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Risikopatient "Gesundheitskarte"

Name, Adresse, Alter und die Krankenkasse - auf der bisher üblichen Krankenkassen-Karte sind nur wenige Daten zur Person vermerkt. Doch geht es nach den Vorstellungen vieler Politiker, dann wird die neue elektronische "Gesundheitskarte" alle Beteiligten auf intelligente Weise miteinander verbinden. Bislang weiß aber noch niemand so ganz genau, welche Funktionen sie am Ende wirklich enthält.

Von Anja Arp |
    Aus einem Werbespot:
    "Auf intelligente Weise verbindet sie Patienten, Ärzte, Apotheker und Krankenkassen. Die Gesundheitskarte gibt dem Patienten seine medizinischen Daten in die eigene Hand und öffnet ein Hintergrund-System, in dem seine persönliche Patientenakte sicher gespeichert ist. Ausschließlich der Patient kann mit seiner individuellen Gesundheitskarte und einer Geheimnummer den Zugriff auf seine Daten gestatten. Ein Foto und der Mirkoprozessor machen den Missbrauch faktisch unmöglich. Für die Ärzte stellt eine eigene Health-Professional Card den Zugang zum System her. Die Transfer-Daten sind auf der Karte selbst gespeichert. Auf dem Chip lässt sich ein elektronisches Rezept, eine elektronische Überweisung oder eine elektronische Einweisung ablegen. Dazu kommen die Notfall-Daten des Patienten, die kann der Notarzt vor Ort öffnen."

    Sie soll fast genauso aussehen wie ihre zahlreichen Artgenossen: viereckig, leicht biegsames Plastik, mit einem kleinen goldfarbenen Chip und einem Miniatur-Portrait ihres Besitzers. Die elektronische Gesundheitskarte der Zukunft wird sich zwar äußerlich nicht viel von ihrem Vorgänger, der heute üblichen Krankenkassen-Karte unterscheiden. Doch ihr Innenleben, das steht bereits fest, bietet künftig viel mehr Informationen.

    Auf der bisher üblichen Krankenkassen-Karte sind nur wenige Daten zur Person vermerkt - wie Name, Adresse, Alter und die Krankenkasse. Doch geht es nach den Vorstellungen vieler Politiker, dann wird die neue Karte alle Beteiligten auf intelligente Weise miteinander verbinden.

    Bislang weiß aber noch niemand so ganz genau, welche Funktionen die elektronische Gesundheitskarte am Ende wirklich enthält.

    Neben den üblichen Personendaten könnten bislang zerstreut aufbewahrte Informationen gespeichert werden: Diagnosen, Therapien und vor allem Verschreibungen. Auch Allergien und Unverträglichkeiten – ebenso der Arztbrief oder so genannte Notfall-Daten.

    Außerdem könnte die Karte der Schlüssel sein für ein sicheres Internetarchiv mit Röntgenaufnahmen, Ultraschallbildern und anderen umfangreichen Befunden.

    Das hypermoderne digitale Zeitalter der Medizin hält derzeit Einzug in das Remscheider Sana-Klinikum. Für 70 Millionen Euro wurde sie zu einem der fortschrittlichsten Krankenhäuser überhaupt umgebaut.

    Stichwort digitale Radiologie: Alle bildgebenden Diagnose-Daten eines Patienten stehen dem jeweils behandelnden Arzt schnell und unkompliziert online zur Verfügung.

    Thorsten Kehe, Facharzt für Innere Medizin und IT-Projektleiter im Sana-Klinikum:

    "Wir können also transparent machen, wann welcher Patient eine Untersuchung bekommen hat, wie alt diese Untersuchungen sind, wie der Befund ist. Und der Arzt kann jeweils individuell entscheiden, ob es nötig ist, den Befund noch mal zu erheben oder ob er mit dem, was hier zur Verfügung gestellt wird, zufrieden ist."

