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Richtlinien für Genmais

Gentechnologie. – Die Bundesregierung und mit ihr die Mehrheit der Deutschen mag sich noch so sehr sträuben, genmanipulierte Organismen verbreiten sich immer weiter in der Welt. Damit diese Ausbreitung zumindest so kontrolliert wie möglich verläuft, erarbeiten Wissenschaftler Richtlinien, an denen sich Staaten orientieren können, die den Anbau der Pflanzen zulassen.

    119 Staaten haben bis heute das so genannte Cartagena Protokoll ratifiziert, das den Umgang mit genetisch veränderten Organismen regelt. Viele Länder, insbesondere Entwicklungsländer, haben jedoch keine Richtlinien ausgearbeitet, die die in dem Protokoll aufgestellten Forderungen konkretisieren. Ihnen will eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern mit dem GMO guidelines projecthelfen. 240 Experten aus 37 Ländern arbeiten in diesem Projekt fallspezifische Anleitung für die Risikoabschätzung von genetisch veränderten Organismen aus, die das Cartagena-Protokoll für die Praxis faßbar machen. Die erste Phase mit Projekten aus Kenia und Brasilien geht jetzt gerade zuende. Sie umfaßte zunächst nur die Datenerhebung. Angelika Hilbeck von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich: "Wir haben uns erst mal einen guten Überblick über die Agrarproduktion, über den sozioökonomischen Hintergrund verschafft." In Kenia soll Bt-Mais, in Brasilien Bt-Baumwolle angebaut werden. Beide Pflanzen haben ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis implantiert, es verhilft ihnen zur Produktion eines Insektengiftes, mit dem Schädlingen der Garaus gemacht werden kann.

    Hilbeck gehört zur Koordinationsgruppe des Projektes, mit dem die strengen europäischen Standards möglichst auch in Entwicklungsländern angewandt werden sollen. Die Expertise der Forscher aus Europa, wo viele Fragen bereits seit langem untersucht werden, soll den Entwicklungs- und Schwellenländern Daten liefern, um auf breiter Grundlage eigene Entscheidungen treffen zu können. Hilbeck: "Wir wollen Prinzipien und Grundlagen entwickeln, wenn ein Land sich für das Zulassungsverfahren entscheidet." Die Gewichtung der Vor- und Nachteile überlassen die Experten dagegen den Behörden des jeweiligen Landes. "Darauf haben wir keinen Einfluß und möchten ihn auch nicht haben", so Hilbeck. Sogar die Hersteller genmanipulierter Pflanzen haben inzwischen den Vorteil des Projektes erkannt und arbeiten mit. Die Zulassungsbehörden der europäischen Staaten sehen es ohnehin als vorteilhaft an. Jörg Landsmann von der Biologischen Bundesanstalt Braunschweig: "Die Erfahrungen, die wir in unseren Ländern gemacht haben, sind sicherlich wertvoll, um dort auf Probleme, die speziell in diesen Ländern bestehen, übertragen zu werden. Insofern ist das eine große Hilfestellung für diese Länder."

    [Quelle: Michael Engel]