung, nicht nur auf der Ebene des Graduiertenkollegs, sondern grundsätzlich, machen.
Weil das Thema Zeit an diesem morgen auf der Tagesordnung des Seminars steht, wird neben Heidegger gleich auch noch ein passender Text des Soziologen Niklas Luhmann referiert- auch keine leichte Kost. Referent Andreas Kaminiski verteilt vorsichtshalber erst einmal ein Thesenpapier:
Weil ich jetzt Philosoph bin und über Zeit zu sprechen habe, habe ich mir vorgenommen, mich zu begrenzen und habe deshalb für jeden der drei Absätze eine Frage drübergestellt. Ich weiß nicht ob, das Thesenpapier jeder hat?
Nach dem Ende des Seminar verrät Andreas Kaminiski das Motto, mit dem er in die gemeinsamen Veranstaltungen des Doktorandencamps geht:
Ich erinnere mich sofort an einen Aphorismus von Peter Handke: Vor jeder Begegnung denke, welchen Weg der andere hat. Das ist gewissermaßen immer das Problem, hier in den Diskussionen, in den Sitzungen, in den Gesprächen. Die ganz eigene Sozialisationsgeschichte mit zu bedenken, und sich ein bisschen zu überlegen, welche Voraussetzungen kann ich unterstellen, das sie gegeben sind, und welche nicht.
Das, so der Darmstädter Professor Christoph Dipper, soll niemand im Doktorandencamp über die Kollegen aus den anderen Disziplinen denken, nur weil er deren Fachsprache nicht versteht. Deshalb wird seit Semesterbeginn Woche für Woche in einem Seminar geübt, sich den anderen verständlich zu machen. Dabei wird manchmal ziemlich starker Tobak gereicht. Zum Beispiel, wenn der Pädagogik-Doktorand Alexander Unger den anderen Kollegiaten eine Einführung in Martin Heideggers Zeit - Begriff gibt. Eine Kostprobe:
Das heißt, was Heidegger als Zukunft versteht, oder als zukünftig sein, ist das Verstehen vom Tode her. Und in diesem "Zukünftig-Sein" komme ich quasi wieder auf meine Gegenwart zurück und das umfängt auch gleichzeitig meine Vergangenheit mit und hieraus eröffnet sich dann eben so etwas wie eine existientielle Zeit. Ich werfe mich nach vorne, entwerfe mich in eine Zukunft hinein, und komme aus dieser dann wieder zurück. So viel dazu... (Beifallklopfen)
Ob man sich nun gerade in die Zukunft hinein entwerfen will oder nicht: Im interdisziplären Darmstädter Graduiertenkolleg ist es für alle Stipendiaten Pflicht, einmal in der Woche an einem sogenannten Methodenseminar teilzunehmen, in dem sie mit Texten aus den anderen Fächern konfrontiert werden. Für Alexandra Niessen, die an einer Doktorarbeit zu Hegel arbeitet, ist es eine rhetorische Herausforderung, auch den Wasserbauern oder Soziologen im Kolleg die Denkwelt der großen Philosophen nahezubringen:
Ich denke, worauf es eigentlich ankommt, das man das, in Anführungsstrichen, übersetzt. Ich denke, man kann gut eine Stunde, oder eine halbe Stunde oder auch fünf Minuten über Heidegger reden, wenn man einfach andere Worte benutzt. Das ist auch gerade das, was diese Interdisziplinarität in diesem Kolleg leisten kann, das man nämlich über diese Fächergrenzen hinweg eine Sprache findet.
Vielleicht könne nicht jeder im Doktorandencamp sofort etwas mit Heideggers Zeit-Begriff anfangen, glaubt auch der angehende Philosoph Andreas Kaminiski. Doch
Allgemeinbildung sei das doch allemal, etwas davon gehört zu haben:
Und dann gibt es dort wahrscheinlich auch sehr viele Nebenflüsse des Wissens, dort verteilt sich etwas, versickert etwas, was man gar nicht angenommen hat, was hilfreich ist und man es vielleicht auch gar nicht mehr bemerkt, das dort etwas zugelaufen ist. Insofern ist diese Interdisziplinarität ein großer Vorteil, kann aber natürlich auch belastend sein, weil es in einer gewissen Konkurrenz steht, zu dem eigenen Promotionsvorhaben.
Doch das gerade glaubt Professor Christof Dipper nicht. Dipper ist der Historiker
in dem dreiköpfigen Professorenteam aus Soziologie, Philosophie und Geschichtswissenschaft, das in diesem Semester das wöchentliche Methodenseminar veranstaltet. Er hält die regelmäßigen Pflichtveranstaltungen im Doktorandencamp für ein Erfolgsgeheimnis von Graduiertenkollegs insgesamt:
Meine Schülerin zum Beispiel, die über die Elektrifizierung des Haushalts promoviert hat, hat ausdrücklich eingestanden, dass sie ohne die Anregung von anderen Disziplinen, die eben nur in dem Graduiertenkolleg möglich war, diese Arbeit so nicht hätte schreiben können. Insofern halte ich dieses Methodenseminar für eine ganz, ganz wichtige Sache, im Prinzip müssten wir das zu einer ständigen Einrichtung, nicht nur auf der Ebene des Graduiertenkollegs, sondern grundsätzlich, machen.
Weil das Thema Zeit an diesem morgen auf der Tagesordnung des Seminars steht, wird neben Heidegger gleich auch noch ein passender Text des Soziologen Niklas Luhmann referiert- auch keine leichte Kost. Referent Andreas Kaminiski verteilt vorsichtshalber erst einmal ein Thesenpapier:
Weil ich jetzt Philosoph bin und über Zeit zu sprechen habe, habe ich mir vorgenommen, mich zu begrenzen und habe deshalb für jeden der drei Absätze eine Frage drübergestellt. Ich weiß nicht ob, das Thesenpapier jeder hat?
Nach dem Ende des Seminar verrät Andreas Kaminiski das Motto, mit dem er in die gemeinsamen Veranstaltungen des Doktorandencamps geht:
Ich erinnere mich sofort an einen Aphorismus von Peter Handke: Vor jeder Begegnung denke, welchen Weg der andere hat. Das ist gewissermaßen immer das Problem, hier in den Diskussionen, in den Sitzungen, in den Gesprächen. Die ganz eigene Sozialisationsgeschichte mit zu bedenken, und sich ein bisschen zu überlegen, welche Voraussetzungen kann ich unterstellen, das sie gegeben sind, und welche nicht.