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Riesenkran und Mega-Laster

Technik. - Früher genügte zum Aufstellen eines Windrads gerade ein Traktor. Doch wenn das größte Windrad der Welt aufgestellt werden soll, dann sind technische Meisterleistungen gefragt. Die Riesenwindmühle steht seit kurzem in Brunsbüttel an der Unterelbe und überragt mit ihrem 130 Meter durchmessenden Rotor selbst den Kölner Dom. Das Gerät ist ein Prototyp für Windräder, die in Nord- und Ostsee eingesetzt werden sollen.

    In der Nacht kommt das Ungetüm - auf breitem Pfad, den die Polizei vorsorglich frühzeitig sperren ließ. Dabei ist das Monstrum nicht einmal komplett, denn auf dem überlangen Transporter ruht der gerade einmal der mit 61,5 Metern längste Windradflügel der Welt. Werner Gebauer darf dabei nicht mitfahren, sondern schleicht mit wachem Blick hinter dem Vehikel her: "Ich kann von hier hinten mit einer Funklenkung die drei Hinterachsen nachsteuern, um Kurven exakt zu passieren." Der Flügel selbst musste heftig abspecken, allerdings nicht allein wegen des Transportes, sondern um überhaupt den Anforderungen gewachsen zu sein. Dazu wurde ein Kunststoffgewebe verwendet, das zusätzlich durch Glas- und Kohlefasern verstärkt wurde. So erreichten die Ingenieure ein Gewicht von "nur" 18 Tonnen.

    Die Gondel der Windkraftanlage stammt aus den Händen der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG in Kiel. Sie bringt es fast auf die Größe eines Hauses und beherbergt unter anderem die Rotorwelle und den Generator. Auch die Welle ist nicht "von der Stange": innen hohl, um Gewicht zu sparen und mit einer Verkleidung aus Glasfaser verstärktem Kunststoff vor den Widrigkeiten des Wetter geschützt. Die Kabine reiste allerdings zunächst auf dem Wasserweg ihrem Ziel entgegen. Über den Nordostseekanal ging es auf einem Schwimmponton Richtung Endmontage. "Die Gondel wiegt 300 Tonnen. Das ist aber für uns nichts besonderes, solche Lasten heben wir täglich", erzählte ein HDW-Mitarbeiter. Dennoch kam es in Kiel zu Problemen, ein Stahlträger gab unter dem Gewicht nach und verformte sich, als wäre er aus Draht. Erst am Nachmittag trafen schließlich noch gewaltigere Haken ein und hievten die Gondel auf ihren Transportkahn.

    Drei Wochen später haben die Monteure die drei Flügel mit der Nabe zu einem riesigen Stern verschraubt. Ihn hebt ein gewaltiger Kran an seinen Platz in 120 Metern Höhe. Dort wartet bereits an der Spitze des Turms die Gondel. Doch aufkommender Wind zwingt zur Unterbrechung - erst in einer kurzen Flaute gelingt das schwierige Manöver. Gemächlich steigt der Rotor empor und kippt dabei in Zeitlupe aus der Waagerechten in die Senkrechte. Allen Beteiligten ist die Erleichterung deutlich anzumerken. Erst im November wird der Rotor erstmals in Betrieb genommen, denn bis dahin müssen Techniker und Ingenieure Kabelbäume legen und anschließen und Instrumente justieren. Ende dieses Jahres schließlich soll dann der erste Strom fließen - erzeugt im weltgrößten Windrad, dem "REpower 5M".

    [Quelle: Frank Grotelüschen]