    Im Sana-Klinikum kommt der Arzt der Zukunft mit dem Laptop zum Patienten. Dort, am Krankenbett, bespricht er mit ihm Diagnose und Therapie und hat stets alle notwendigen Daten dabei:

    "Teilweise wird es auch so sein, dass am Patienten-Bett ein Monitor stehen wird. Das läuft bei uns unter dem Motto: Patienten-Multimedia. Einige Betten werden damit ausgestattet, an einem Schwenkarm ein Monitor. An diesem Monitor ein Telefon und über diesen Monitor kann man telefonieren, man kann sich dort Filme angucken, fern sehen, Radio hören, aber bei der Visite steckt der Arzt seine Identifikationskarte ein und es erscheint die Patienten-Informationen zu dem Patienten, er kann den Patienten direkt am Bett auf diesem Monitor eben seine Befunde demonstrieren, eigene Informationen abrufen, Therapien festlegen, Bestellungen für Untersuchungen und solche Sachen."

    Die elektronische Gesundheitskarte könnte in der digitalen Welt der Medizin ein zentraler Baustein sein - so die erklärte Hoffnung der Befürworter. Immerhin sollen 70 Millionen Versicherte mit der neuen Chip-Karte ausgestattet werden. Hinzu kommen Lesegeräte und Computersoftware für 120.000 Arztpraxen, mehr als 2000 Krankenhäuser und tausende Apotheken.

    Geschätzte Kosten für das ehrgeizige IT-Projekt: Mindestens 1,4 Milliarden Euro. Im Gegenzug soll die neue Chip-Karte künftig Einsparungen von jährlich etwa 500 Millionen Euro im Gesundheitswesen ermöglichen. Ein gigantisches Kostensparpotenzial also, denn schon nach drei Jahren würde sich die Karte bezahlt machen.

    Ursprünglich sollte die elektronische Gesundheitskarte bereits zum 1.1.2006 in ganz Deutschland zum Einsatz kommen. Doch diese Pläne haben sich schnell als unrealistisch erwiesen.

    Ähnlich der Autobahn-Maut ist die Einführung der Gesundheitskarte ein ehrgeiziges wie hochkomplexes Projekt, bei dem noch immer viele Fragen offen sind. Ende vergangenen Jahres hatten sich alle beteiligten Organisationen mit dem Bundesgesundheitsministerium auf einen Kompromiss geeinigt. Dazu damals Hans-Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK Bundesverbandes:

    "Wir sind immer der Auffassung gewesen und wenn ich sage wir, dann sind es eigentlich alle Beteiligten, die dort zusammen sitzen, dass nicht entscheidend sein kann der Zeitpunkt, sondern entscheidend muss die Qualität sein. Und deshalb haben wir immer davor gewarnt, Dinge über das Knie zu brechen.
    Ich bin darüber sehr froh, denn es nutzt keinem, wenn wir ähnliche Vorgänge auch nur annäherungsweise wie bei Toll Collect haben. Deshalb sind wir alle ganz sensibel und deshalb haben wir immer gewarnt davor, übereilte Dinge zu tun, ich glaube wir sind jetzt auf dem richtigen Wege."

    Fest steht: Durch den Kompromiss hatten alle Beteiligten erst einmal Zeit gewonnen. Doch offenbar nicht genug. Erst in der vergangenen Woche ermahnte die deutsche Gesundheitsministerin Kassen, Ärzte und Apotheker wegen der schleppenden Umsetzung des Vorhabens.

    Die Bundesärztekammer wiederum wirft dem Ministerium vor, zuviel Gas zu geben. Christoph Fuchs, der Hauptgeschäftsführer vertritt grundsätzlich diese Ansicht:

    Der Zeitplan sei damit allerdings nicht gefährdet, meint das Bundesgesundheitsministerium. Ministerin Ulla Schmidt bekräftigte kürzlich noch einmal, dass die Karte schrittweise ab 2006 eingeführt würde. Geplant ist zunächst einzelnen Test-Regionen mit
    je 10.000 Versicherten auszustatten. Wann die elektronische Gesundheitskarte zum Beispiel im Krankenhaus flächendeckend zum Einsatz kommt, ist allerdings noch ungewiss. Thorsten Kehe:

    "Es ist noch nicht absehbar, wann die Relevanz so groß wird, dass Krankenhäuser reagieren müssen. Aber letzen Endes müssen wir es scharf beobachten und sehen. wie die Entwicklung ist. Die Rahmenbedingungen sind zumindest dargestellt und besprochen. Aber wie die technische Umsetzung erfolgen soll, was das Ganze kostet, welche Reichweite es hat, das alles ist ja noch nicht klar."

