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Richtungsstreit in der AfD
"Da gehöre ich leider nicht mehr hin"

Der wirtschaftsliberale Flügel der AfD in Hessen fühlt sich von den national-konservativen Kräften der Partei an den Rand gedrängt. Der Landesverband ist tief gespalten. Mehr und mehr Wirtschaftsliberale aus dem Lager von AfD-Parteichef Bernd Lucke verlassen die Partei. Mit rechtspopulistischen Positionen wollen sie nichts zu tun haben.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Plakat der Alternative für Deutschland auf einer Litfasssäule
    Alternative für Deutschland (dpa/Marc Müller)
    Susanne Gruber war bis Mitte April Landesvorsitzende der hessischen AfD. Dann setzte sich der national-konservative Flügel der Partei durch und wählte die Unterstützerin des wirtschaftsliberalen Lucke-Lagers ab. Am vergangenen Wochenende nun wurde schließlich ein neuer hessischer AfD-Landesvorstand gewählt. Die Zusammensetzung dieses neuen Vorstandes ist für Susanne Gruber Ausdruck eines "maximalen Rechtsrucks" der AfD-Hessen: "Vom Rechtspopulismus zum Rechtsextremismus - die Grenzen sind fließend. Wir haben einen Landesvorstand jetzt dabei, der ist ein Kopf innerhalb der 'Identitären Bewegung'. Identitäre Bewegung stammt ursprünglich aus Frankreich. Es klingt anfangs noch harmlos, wie das so oft bei rechten Thesen ist. 'Trinkt deutsche Limonade, kein amerikanisches Cola'. Es ist deutsch-nationales Gedankengut, was da geäußert und gepflegt wird durch unser Mitglied in einem Institut für Staatspolitik. Die machen auch Veranstaltungen. Vieles läuft aber auch über geschlossene Facebook-Gruppen, sodass man wenig beweisen kann."
    Einer der neuen Vorstandssprecher der AfD Hessen ist Peter Münch. Das ist ein Mann, den ein AfD-Schiedsgericht erst Anfang des Jahres aus dem hessischen AfD-Vorstand entfernt hatte, weil er frühere Funktionen in der rechtsextremen Partei Die Republikaner verschwiegen haben soll. Susanne Gruber ist über seine Wiederwahl entsetzt: "Wobei ich das eigenartig finde, wie man das nach außen transportieren will, dass die Mitglieder mehrheitlich wirklich jemanden wählen, der von einem Schiedsgericht - einer neutralen Instanz - seines Amtes enthoben wurde."
    "Es wurde laut getönt"
    Unter einem solchen hessischen AfD-Vorstand will sie nicht weiter Politik machen, sagt Susanne Gruber. Die Politikerin, die 2013 von der CDU zur AfD gewechselt war, hat nun auch ihr Amt als Sprecherin des AfD-Kreisverbandes Fulda niedergelegt. Mit den Wahlerfolgen in ostdeutschen Bundesländern und der Liaison mit der Dresdener Pegida-Bewegung im vergangenen Jahr begann für die ehemalige hessische AfD-Landeschefin der Niedergang der Partei: "Wir haben - glaube ich - kein Problem gehabt, auch Rechtsaußen-Positionen gerade noch zu akzeptieren, solange man da nicht zu laut schreit. Aber es wurde laut getönt. Und plötzlich ging es nur noch um die Themen Zuwanderung und Asylantenheime. Die in einer Weise bearbeitet wurden, die mich sehr abstößt. Man kann Menschen nicht bei ihrer Angst abholen und einfangen. Angst machen vor dem Asylbewerberheim, das in der Umgebung gebaut wird. Und klar ist ja auch: Im Osten, wo der geringste Ausländeranteil ist, hat man eben die Erfahrung nicht, wie in Frankfurt am Main, wo eben auch viele Muslima mit Kopftuch zu sehen sind im Straßenbild, dass das keine Gefahr darstellt, dass keine Islamisierung Europas droht."
    Wenn sich Bernd Lucke mit seiner Initiative "Weckruf 2015" auf Bundesebene nicht gegen den Rechtsruck innerhalb der AfD durchsetzen sollte, wird Susanne Gruber wohl denen folgen, die die Partei schon verlassen haben: "Wir haben also schon einem kleinen Exodus von Menschen, die die Partei verlassen und sagen: Nein! Ich bin nie in eine rechtsextreme oder rechtspopulistische Partei eingetreten und da gehöre ich auch leider nicht mehr hin."