Zum Unvermeidlichen im frühen Altertum der Menschen, das wohl bereits die Spätgeschichte der Götter einleitete, gehört die Sesshaftwerdung der zuvor nomadischen Existenzen. Für die altgermanischen Gottheiten war der Preis für den festen Wohnsitz offenkundig zu hoch – auf schickliche Weise konnten die Baukosten für die Burg Walhall von Wotan & Cie. nicht beglichen werden. Von den Intrigen im Planungsstadium und bei der Auftragsvergabe handelt "Das Rheingold". Zugleich von der Naturzerstörung und Mehrwertschöpfung durch den Zwerg Alberich, Wotans großen Kontrahenten in der durch Feuer illuminierten Tiefe: aus dem Gold, das er den Rheintöchtern raubte, lässt er nicht nur Schmuck und Tand für die Frauen schmieden, sondern auch High-Tech-Produkte wie den Allmacht verleihenden "Ring" und den nützlichen Tarnhelm – und vor allem: immer noch mehr Gold. Indem Wotan dem Räuber seinen ganzen Reichtum mitsamt den Zauberwerkzeugen abpresst, vermag er zwar die Riesen auszubezahlen – aber Freude kommt über das neue Eigenheim nicht auf.
Wotan zieht mit zwiespältigen Gefühlen gen Walhall – "seinem Untergang entgegen", wie Berater Loge mutmaßt. Die Partie des einen ist in Karlsruhe so kompetent besetzt wie die des anderen und die der Gegenspieler: ein Männer-Sextett von bemerkenswerter Qualität reißt das Publikum in Karlsruhe ebenso zu einem Begeisterungssturm hin wie die von Anthony Bramall vorzüglich austarierte Staatskapelle, deren Kraftentfaltung sorgsam gezügelt wird und die nie protzen darf. Bjarni Thor Kristinsson überzeugt als Wotan mit warmer voller Tiefe des Tons, Ulrich Schneider prononciert den Bauleiter Fasolt vorzüglich, Stefan Stoll beweist sich mit etwas metallischerem Timbre als der "Macher" Alberich, John Pickering verkörpert den ewig zurückgesetzten Bruder Mime mit zwackender Stimme und vor allem Matthias Wohlbrecht ist ein Trumpf des Ensembles: dieser Loge muss zwar wie ein Rumpelstilzchen hüpfen, bietet dabei aber die varianten- und fintenreichste Stimme an, die ganze Bandbreite zwischen Buffo und Melancholiker, der den Opfern seiner verschlagenen Ratschläge sogar mit einem gewisses Maß an Zuwendung und Hilfsbereitschaft begegnet – wie hier dem von Wotan brutal ausgeplünderten Alberich:
Die gute Textverständlichkeit der Karlsruher "Ring"-Produktion wurde von den Obertiteln noch unterstrichen. Die Inszenierung des französischen Regisseurs Denis Krief, der in den letzten Jahren schwerpunktmäßig an italienischen Opernhäusern inszenierte, verhält sich nicht minder eindeutlich: so gut wie alles, was in den letzten Jahrzehnten dem "Rheingold" an Interpretation zugedacht wurde, scheint vergessen und vergeben: Ein wenig erinnert der Stein-Kreis, in dem gespielt wird, und die drei großen geschwungenen metallglänzenden Teile, die an Seilen in verschiedene Positionen gehievt werden, an die "Entrümpelung" der von ideologisch beschwertem Ballast vollgepfropften alten Wagner-Bühne; nur ist es jetzt nicht der altgermanische Plunder, der vermieden wird, sondern alle Anspielung auf Menschengeschichte. Also: Keine Kapitalisten, kein Mafia-Boss, sondern Kutten und Schals in unterschiedlichen Farben für die verschiedenen Parteien. Das "Rheingold" hat sich in ein zeitloses Niemandsland des Theaters verkrümelt. Da ruht es nun.
Wotan zieht mit zwiespältigen Gefühlen gen Walhall – "seinem Untergang entgegen", wie Berater Loge mutmaßt. Die Partie des einen ist in Karlsruhe so kompetent besetzt wie die des anderen und die der Gegenspieler: ein Männer-Sextett von bemerkenswerter Qualität reißt das Publikum in Karlsruhe ebenso zu einem Begeisterungssturm hin wie die von Anthony Bramall vorzüglich austarierte Staatskapelle, deren Kraftentfaltung sorgsam gezügelt wird und die nie protzen darf. Bjarni Thor Kristinsson überzeugt als Wotan mit warmer voller Tiefe des Tons, Ulrich Schneider prononciert den Bauleiter Fasolt vorzüglich, Stefan Stoll beweist sich mit etwas metallischerem Timbre als der "Macher" Alberich, John Pickering verkörpert den ewig zurückgesetzten Bruder Mime mit zwackender Stimme und vor allem Matthias Wohlbrecht ist ein Trumpf des Ensembles: dieser Loge muss zwar wie ein Rumpelstilzchen hüpfen, bietet dabei aber die varianten- und fintenreichste Stimme an, die ganze Bandbreite zwischen Buffo und Melancholiker, der den Opfern seiner verschlagenen Ratschläge sogar mit einem gewisses Maß an Zuwendung und Hilfsbereitschaft begegnet – wie hier dem von Wotan brutal ausgeplünderten Alberich:
Die gute Textverständlichkeit der Karlsruher "Ring"-Produktion wurde von den Obertiteln noch unterstrichen. Die Inszenierung des französischen Regisseurs Denis Krief, der in den letzten Jahren schwerpunktmäßig an italienischen Opernhäusern inszenierte, verhält sich nicht minder eindeutlich: so gut wie alles, was in den letzten Jahrzehnten dem "Rheingold" an Interpretation zugedacht wurde, scheint vergessen und vergeben: Ein wenig erinnert der Stein-Kreis, in dem gespielt wird, und die drei großen geschwungenen metallglänzenden Teile, die an Seilen in verschiedene Positionen gehievt werden, an die "Entrümpelung" der von ideologisch beschwertem Ballast vollgepfropften alten Wagner-Bühne; nur ist es jetzt nicht der altgermanische Plunder, der vermieden wird, sondern alle Anspielung auf Menschengeschichte. Also: Keine Kapitalisten, kein Mafia-Boss, sondern Kutten und Schals in unterschiedlichen Farben für die verschiedenen Parteien. Das "Rheingold" hat sich in ein zeitloses Niemandsland des Theaters verkrümelt. Da ruht es nun.