Montag, 29. April 2024

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Risiko Wildunfälle
"Rehe und Wildschweine kommen mittlerweile auch in besiedelten Gebieten vor"

Allein 2015 wurden mehr als 3.000 Menschen bei Wildunfällen verletzt. Besonders im Winter, wenn es früh dunkel wird, steigt die Gefahr. Ist eine Kollision nicht mehr abzuwenden, sollte man keine wilden Lenkbewegungen machen, sagte James Brückner vom Deutschen Tierschutzbund im Dlf. Besondere Vorsicht sei in Waldgebieten geboten.

James Brückner im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 30.10.2017
    Ein Reh steht an einer Straße in Berlin-Konradshöhe am 03.07.2011, während ein Auto vorbei fährt. In den Grünflächen und Wäldern der Hauptstadt sind Wildtiere häufig an Menschen und Fahrzeuge gewohnt und zeigen wenig Scheu. Foto: Bernd von Jutrczenka | Verwendung weltweit
    Gefährlich wird es für Autofahrer insbesondere in Waldgebieten, wo die Tiere sich aufhalten, aber auch an Feldrändern, wo Reh, Hirsch & Co.zum Grasen gehen (dpa/ Bernd von Jutrczenka)
    Susanne Kuhlmann: Seit gestern ist es abends eine Stunde eher dunkel. Heute haben viele Beschäftigte einen Brückentag, aber wer übermorgen oder Donnerstag zur Feierabendzeit mit dem Auto fährt, sollte im Kopf haben, dass dann viele Wildtiere unterwegs sind. Deutsche Versicherer berichten, dass es 2015 zu besonders vielen Wildunfällen kam. 263.000 waren es. Über 3000 Menschen wurden dabei verletzt, 13 starben. Rund 200.000 Rehe und 20.000 Wildschweine wurden von Autos erfasst und getötet – eine Bilanz, die Autofahrer aufrütteln sollte, vor allem, wenn Straßen durch Risikogebiete führen.
    Am Telefon in München ist James Brückner. Er leitet das Artenschutzreferat beim Deutschen Tierschutzbund. Guten Tag, Herr Brückner.
    James Brückner: Schönen guten Tag.
    Kuhlmann: Was sind denn Risikogebiete für Wildunfälle?
    Brückner: Das sind insbesondere beispielsweise Waldgebiete, wo die Tiere sich aufhalten, aber auch an Feldrändern, wo die Tiere dann zum Äsen oder zum Grasen gehen, um Nahrung zu suchen. Auch dort ist es sicherlich sinnvoll, dass man vorsichtig fährt und möglichst die Geschwindigkeit drosselt.
    "Für den Autofahrer besonders gefährlich sind die größeren"
    Kuhlmann: Welche Tiere könnten einem denn während der Dämmerung ins Scheinwerferlicht geraten?
    Brückner: Es sind natürlich alle möglichen Wildtiere, aber für den Autofahrer besonders gefährlich sind die größeren, beispielsweise Rehe oder Wildschweine, in einigen Gebieten auch Rothirsche, Rotwild, natürlich auch Füchse und so weiter. Die sind alle auch in der Dämmerung unterwegs und da ist man geneigt, dass man besonders vorsichtig fahren sollte.
    Kuhlmann: Gibt es eigentlich Warnzeichen, zum Beispiel leuchtende Augen in der Böschung am Straßenrand oder so etwas?
    Brückner: Ja. Wenn man in Waldgebieten beispielsweise unterwegs ist und es ist schon relativ dunkel, dann kann man das Fernlicht anmachen. Dann sieht man die Tiere gegebenenfalls auch früher. Das sollte man dann nur abblenden, wenn man ein Tier tatsächlich sieht. Insgesamt ist es von Vorteil, wenn man den Wegrand oder den Straßenrand im Auge behält, weil man doch so die Chance hat, ein Tier vielleicht früher als sonst zu sehen.
    Kuhlmann: Was sollten Autofahrer generell jetzt beachten, wenn sie durch solche Waldgebiete fahren?
    Brückner: Wie immer gilt natürlich, die Geschwindigkeit zu drosseln. Das heißt, 50 bis 60 Kilometer pro Stunde. Da hat man noch eine Chance, zumindest wenn man das Tier rechtzeitig sieht, durch den verkürzten Bremsweg rechtzeitig das Auto zum Stehen zu bringen. Generell sollte man wie schon gesagt die Wegränder im Auge behalten. Wenn man ein Tier sieht und das über die Straße rennt, bitte unbedingt abbremsen, denn meistens sind die Tiere nicht allein unterwegs. Es könnten weitere folgen. Und wenn es dann doch mal passiert, dann unbedingt die Unfallstelle absichern und die Polizei verständigen.
    "Es wird geraten, dass man stark abbremst"
    Kuhlmann: Wenn die Kollision nicht abzuwenden ist – bleiben wir noch mal kurz bei dem Punkt -, was genau sollte man dann tun? Bremsen?
    Brückner: Es wird geraten, dass man stark abbremst, nicht wilde Lenkbewegungen macht, denn wenn man am nächsten Baum landet, ist das natürlich auch nicht die beste Option. Wenn der Wildunfall nicht zu vermeiden ist, dann das Tier auch möglichst nicht anfassen, die Unfallstelle absichern, so wie man es nach jedem Unfall machen sollte, und die Ordnungsbehörden, die Polizei wird sich dann um jedes weitere kümmern. Am besten, auch wenn man ausreichenden Abstand zum vorfahrenden Fahrzeug hält, dann hat man auch die Chance, dass man rechtzeitig abbremst, sollte diesem was passieren.
    Kuhlmann: Sind eigentlich alle gefährdeten Stellen mit "Wildwechsel"-Schildern markiert?
    Brückner: Nein, das ist leider gar nicht möglich. Mittlerweile kommen Rehe und auch Wildschweine ja flächendeckend auch in besiedelten Gebieten vor. Das heißt, man kann nicht überall ein "Wildunfall"-Schild aufstellen. Und seien wir mal ehrlich: Die meisten Leute kümmern sich auch nicht unbedingt darum, weil jeder denkt, es wird schon nichts passieren.
    Kuhlmann: Es wird früher dunkel und deswegen steigt die Gefahr von Wildunfällen besonders auf freien Strecken, die durch den Wald führen. Danke schön an James Brückner. Er ist Artenschutzexperte beim Deutschen Tierschutzbund. Vielen Dank nach München.
    Brückner: Vielen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.