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"Ries - Piano Quintet op. 74/Sextets opp. 100 & 142"

Kein großer, aber ein interessanter Komponist war der Beethoven-Schüler Ferdinand Ries, der seinen Meister um mehr als ein Jahrzehnt überlebte. Ries war längere Zeit in London tätig, kehrte dann wieder ins Rheinland zurück und starb 1838 in Frankfurt. Das Ensemble Concertant Frankfurt, das aus Mitgliedern des dortigen Radio-Sinfonie-Orchesters besteht, hat nun bei dem Versandlabel cpo drei großbesetzte Kammermusikwerke vorgelegt: ein Klavierquintett, ein Klaviersextett und ein Sextett für Harfe, Klavier, Klarinette, Fagott, Horn und Kontrabass. Auch in den beiden anderen Werken gesellt sich ein Kontrabass zum Violoncello, was allein schon aparte Wirkungen verspricht. Apart - so könnte man die Musik von Ferdinand Ries bezeichnen. Er schrieb ein Stilgemisch aus Beethoven, Weber, Schubert, Hummel und Moscheles, wobei die Stilbrüche erstaunlich interessante Momente zeitigen, selbst wenn Ries da immer wieder fleißig zum romantischen Mittel des verminderten Septakkords greift. Der Mann hatte Ideen. Nicht immer große Ideen, aber es scheint ihm immer irgendwie etwas eingefallen zu sein. Die Einleitung zum Quintett op. 74 in h-moll zum Beispiel hat etwas vom romantischen Schauerdrama, so wie Ries in seinen langsamen Sätzen eine reizvolle Mischung aus Lied und Arie schafft: * Musikbeispiel: Ferdinand Ries - aus: Quintett h-moll für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass und Klavier op. 74 Die Besetzung des tiefen Registers mit Cello und Kontrabass verleiht diesen Kammermusikwerken von Ferdinand Ries natürlich etwas Düsteres, wogegen das Weber'sche Filigran des Pianoforte sich wirkungsvoll abhebt. Fritz Walter schüttelt das Passagenwerk freilich auch mit virtuoser Nonchalance aus dem Handgelenk, und der Hauch von Salon, den das Ganze dabei erhält, bekommt der Musik ausgezeichnet. Ferdinand Ries mag ja auch ein Grübler gewesen sein, doch bei alledem eher ein Salongrübler, was nicht unsympathisch sein muss. Im Großen Sextett C-dur op. 100 finden sich übrigens angemessen traurige Variationen über das bekannte irische Lied von der letzten Rose - nach opernhafter Einleitung selbstverständlich. Den stärksten Reiz übt wohl doch das Sextett für Harfe, Klavier, Bläser und Kontrabass aus. Auch hier hat Ries das hohe Register der Oboe und der Flöte ausgespart und sich allein auf die Klarinette kapriziert. Heikel ist natürlich für heutige Instrumente die Paarung Klavier und Harfe. Aber Charlotte Cassedanne, nach wie vor auf der Höhe ihrer Harfenkunst, und Fritz Walter am Flügel gehen in einem Ton miteinander um, der von großem wechselseitigem Respekt und einem wachen Ohr für die Klangwelten des Partnerinstruments zeugt. Der Komponist Ries wiederum war rücksichtsvoll genug, für ein Kammermusikwerk mit Harfe nicht gerade ein Presto-Finale zu ersinnen. Vielmehr beendete er das Ganze allegretto und nach Rondo-Art, und so ist man als Hörer geneigt, den Musikern ungetrübtes Vergnügen an diesem Finale zu unterstellen und dieses mit ihnen zu teilen. * Musikbeispiel: Ferdinand Ries - Schluss aus: Sextett g-moll für Harfe, Klavier, Klarinette, Fagott, Horn und Kontrabass op. 142 Das war die neue Platte im Deutschlandfunk. Zum Schluss hörten Sie das Ensemble Concertant Frankfurt mit dem Finalsatz aus dem Sextett g-moll op. 142 für Harfe, Klavier, Klarinette, Fagott, Horn und Kontrabass von Ferdinand Ries. Die CD ausschließlich mit Werken von Ries ist bei dem Versandlabel cpo erschienen. Außerdem ging es heute um eine neue CD des Klavierduos Anna und Ines Walachowski, die bei Berlin Classics herausgekommen ist.

Norbert Ely |