Christoph Schmitz: Es gab noch Zeiten, da versprach ein Wagnis im Verlagswesen mit Erfolg gekrönt zu werden. Diese schöne Kombination von Mut, Kultur und Erfolg gelang den beiden Kölner Verlegern Ute Nyssen und Jürgen Bansemer, die 1981 den Theaterverlag Nyssen & Bansemer gründeten. Ihr ästhetisches Gespür und ihr Verhandlungsgeschick führte die Außenseiter zum Erfolg in einer sich rasch entwickelnden multimedialen Branche. Zu den Autoren, die sie vertraten, zählten berühmte Namen wie Woody Allen, Tankred Dorst, Elfriede Jelinek, Eric Rohmer, Heiner Kippardt. Vor einigen Jahren haben die Eigentümer ihren Verlag verkauft, der Mitbegründer Jürgen Bansemer ist gestern im Alter von 72 Jahren verstorben.
Einer seiner langjährigen Freunde war der Shakespeare-Übersetzer Frank Günther. Was war Jürgen Bansemer und sein Verlag für Sie als Übersetzer?
Frank Günther: Das waren für mich die Anfänge und die Begründungen überhaupt meiner ganzen Existenz als Übersetzer, weil ich niemals ohne Jürgen Bansemer und Ute Nyssen das getan hätte, was ich nun seit bald 30 Jahren tue, nämlich Shakespeare zu übersetzen. Sie haben mich damals auf diese Idee gebracht, und ich weiß eigentlich bis heute nicht, warum sie an mich geglaubt haben, dass ich das können könnte. Sie haben es mir nach ein paar kleinen Arbeiten, die ich gemacht hatte, sofort angetragen, was ich kühn und wahnsinnig fand. Und ich habe es dann gemacht. und so ist eigentlich meine berufliche Existenz, wie mein ganzes Leben verlaufen ist, abhängig von dem damaligen Glauben von Jürgen Bansemer und Ute Nyssen an meine Möglichkeiten, Shakespeare zu übersetzen.
Schmitz: Wie sieht denn Ihr Shaekespeare bei Nyssen & Bansemer aus?
Günther: Mein Shakespeare bei Nyssen & Bansemer verbindet eigentlich absolute Texttreue mit den Problemen, Shakespeare in einer anderen Zeit, in einer anderen Welt, aber in einer Sprache wiederzugeben, die dieser Welt verständlich ist.
Schmitz: Und wie sehen Sie die Bedeutung des Verlages Nyssen & Bansemer für die Dramatik in Deutschland?
Günther: Der Verlag Nyssen & Bansemer war eine der ersten Adressen überhaupt meiner Ansicht nach im ganzen Theaterwesen. Wenn man so einen alten Prospekt durchblättert, in dem sie also ihre Autoren aufgeführt haben, dann liest sich das wie das "Who's who?" der Avantgarde. Das ist dann Elfriede Jelinek und Marthaler und Lina Wertmüller und Jérôme Savary. Sie waren immer eigentlich eine Nasenlänge allen anderen offenbar voraus. Das begann in den 70er Jahren schon mit Tuli Kupferberg, was noch skandalös seinerzeit war. Und es spricht absolut für ihr Gespür, neue Trends aufzunehmen und zu wissen, was aktuelle Tendenzen und Bewegungen sind.
Schmitz:! Wie würden Sie das ästhetische Gespür von Jürgen Bansemer beschreiben?
Günther: Es ist ein Gespür, das sich der literarischen Tradition als erstes verpflichtet fühlt, im Wort und der Sprache. Er war ein absolut penibler Korrektor, der jedes Wort 33 Mal gedreht hat, der absolut sofort gespürt hat, wenn etwas nicht gestimmt hat. Er war einer, der im eigenen Gespräch sofort wundervolle Wortspiele entwickelte, en passant. Ein Mensch, der von der Sprache her kam und von der Literatur und die Literatur verteidigt hat gegen alle ihre Zumutungen, die das Theater an die Literatur ja auch oftmals stellt.
Schmitz: Sie haben ihn auch als Freund erlebt: Wie war er als Mensch und Freund?
Günther: Er war ein erfreulich schwieriger Mensch, aber ein erfreulich vielfältiger und widersprüchlicher Mensch. Wenn man ihn beschreiben soll, würde ich sagen, er war immer schon ein grand seigneur, der sofort den ASTA-Vorsitz an der Uni hätte übernehmen können. Er war unglaublich jung in seinem Verhalten und in seinem wertkonservativem Bemühen gleichzeitig unbeugbar. Er war unbestechlich und rigoros in seinen Kämpfen für die Autoren. Er hat niemals irgendeine Konfrontation gescheut, wenn es darum ging, die Autoren zu verteidigen, auch wenn es auf eigene Kosten ging.
Schmitz: Wie hat er die letzten Jahre verbracht, nachdem er den Verlag abgegeben hatte aus gesundheitlichen Gründen?
Günther: Es ist traurig gewesen, dass jemand, der der Literatur so verbunden war und dem Wort so verbunden war und der Schrift, allmählich blind wurde. So war es ihm nicht mehr möglich, den Verlag weiter fortzuführen. Es war also ein Rückzug aus der literarischen Welt, aus der theatralischen Welt, der nicht freiwillig erfolgte, sondern einfach deswegen, weil man einen Verlag nicht führen kann, wenn man nicht mehr lesen kann. So hat er dann über Hörbücher sich der Literatur weiterhin verbunden gefühlt und versucht, das Beste daraus zu machen. Er hatte noch wohl eine sehr schöne Zeit mit seinen Winteraufenthalten in Paris. Und wir waren zusammen in Spanien zum Silvester 2000. Es ist irgendwie sehr traurig, dass ein alter Freund nach so vielen Jahren nun so schnell und so überraschend von uns gehen musste.