    Über den Kompromiss und den damit verbundenen Zeitaufschub sind offenbar alle Beteiligten froh. Prof. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer:

    "Ich kann ihnen versichern, dass alle Beteiligten, ob Leistungserbringer oder Kostenträger, alle Beteiligten sind hochgradig daran interessiert, dass wir das Projekt stemmen. Aber wir sollten eben doch Sorgfalt vor Schnelligkeit gewährleistet sehen und uns nicht durch Hektik dazu verleiten lassen, technische Fehler zu machen."

    Das Gesundheitsministerium möchte die elektronische Gesundheitskarte so schnell wie möglich einführen. Und der Kanzler will persönlich darauf achten, dass es nicht zu einer zweiten Panne wie bei der Lkw-Maut kommt:

    "Das ist ein Vorhaben, das schon eine riesige Dimension hat und das von Anfang an funktionieren muss. Sie werden verstehen, dass ich darauf besonderen Wert lege."

    Mit der Karte, so das Argument des zuständigen Staatssekretärs im Bundesgesundheitsministerium Alfred Schröder, ließen sich viele Kosten einsparen. Denn immerhin ein Fünftel aller Patienten verursache den weitaus größten Teil der Kosten im Gesundheitswesen, erklärt Schröder. Unnötige und doppelte Röntgen-Untersuchungen zum Beispiel ließen sich mit Hilfe der digitalen Informationsverarbeitung vermeiden.

    "Wir haben sehr viel Sand im Getriebe durch fehlende Befunde, fehlende Bilder, Suchen nach irgendwelchen Informationen. Das alles werden wir durch die digitale Welt, durch digitale Informations-Weitergabe eben nicht mehr haben, sodass wir den kürzesten Weg zur Informationsweitergabe haben."

    So könnte das gesamte System für alle Beteiligten allmählich durchschaubarer und effizienter werden. Das sieht auch Hans-Jürgen Ahrens vom AOK Bundesverband so:

    "Dass da zum Beispiel Medikamente verabreicht werden von dem einen Arzt, von denen der andere nichts weiß und das Krankenhaus gibt ihm dann den Rest, hätte ich beinahe gesagt. Das bedeutet, dass da die Dinge jetzt abgestimmt werden auf einander, das jeder reinschauen kann, der berechtigt ist. Da kann ich verhindern, dass diese Medikamente vielleicht gar nicht auf einander abgestimmt sind und ich kann auch dafür Sorge tragen, dass es keine Nebenwirkungen gibt. Das vereinfacht das ungemein und ich denke wir werden auch ganz erhebliche Einsparpotentiale darin haben, denn das kann ja nicht sein, dass wir soviel Geld ausgeben und das sich das nicht irgendwann rechnet."

    Alles Effekte, die auch die Bundesärztekammer sieht und durchaus begrüßt. Christoph Fuchs räumt allerdings ein:

    "Die Vorteile für die Ärzteschaft sind gering. Der Mehrwert könnte sich darin dann erweisen, dass die Praxis-Abläufe erleichtert werden. Ich baue sehr darauf, dass dies dann der Fall ist aber im Vergleich zu den Vorteilen, die auf Seiten der Kostenträger zu erwarten sind, sind diese Vorteile für die Ärzteschaft verschwindend gering."

    Außerdem benötigen die Ärzte die so genannte Health Professional Card, den elektronischen Arztausweis als Gegenstück zur Patientenkarte. Pro Praxis, so die Schätzung der Bundesärztekammer, komme da schnell ein vierstelliger Betrag zusammen.

