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Risiko Antibabypille

Im September sorgte der Tod einer jungen Schweizerin für Wirbel, die an den Folgen eines Blutgerinnsels gestorben war. Sie hatte eine Antibabypille eingenommen, die das künstliche Hormon Drosperinon enthält. Ein Zusammenhang konnte bisher aber nicht vollständig bewiesen werden.

Von Anna Florenske | 01.12.2009
    Wer zum Beispiel raucht, Übergewicht hat oder eine erbliche Veranlagung ist besonders gefährdet, ein Blutgerinnsel – auch genannt: Thrombose – zu bekommen. Neben diesen persönlichen Risikofaktoren kann aber auch die Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle spielen. Denn: Frauen, die die Pille einnehmen, haben ein höheres Risiko, ein Blutgerinnsel zu bekommen, als Frauen, die nicht hormonell verhüten, sagt Bernhard Sachs vom deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte:

    "Die Ausbildung von Blutgerinnseln und deren mögliche Verschleppung in die Lungenarterien ist eine bekannte Nebenwirkung bei der Anwendung von hormonalen Verhütungsmitteln. Diese Ausbildung von Blutgerinnseln kann in seltenen Fällen tödlich verlaufen. Auf diese Nebenwirkungen wird aber in den Produktinformationen hingewiesen."

    Doch es gibt Unterschiede: Das Risikopotenzial ist bei den einzelnen Präparaten unterschiedlich hoch. Es hängt davon ab, welche Hormone sie enthalten. Wie viele Frauen hatte die verstorbene Schweizerin eine Pille mit dem relativ neuen Wirkstoff Drosperinon eingenommen. Und gerade bei diesem Wirkstoff stritten sich bislang die Gelehrten, erklärt Joachim Groß, der Sprecher der schweizerischen Arzneimittelbehörde:

    "Es gibt zwei neuere Studien und die gehen davon aus, dass eben die neuen Antibaby-Pillen, die den Wirkstoff Drosperinon enthalten, ein etwas erhöhtes Risiko haben für Venenthrombosen und Lungenembolien, als man vorher angenommen hat."

    Doch diese Studien waren umstritten. Nicht zuletzt, weil etwas ältere Studien stets davon ausgingen, dass Präparate mit Drosperinon ein eher geringes Thrombose-Risiko haben – im Vergleich zu anderen Pillen. Das aktuelle Untersuchungsergebnis der schweizerischen Arzneimittelbehörde bringt nun Klarheit. Joachim Groß:

    "Das Risiko von drosperinonhaltigen Antibaby-Pillen ist höher als wir bisher angenommen haben."

    Soviel ist jetzt sicher: Erstens: Ältere Pillen der sogenannten zweiten Generation haben das geringste Thromboserisiko. Sie enthalten das Hormon Levonorgestrel. Zweitens: In neueren Pillen der sogenannten dritten Generation steckt derzeit das größte Risiko, ein Blutgerinnsel hervorzurufen. Ihre Hormone heißen zum Beispiel Gestoden und Desogestrel. Und drittens:

    "Die Antibabypillen, die diesen Wirkstoff Drosperinon enthalten, da liegt das Risiko nahe an den Antibaby-Pillen der dritten Generation. Das Risiko ist relativ hoch."

    Insgesamt ist das Risiko, durch eine Antibaby-Pille ein lebensgefährliches Blutgerinnsel zu bekommen, aber sehr klein. Alle Produkte, die sich auf dem Markt befinden, haben nach Ansicht der Arzneimittelbehörden ein vertretbares Risiko. Trotzdem sind die Unterschiede im Risikopotenzial zwischen den einzelnen Pillen ernst zu nehmen, warnt Jörg Schaaber, von der unabhängigen Pharma-Zeitschrift "Gute Pillen, schlechte Pillen".

    "Pro eine Millionen Frauen, die ein Jahr die Pille einnehmen, sind durch diese Pillen mit vier Todesfällen durch Thrombosen zusätzlich zu rechnen. Und da diese Todesfälle vermeidbar sind, wenn man auf eine andere Pille umstellt, sehe ich keinen Grund, sich diesem Risiko auszusetzen."

    Die Untersuchung der schweizerischen Arzneimittel-Behörde zeigt also gerade die neueren Antibaby-Pillen mit dem Wirkstoff Drosperinon in einem neuen Licht: Sie sind gefährlicher als bisher gedacht. Frauen, die Antibaby-Pillen mit einem möglichst niedrigen Thrombose-Risiko wählen möchten, sollten ältere Produkte der sogenannten zweiten Pillengeneration wählen. Sie enthalten meist das bewährte Hormon Levonorgestrel. Auch ist es wichtig, dass Antibaby-Pillen nur nach gründlicher ärztlicher Beratung verordnet werden, um persönliche Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen oder eine familiäre Veranlagung auszuschließen.