" Während der Vegetationsperiode treten verschiedene Schadorganismen und auch Krankheiten auf. Dies bedingt, dass verschiedene Wirkstoffe mit verschiedenen Eigenschaften zum Einsatz kommen. Gegen unerwünschte Wildpflanzen werden herbizid-wirksame Substanzen, gegen unerwünschte pilzliche Schaderreger werden Fungizide eingesetzt, gegen tierische Schaderreger beispielsweise Insektizide. Und noch vieles mehr."
Wobei allerdings die Schlussfolgerung einer generellen Schadhaftigkeit dieser Wirkstoffe, da waren sich die Experten heute in Berlin einig, wissenschaftlich unseriös und voreilig wäre. Chemie in der Landwirtschaft sei notwendig, sagt beispielsweise Wolfgang Lingk, er hat Jahrzehnte in verschiedenen Behörden gearbeitet, heute ist er im Ruhestand, gilt aber immer noch als einer der Kenner auf diesem Gebiet:
" Risiken der Chemie werden immer als Bedrohung empfunden. Ein deutliches Beispiel hierfür sind eben minimale Rückstände von Pflanzenschutzmitteln bei Lebensmitteln, die nach dem heutigen Stand der Wissenschaft die Gesundheit aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht tangieren."
Allerdings gilt es, diese hohe Wahrscheinlichkeit eines Nicht-Risikos immer wieder wissenschaftlich zu untermauern. Nur so kann dem Kunden die gewünschte Sicherheit von Lebensmitteln auch vermittelt werden. Der Industrieverband Agrar verweist beispielsweise darauf, dass Pflanzenschutzmittel in der EU nur zugelassen werden, wenn erwartete Rückstände als sicher für die Verbraucher erachtet werden. Dennoch: Gerade bei Mehrfachrückständen gibt es weiterhin Klärungsbedarf, denn wie sich etwa Substanz A in Verbindung mit Substanz B verhält, das ist dabei die wichtige wissenschaftliche Frage. Allerdings sei die Forschung auf diesem Gebiet nicht so einfach, sagt Wolfgang Lingk:
" Eine ungezielte Prüfung aller denkbaren Kombinationen von beispielsweise Pflanzenschutzmitteln, Lebensmittelzusatzstoffen und anderen Umweltchemikalien würde die Zahl der Tierversuche und auch Kosten auf ein unüberschaubares Maß ansteigen lassen. Abgesehen davon, dass die erforderlichen Prüfkapazitäten nicht zur Verfügung stehen. Ein derartiges, wissenschaftlich nicht begründbares Vorgehen würde sich nicht zuletzt auch aus Gründen des Tierschutzes verbieten."
Diese Wechselwirkungen bei den Pflanzenschutzsubstanzen sollen aber dennoch im Zentrum der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit bleiben. Walter Töpner vom Bundesministerium für Verbraucherschutz verweist dabei auch auf neue Richtlinien der EU:
" Der jetzige Kenntnisstand über das gleichzeitige Auftreten von Rückständen mehrerer Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln und ihre gegenseitige Wirkungsbeeinflussung ist nach unserer Einschätzung unzureichend. Es ist daher notwendig, die Forschung auf diesem Sektor voranzutreiben. Wir hoffen, dass die EU die Instrumente nutzen wird, und ausreichende Finanzhilfen zur Lösung dieser Frage zur Verfügung stellt."
Somit wird wohl die Forschung in diesem Bereich in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen. Rückstände in Obst und Gemüse gibt es zuhauf, es gilt nun, die Datenbasis zu verbessern, damit auch eine verlässliche Einschätzung der Substanzen und ihrer Höchstwerte weiterhin geleistet werden kann.