    "Da das Ganze aber spekulativ nur beantwortet werden kann, haben wir in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehen, dass wir die Kostenfrage gutachterlich bewerten lassen."

    Den Löwenanteil der Investitions-Kosten müssten allerdings die Krankenkassen aufbringen. Wenn das System funktioniert, dann werden die Kassen auch am meisten sparen. Hans-Jürgen Ahrens findet das vollkommen korrekt:

    "Denn das bedeutet, dass wenn wir Geld sparen, wir das an die Versicherten weitergeben. Aber man muss auch eins sagen: Wir finanzieren das auch alleine. Denn der Arzt, das Krankenhaus, der Apotheker, entrichtet seinen Teil vielleicht, in die Health-Professional-Card. Aber diese 1,4 Milliarden die werden finanziert durch Aufschläge in der ambulanten Behandlung und insofern ist da dann auch ne gewisse Rechtfertigung, wenn man sagt, irgendwann muss sich das ganze auch rechnen für uns."

    Eins steht jedenfalls fest: Allein durch das neue elektronische Rezept lassen sich Millionen Euro sparen. Laut Ministerium werden Jahr für Jahr 700 Millionen Rezepte ausgestellt, die im Schnitt fünfmal angefasst und schließlich bei den Kassen abgerechnet werden. Mit der elektronischen Gesundheitskarte werde das alles viel einfacher:

    Die Arzthelferin speichert das verordnete Rezept auf der Chip-Karte des Patienten ab. Der geht damit in die Apotheke. Dort legt der Apotheker die Karte in sein Lesegerät und weist sich selbst mit seiner Health-Professional-Card aus. Die Karte des Patienten und die Karte des Apothekers funktionieren dabei wie zwei Schlüssel, die zu ein und demselben Schloss passen. Im Display des Lesegerätes kann der Apotheker dann sehen, was dem Patienten verschrieben wurde. Die Abrechnung mit der Krankenkasse funktioniert dann ebenfalls elektronisch.

    "Wir haben die Einsparpotentiale insbesondere im Bereich von Rezepten, die einen Wert von 20 Milliarden ausmachen. Das wäre dann schon etwas, was man einsparen könnte. Und wenn sie den Arztbrief nehmen und dort nur die Protokosten und gar nicht mal die vereinfachte Bearbeitung, auch das ließe sich dann einsparen und das rechnet sich dann zusammen und nehme ich an, dass wir dann irgendwann diesen Betrag erreichen, den wir dort rein gesteckt haben."

    Die elektronische Gesundheitskarte wird ab Oktober schrittweise in Deutschland eingeführt. Das heißt, zunächst werden nur einzelne Test-Gebiete damit ausgestattet. Den Anfang machen die Bottroper in Nordrhein-Westfalen. Exakt fünfzig Personen erhalten dort von der Bundesknappschaft als erste überhaupt das neue Kartenmodell. Bis alle Versicherten in der Bundesrepublik die Gesundheitskarte besitzen, können noch bis zu drei Jahre vergehen – viel länger also als ursprünglich dafür vorgesehen. Diese Aussage machte Gesundheitsministerin Schmidt in dieser Woche. Der jetzige Versichertenausweis soll deshalb zunächst parallel weiter genutzt werden.

    "Die nächsten Schritte wären zum Beispiel, dass auf der elektronischen Gesundheitskarte die Notfalldaten des Patienten festgehalten sind. Der Patient muss aber darüber entscheiden können, welche Notfalldaten das dann sind. Und wir können uns vorstellen, dass auch die Medikamente, die er aktuell einnimmt dort festhalten werden, sodass im Notfall auch der Arzt weiß, wenn er dann Einblick hat, welche Medikamente der Patient nimmt, das ist ja für die Notfallversorgung wichtig. Und ich denke, dass in einer End-Ausbaustufe, das wird aber noch lange dauern, dann auch die elektronische Patientenakte dazu kommt, aber die damit zusammenhängenden Fragen der Sicherheit, der Architektur, der Lösungs-Architektur sind so komplex, dass ich diesem Projekt nur ganz besonders hohen Respekt bekunden kann."

