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Richtig Espresso machen
Guter Kaffee ist Handarbeit

Wer richtig guten Espresso trinken will, muss nicht mehrere hundert Euro in eine teure Maschine investieren. Auch die gute alte Caffettiera, also die Espresso-Kanne, die einfach nur auf den Herd gestellt wird, kann ordentliches leisten – wenn man nur alles richtig macht. Aber, es gibt einiges zu beachten.

Nail al Saidi |
    Eine Bialetti Espressokanne wird mit Kaffeepulver gefüllt.
    Eine Bialetti Espressokanne wird mit Kaffeepulver gefüllt. (imago/Kraehn)
    "Den Wasserkessel fülle ich immer bis zum Rand."
    "Nicht gut, nicht gut."
    "Das Espressopulver stopfe ich in den Filter rein."
    "Ha! Stopfen ist schon mal das falsche Wort."
    "Und dann stelle ich die Caffettiera auf den Herd - bei höchster Flamme."
    "Das geht überhaupt nicht. Da blutet mein Herz schon wieder!"
    Fabio de Nittis kann sich kaum anhören, wie ich meine Espressokanne jahrelange gequält habe. Fabio ist ein Kaffee-Multitalent. In Köln hat er ein Spezialitäten-Café, ist Kaffeesommelier, von der Industrie und Handelskammer geprüft, und er unterrichtet auch noch angehende Barista. Seine Devise: Guter Kaffee ist Handarbeit. Und meine Caffettiera soll sogar ein richtiges gutes Instrument dafür sein.
    "Absolut. Natürlich! Als Italiener hab ich mindestens zwei Stück davon zuhause. Seit 1933 seit der Erfindung von Alfonso Bialetti wurden über 300 Millionen Modelle verkauft. Das ist mal eine Zahl, die auf einen wirken muss, finde ich. Von daher ist es möglich, einen guten Kaffee damit zu machen, wenn ich bestimmte Parameter beachte."
    Und die wird mir Fabio heute zeigen. Zum Privatunterricht in seiner Kaffeeakademie komme ich mit meiner viel geschmähten Espressokanne.
    "Ganz schön dreckig. Das geht gar nicht. Es sollte immer unmittelbar nach dem Gebrauch sauber gemacht werden."
    Keine vorgemahlenen Kaffeebohnen nehmen
    Der braune Film in meiner Alu-Kanne ist nichts anderes als ranziges Kaffeeöl. Also schrubbe ich sie erst mal durch. Als sie wieder glänzt, will endlich loslegen, doch Fabio bremst mich: Wir müssen die Kanne erst noch trocknen. Komisch ... die wird doch gleich wieder nass!
    "Ja, aber bestimmte Stellen müssen halt deswegen trocken sein, weil wenn ich Kaffee einfülle in die Stelle, wo schon nass ist, dann habe ich den Kaffee schon versaut."
    Denn nasses Kaffeepulver kann beim Brühen gar nicht mehr seinen vollen Geschmack entfalten. Es geht eben um Hunderte von Aromen, die in der Kaffeebohne stecken. Und damit sich diese Aromen schonend aus der Bohne lösen, geht Fabio ganz akribisch vor. Wie in einem Chemielabor.
    Als erstes füllt er Wasser ein – kaltes, klares Leitungswasser, aber gefiltert, weil das Wasser in Köln so kalkhaltig ist. Und nur bis unterhalb des Ventils.
    "Jetzt ist es ganz, ganz wichtig, dass ich jetzt keine gemahlenen Kaffeebohnen nehme. Weil Folgendes passiert: Gemahlene Kaffeebohnen oxidieren mit Luftsauerstoff und verlieren ganz, ganz schnell an Aromen. Nach ca. 5 bis 40 Minuten ist die Hälfte der Aromen weg, wenn ich Kaffee vormahle."
    Stolz packe ich meine kleine Handkaffeemühle aus. An der kleben noch der Kaffeereste der vergangenen Monate..
    Und schon gibt es schon wieder Ärger! Das ist einer der häufigsten Fehler, dass die Kaffeemühle nicht gereinigt wird. Warum? Weil an dem frisch geröstetem Kaffee haften noch Kaffeeöle. Und die setzen sich überall ab und machen die Mühle mit der Zeit ranzig.
    Die Ansage hab ich kapiert.
    Meine mitgebrachten Bohnen findet Kaffee-Profi Fabio gut, 100% Arabica, und auch wie sie aufbewahre: in der Kaffeepackung mit einem Gummiband drum – weit weg von Gewürzen und nicht im Kühlschrank.
    Kaffeepulver nicht pressen
    "Endlich mal ein Pluspunkt. Herzlichen Glückwunsch. Kaffee ist ein unglaublich guter Aromafänger. Von daher: Im Kühlschrank würde der Kaffee sehr schnell nach Wurst schmecken."
    Jetzt geht's darum, den richtigen Mahlgrad einzustellen.
    "Ich darf es nicht zu fein mahlen, denn sonst schafft es das Wasser nicht dadurch. Und es wäre auch zu lange mit dem Kaffeepulver in Kontakt, was ihn bitter machen würde."
    Mit dem dritten Versuch ist Fabio zufrieden.
    Unser frisch gemahlenes Kaffeemehl ist viel gröber als das normale Espressopulver, das ich früher immer gekauft habe.
    Fabio füllt damit das Sieb meiner Espressokanne.
    "Ich klopfe auch dagegen, damit das sackt und schön gleichmäßig wird."
    Mit dem Löffelrücken verstreicht er den Kaffee bis zum Rand - aber ohne Festpressen.
    Fertig! Jetzt kann die Kanne endlich auf den Herd.
    Auf mittlerer Stufe soll sich das Wasser langsam erhitzen. Nach ein paar Minuten fließt der langersehnte Kaffee ins obere Achteck der Caffettiera.
    Sobald die Kanne röchelt, zieht sie Fabio von der Platte.
    "Ein sehr häufig gemachter Fehler ist, dass man den Kaffee einfach auf der Platte lässt."
    Abgekühlt wird er noch besser
    In der Caffettiera wird Kaffee generell sehr heiß. Knapp um den Siedepunkt. Darum droht er bitter zu werden. Also benutzt Kaffeeexperte Fabio de Nittis zum Schluss einen Trick: Er nimmt Tassen mit Raumtemperatur!
    "Und wenn wir jetzt heiße Tassen nehmen, wird es noch bitterer und genau das wollen wir vermeiden beziehungsweise ausbalancieren." – "Jetzt einfach einschenken oder noch umrühren?" – "Genau jetzt müssen wir umrühren!"
    Dann dürfen wir endlich probieren.
    "Also, der hat definitiv einen bitteren Abgang. Das hat der schon noch. Aber wir haben alles getan, um das zu vermeiden, wie gut es ging."
    Aber je mehr Fabios Kaffee abkühlt, umso besser wird er.
    "Das Bittere geht zurück, dafür kommt etwas mehr Frucht raus, und JETZT ist der richtig gut genießbar. Mir schmeckt der jetzt hervorragend." – "Der schmeckt irgendwie sauberer als sonst."
    Endlich guter Kaffee – aus meiner hauseigenen Caffettiera! Zum Dank bekommt sie eine Extra-Politur. Damit es beim nächsten Mal genauso gut klappt.