Brünnhildes und Siegfrieds Abschied findet vor weißem Vorhang statt. Der Hof der Gibichungen ist die Karikatur eines stoffdrapierten Operetten-Hofstaats. Gunter ist Offenbachs König Bobèche und Jarrys Roi Ubu mit Pappkrone in Einem. Im dritten Akt gibt es nur noch eine quadratische Spielfläche im grau verschmierten Bühnenkasten. Quasi-shakespearehaftes Simultantheater der Mächtigen und Ohnmächtigen. Theater auf dem Theater. Regisseur Michael Schulz arbeitet mit Brüchen und Desillusionierungen. Sogar der tote Siegfried darf wieder auferstehen. Brecht lässt grüßen. Das ist teils berührend, teils komisch, auch unfreiwillig. Aber in diesem Ring darf ohnehin viel gelacht werden. Michael Schulz, bisheriger Operndirektor in Weimar - ab nächster Spielzeit Generalintendant in Gelsenkirchen - hat viel Sinn für Ironie und Parodie. Er vermeidet konsequent alles Wagnersche Pathos. Ihn interessiert weder der Mythos noch die politische Parabel.
" Es geht mir aber darum, über ein assoziatives Material daran zu gehen. Und die Menschen hoffentlich dazu zu führen, dass sie anhand der Charaktere, anhand der Psychologie, an Verhalten zwischen diesen Menschen, und ich behaupte, dass auch die Götter wie Menschen zu zeigen sind, Parallelen zu sich, ihrer Umwelt, ihrer gesellschaftlichen Realität ziehen können und erleben können. "
Michael Schulz zeigt Wagner von seiner menschlichsten Seite. Anders als beispielsweise in Bayreuth, wo Tankred Dorst im derzeitigen "Ring" Spuren des antiken Mythos in einer Mischung aus Archaischem und Fantasy im Gegenwärtigen spiegelt oder in Aix en Provence, wo Stéphane Braunschweig den "Ring" als überhöhtes, steifes Konversationsstück gibt, zu schweigen vom Wiener postmodernen Schnickschnack-Ring Sven-Erik Bechtholfs, setzt der Weimarer "Ring" ganz auf nachvollziehbare zwischenmenschliche Geschichten. Er zeigt Beziehungen jenseits aller Wagnerklischees und -Traditionen. Michael Schulz ist ein Regisseur subtiler, ja intimer Blicke, Gesten und Begegnungen zwischen Menschen. Immer wieder gelingen ihm berührende Momente, wenn er den "Ring" als ein Stück über missbrauchte Kinder und wenn er die Rheintöchter, die Walküren, überhaupt die von patriarchalischen Machtstrukturen unterdrückten, betrogenen, vergewaltigten Frauen zeigt. Das ist sein Thema! Er inszeniert den Aufstand der Frauen gegen die Männerwelt. Am Ende erlöst denn auch die stärkste Frau, Brünnhilde, die fluchbeladene Männerwelt. Und Wagners Schluss-Utopie zeigt Schulz - nach einem Welten- und Walhallbrand ohne jedes Feuer - hinter den Kulissen sozusagen - als reinigendes Bad der übrig gebliebenen Frauen im Regen.
Die Männer sind in dieser Götterdämmerung durchweg brutale Machos, oder, wie im Falle Siegfrieds und Gunthers, Schwächlinge, die zu Fall kommen. Die Masse Mann - die Mannen zeigt der Regisseur als marodierenden, randalierenden, saufenden Mob der Strasse, eine rüde Mischung aus Neonazis, Rockern und autonomen Krawallbrüdern, die Frauen wie Jagdtrophäen und Sexobjekte benutzen. Deren wilde Sex-Orgie kontrastiert die anrührende Todeserzählung Siegfrieds, in der der Tenor Norbert Schmittberg zu großer Form aufläuft, ein hoffnungsvoller Wagnerheld. Überhaupt wartet man in Weimar mit einem insgesamt sehr überzeugenden Ensemble auf, das von der jungen britischen Hochdramatischen, Catherine Foster überragt wird, eine Ideal-Brünnhilde mit Zukunftspotential. Das Publikum war begeistert von ihr, aber auch vom scheidenden GMD Carl St. Clair, der an die Komische Oper Berlin wechselte, obwohl er die leistungsfähige Staatskapelle Weimar diesmal zu eher hemdsärmeligem als kultiviertem Wagnerspiel animierte!
" Es geht mir aber darum, über ein assoziatives Material daran zu gehen. Und die Menschen hoffentlich dazu zu führen, dass sie anhand der Charaktere, anhand der Psychologie, an Verhalten zwischen diesen Menschen, und ich behaupte, dass auch die Götter wie Menschen zu zeigen sind, Parallelen zu sich, ihrer Umwelt, ihrer gesellschaftlichen Realität ziehen können und erleben können. "
Michael Schulz zeigt Wagner von seiner menschlichsten Seite. Anders als beispielsweise in Bayreuth, wo Tankred Dorst im derzeitigen "Ring" Spuren des antiken Mythos in einer Mischung aus Archaischem und Fantasy im Gegenwärtigen spiegelt oder in Aix en Provence, wo Stéphane Braunschweig den "Ring" als überhöhtes, steifes Konversationsstück gibt, zu schweigen vom Wiener postmodernen Schnickschnack-Ring Sven-Erik Bechtholfs, setzt der Weimarer "Ring" ganz auf nachvollziehbare zwischenmenschliche Geschichten. Er zeigt Beziehungen jenseits aller Wagnerklischees und -Traditionen. Michael Schulz ist ein Regisseur subtiler, ja intimer Blicke, Gesten und Begegnungen zwischen Menschen. Immer wieder gelingen ihm berührende Momente, wenn er den "Ring" als ein Stück über missbrauchte Kinder und wenn er die Rheintöchter, die Walküren, überhaupt die von patriarchalischen Machtstrukturen unterdrückten, betrogenen, vergewaltigten Frauen zeigt. Das ist sein Thema! Er inszeniert den Aufstand der Frauen gegen die Männerwelt. Am Ende erlöst denn auch die stärkste Frau, Brünnhilde, die fluchbeladene Männerwelt. Und Wagners Schluss-Utopie zeigt Schulz - nach einem Welten- und Walhallbrand ohne jedes Feuer - hinter den Kulissen sozusagen - als reinigendes Bad der übrig gebliebenen Frauen im Regen.
Die Männer sind in dieser Götterdämmerung durchweg brutale Machos, oder, wie im Falle Siegfrieds und Gunthers, Schwächlinge, die zu Fall kommen. Die Masse Mann - die Mannen zeigt der Regisseur als marodierenden, randalierenden, saufenden Mob der Strasse, eine rüde Mischung aus Neonazis, Rockern und autonomen Krawallbrüdern, die Frauen wie Jagdtrophäen und Sexobjekte benutzen. Deren wilde Sex-Orgie kontrastiert die anrührende Todeserzählung Siegfrieds, in der der Tenor Norbert Schmittberg zu großer Form aufläuft, ein hoffnungsvoller Wagnerheld. Überhaupt wartet man in Weimar mit einem insgesamt sehr überzeugenden Ensemble auf, das von der jungen britischen Hochdramatischen, Catherine Foster überragt wird, eine Ideal-Brünnhilde mit Zukunftspotential. Das Publikum war begeistert von ihr, aber auch vom scheidenden GMD Carl St. Clair, der an die Komische Oper Berlin wechselte, obwohl er die leistungsfähige Staatskapelle Weimar diesmal zu eher hemdsärmeligem als kultiviertem Wagnerspiel animierte!