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Risikofaktor Pökelfleisch

Gesundheit. - Seit acht Jahren läuft eine großangelegte Studie unter der Ägide der Weltgesundheitsorganisation WHO und untersucht mögliche Zusammenhänge zwischen Nahrungsmitteln und der Entstehung von Krebs. Rund eine halbe Million Bürger aus zehn Ländern der Europäischen Union nehmen ebenfalls an der Untersuchung teil. Von ihnen erkrankten etwa 9700 bisher an Krebs, davon 1000 an Dickdarmkrebs, an dessen Entstehung Ernährungsfaktoren eine entscheidende Rolle zugeschrieben werden. Anlässlich des Ernährungskongresses, der bis vergangenen Freitag in Wien stattfand, präsentierte der Projektleiter der Studie eine erste Zwischenbilanz.

03.09.2001
    "Nach unseren Ergebnissen existiert weder ein spezielles Lebensmittel, das Krebs verhindert, noch eines, das Krebs auslöst", konstatiert Elio Riboli vom Krebsforschungszentrum der WHO in Lyon und Koordinator der Ernährungsstudie. Der Forscher betont, alles könne in Maßen genossen werden, solange sich die Verbraucher ausgewogen ernährten. Der Mediziner empfiehlt viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte, die nach Belieben mit mäßigen Mengen Fisch oder Fleisch kombiniert werden könnten. Risikofaktoren für ernährungsbedingten Krebs konnten Riboli und Kollegen allerdings noch nicht dingfest machen - nicht zuletzt aufgrund der spärlichen Datenlage.

    Trotzdem schält sich nach Angabe Ribolis ein Zusammenhang bereits deutlich heraus: Die Gefahr, an Dickdarmkrebs zu erkranken, erhöht sich bei häufigem Verzehr von so genannten "verarbeiteten Fleischwaren": "Darunter fallen beispielsweise Schinken, Würste, Speck sowie Pasteten. Diesen Produkten gemeinsam ist, dass sie mit Salz konserviert werden", resümiert der Mediziner. Von Nitrit-Pökelsalz, das Fleischwaren zugesetzt wird, um sie haltbar zu machen, ist bekannt, dass daraus im sauren Milieu des Magens so genannte Nitrosamine entstehen können. Nitrosamine aber gelten als krebserregend. Dies könnte der Grund dafür sein, dass Wurst, Schinken und Speck mit einem erhöhten Dickdarmkrebs-Risiko einhergehen, meint Elio Riboli: "Zwei bis drei Prozent der Europäer erkranken an dieser Krebsform. Unter jenen, die sehr viel verarbeitete Fleischwaren konsumieren, liegt dagegen das Risiko für Darmkrebs statistisch schon bei vier bis fünf Prozent." Wer dagegen sehr viel Obst und Gemüse esse, scheine sein Risiko für den Tumor halbieren zu können - für diese Gruppe liege die Gefahr bei etwa einem Prozent.

    Nach den Studiendaten ist Fleisch nicht grundsätzlich ein Risikofaktor. Während die Daten keinen negativen Effekt von gebratenem Rind- oder Schweinefleisch belegen, scheint Geflügel sogar einen positiven Effekt zu besitzen. Zwar entstehen gerade beim starken Braten von Fleisch, etwa beim Grillen, krebserregende Stoffe, doch seien ihre Mengen offenbar zu gering, um sich schädlich auf die Gesundheit auswirken zu können, so der Forscher.

    [Quelle: Volker Mrasek]