Becker: Wenn wir noch mal im Inland bleiben, Sie haben eine Umfrage bei allen 30 DAX-Unternehmen gestartet, bei der es um Benehmen, um sicheres Auftreten von Hochschulabsolventen und eben auch Bewerbern ging. Was ist dabei rausgekommen?
Schlegel: Ich wollte wissen, was ist einstellungsrelevant, um mich wirklich noch ein bisschen besser auf meine Vorlesung vorbereiten zu können. Hundertprozentig mit "wichtig" beantwortet wurden die Fragen der Freundlichkeit, Höflichkeit und Authentizität. Das sind natürlich sehr weiche Begriffe, die sich aber dann füllen lassen, wenn man das Regelwerk kennt und wirklich authentisch und souverän auftritt. Damit wurde bestätigt, wie wichtig das ist und wie wichtig das allen Unternehmen ist. Bei der Small-Talk-Kompetenz war es, wie zu erwarten, dass nur zwei Drittel der Firmen sie wirklich für wichtig ansahen, was - wenn man an den internationalen Kontext denk - wirklich ein eklatanter Fehler ist. Small Talk ist in fast allen Kulturen von ganz großer Wichtigkeit. Wir unterscheiden das. Wir teilen sehr schnell den privaten und den geschäftlichen Bereich, und das ist in den meisten anderen Kulturen nicht der Fall. In einem internationalen Team zu arbeiten, haben fast 70 Prozent der Firmen für sehr wichtig erachtet. Dagegen die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, fanden nur 22 Prozent der Firmen wirklich wichtig. Das Thema Tischmanieren wurde mit circa 50 Prozent beantwortet, dass die Firmen darauf Wert legen, dass es ihnen wichtig ist. Auch das ist international ein ganz großer Fehler, weil das Thema Geschäftsessen, vom Frühstück bis zum Abendessen, im Ausland sehr wichtig ist, und Unsicherheiten in diesem Bereich führen sehr schnell dazu, dass man seine Souveränität verliert und damit auch weniger kompetent wirkt.
Becker: Was das Thema Small Talk angeht, würde ich gerne noch wissen - das scheint eben auch US-Amerikanern und Asiaten sehr wichtig zu sein, wir haben häufig Schwierigkeiten damit -, was raten Sie denn Ihren Studierenden, was Small Talk angeht?
Schlegel: Ich sage auf alle Fälle allen, dass sie sich darauf einlassen müssen. Wir üben die Small-Talk-Kompetenz richtig in kleinen Rollenspielen. Wichtig dabei ist, dass wir heikle Themen umschiffen, und dazu gehört die Politik und die Religion. Alles, was sehr emotional besetzt sein kann, entweder auf meiner Seite oder auf der Seite des Gesprächspartners, sollte ich umgehen. Es gibt wunderbare Bereiche, die den ganzen kulturellen Bereich abdecken, das Theater, die Ausstellungen, Kino. Sport ist ein wunderbarer Aufhänger in den USA. Also bitte nicht in die USA reisen, ohne zu wissen, wie die wichtigen Mannschaften gerade gespielt haben. Das Thema Reisen, rund ums Essen. Aktives Zuhören ist eine wunderbare Hilfe für Leute, die unsicher sind. Lernen Sie zuzuhören, und authentisch zuhören, greifen Sie Inhalte des Gehörten auf, und dann entwickelt sich sehr schnell ein sehr schönes Gespräch.
Becker: Bis wohin sollte denn die Krawattenspitze reichen?
Schlegel: Bis auf die Gürtelschnalle.
Becker: Und wer geht bei einer Drehtür voraus?
Schlegel: Der Herr geht voraus in einer Drehtür.
Becker: Vielen Dank für das Gespräch.