Schmitz: Der Übersetzer Frank Günther über den verstorbenen Verleger Jürgen Bansemer.
Einer seiner langjährigen Freunde war der Shakespeare-Übersetzer Frank Günther. Was war Jürgen Bansemer und sein Verlag für Sie als Übersetzer?
Frank Günther: Das waren für mich die Anfänge und die Begründungen überhaupt meiner ganzen Existenz als Übersetzer, weil ich niemals ohne Jürgen Bansemer und Ute Nyssen das getan hätte, was ich nun seit bald 30 Jahren tue, nämlich Shakespeare zu übersetzen. Sie haben mich damals auf diese Idee gebracht, und ich weiß eigentlich bis heute nicht, warum sie an mich geglaubt haben, dass ich das können könnte. Sie haben es mir nach ein paar kleinen Arbeiten, die ich gemacht hatte, sofort angetragen, was ich kühn und wahnsinnig fand. Und ich habe es dann gemacht. und so ist eigentlich meine berufliche Existenz, wie mein ganzes Leben verlaufen ist, abhängig von dem damaligen Glauben von Jürgen Bansemer und Ute Nyssen an meine Möglichkeiten, Shakespeare zu übersetzen.
Schmitz: Wie sieht denn Ihr Shaekespeare bei Nyssen & Bansemer aus?
Günther: Mein Shakespeare bei Nyssen & Bansemer verbindet eigentlich absolute Texttreue mit den Problemen, Shakespeare in einer anderen Zeit, in einer anderen Welt, aber in einer Sprache wiederzugeben, die dieser Welt verständlich ist.
Schmitz: Und wie sehen Sie die Bedeutung des Verlages Nyssen & Bansemer für die Dramatik in Deutschland?
Günther: Der Verlag Nyssen & Bansemer war eine der ersten Adressen überhaupt meiner Ansicht nach im ganzen Theaterwesen. Wenn man so einen alten Prospekt durchblättert, in dem sie also ihre Autoren aufgeführt haben, dann liest sich das wie das "Who's who?" der Avantgarde. Das ist dann Elfriede Jelinek und Marthaler und Lina Wertmüller und Jérôme Savary. Sie waren immer eigentlich eine Nasenlänge allen anderen offenbar voraus. Das begann in den 70er Jahren schon mit Tuli Kupferberg, was noch skandalös seinerzeit war. Und es spricht absolut für ihr Gespür, neue Trends aufzunehmen und zu wissen, was aktuelle Tendenzen und Bewegungen sind.
Schmitz:! Wie würden Sie das ästhetische Gespür von Jürgen Bansemer beschreiben?
Günther: Es ist ein Gespür, das sich der literarischen Tradition als erstes verpflichtet fühlt, im Wort und der Sprache. Er war ein absolut penibler Korrektor, der jedes Wort 33 Mal gedreht hat, der absolut sofort gespürt hat, wenn etwas nicht gestimmt hat. Er war einer, der im eigenen Gespräch sofort wundervolle Wortspiele entwickelte, en passant. Ein Mensch, der von der Sprache her kam und von der Literatur und die Literatur verteidigt hat gegen alle ihre Zumutungen, die das Theater an die Literatur ja auch oftmals stellt.
Schmitz: Sie haben ihn auch als Freund erlebt: Wie war er als Mensch und Freund?
Günther: Er war ein erfreulich schwieriger Mensch, aber ein erfreulich vielfältiger und widersprüchlicher Mensch. Wenn man ihn beschreiben soll, würde ich sagen, er war immer schon ein grand seigneur, der sofort den ASTA-Vorsitz an der Uni hätte übernehmen können. Er war unglaublich jung in seinem Verhalten und in seinem wertkonservativem Bemühen gleichzeitig unbeugbar. Er war unbestechlich und rigoros in seinen Kämpfen für die Autoren. Er hat niemals irgendeine Konfrontation gescheut, wenn es darum ging, die Autoren zu verteidigen, auch wenn es auf eigene Kosten ging.
Schmitz: Wie hat er die letzten Jahre verbracht, nachdem er den Verlag abgegeben hatte aus gesundheitlichen Gründen?
Günther: Es ist traurig gewesen, dass jemand, der der Literatur so verbunden war und dem Wort so verbunden war und der Schrift, allmählich blind wurde. So war es ihm nicht mehr möglich, den Verlag weiter fortzuführen. Es war also ein Rückzug aus der literarischen Welt, aus der theatralischen Welt, der nicht freiwillig erfolgte, sondern einfach deswegen, weil man einen Verlag nicht führen kann, wenn man nicht mehr lesen kann. So hat er dann über Hörbücher sich der Literatur weiterhin verbunden gefühlt und versucht, das Beste daraus zu machen. Er hatte noch wohl eine sehr schöne Zeit mit seinen Winteraufenthalten in Paris. Und wir waren zusammen in Spanien zum Silvester 2000. Es ist irgendwie sehr traurig, dass ein alter Freund nach so vielen Jahren nun so schnell und so überraschend von uns gehen musste.
Schmitz: Der Übersetzer Frank Günther über den verstorbenen Verleger Jürgen Bansemer.