    Das Prinzip ist klar: Je sensibler die Daten, desto besser muss man sie schützen. Und vor allem: Der Patient müsse Herr des Geschehens sein, fordert Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz:

    "Natürlich müssen die Daten, die auf einer solchen Karte gespeichert werden, streng vertraulich sein. Das heißt, nur der Patient selbst oder der von ihm autorisierte Arzt oder Apotheker soll diese Daten auch lesen können. Das ist die Hauptanforderung des Datenschutzes."

    Um diesen Schutz sicher zu stellen, sollen die Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte mit dem so genannten "Public-Key-Verfahren" verschlüsselt werden. Damit will der Gesetzgeber verhindern, dass zum Beispiel unbefugte Dritte die Daten des Patienten kurzerhand verändern.

    "Letztlich kommt es ja darauf an zu sehen, wie werden die Daten gespeichert, werden sie verschlüsselt gespeichert? Wird es so sein, dass jeder Datensatz individuell verschlüsselt wird oder wird es so sein, dass ein gemeinsamer Schlüssel verwendet wird. Das sind alles Fragen, die noch in der weiteren Entwicklung zu klären sein werden und ein System muss gewährleisten, dass ein unautorisierter Zugriff auch nicht über technische Mittel durch Hacker, durch Administratoren von irgendwelchen Computer-Systemen unmöglich wird."

    So mancher befürchtet, mit der elektronischen Gesundheitskarte zum gläsernen Patienten zu werden. Etwa wenn es darum geht, einen neuen Job zu bekommen. Fordert der Betriebsarzt künftig nach dem Vorstellungsgespräch vielleicht die elektronische Gesundheitskarte an? Eine Angst, die nicht ganz unberechtigt ist, darin sind sich alle Beteiligten einig. Schließlich sind Gesundheits-Daten besonders sensibel, ein vertrauensvolles Arzt-Patientenverhältnis ist deshalb unerlässlich, erklärt Christoph Fuchs:

    "Insofern spielt der Datenschutz, also die Zuverlässigkeit dieser Karten eine Riesenrolle. Der Patient muss Herr des Verfahrens bleiben, er muss entscheiden können, wer nun Einsicht in seine Gesundheitsdaten haben darf, ob nur der Arzt oder auch weiter darüber hinaus Personen, Institutionen. Und er muss sich darauf verlassen dürfen, dass kein Missbrauch mit seinen Daten betrieben wird. Wenn das gewährleistet ist, dann denke ich haben wir schon gut ein Stück der Ernte eingefahren."

    Der Patient muss immer ausdrücklich zustimmen, sonst kann der Arzt nicht an die Daten heran. Will ein Arzt beispielsweise den letzten Therapiebericht eines Patienten abrufen, braucht er dazu erst mal dessen Zustimmung. Dafür gibt der Patient ihm seine Karte und die persönliche PIN-Nummer.

    Der Arzt macht das mit seiner Health-Professional-Card und seiner Geheimnummer genauso.

    Soweit so gut, doch im Einzelfall kann das allerdings schwierig sein, etwa wenn ein Patient nach einem Unfall im Koma liegt:

    "Das ist zum Beispiel so ein Problem, wo wir auch juristisch noch Lösungen entwickeln müssen. Ich kann mir vorstellen, dass wir hier im tatsächlichen Notfall von dem mutmaßlichen Einwilligung ausgehen dürfen, aber hier brauchen wir dann einfach auch den Rat juristischer Experten, die das Ganze eben so sicher stricken, dass eben der Vertrauensschutz auch wirklich gewährleistet bleibt."

    Die elektronische Gesundheitskarte soll künftig auch den Austausch von Diagnosen erleichtern. In dem so genannten elektronischen Arztbrief trifft der behandelnde Arzt seine Diagnose und macht sie für andere Kollegen, etwa im Krankenhaus, zugänglich. Geplant ist zudem der Zugang zu Röntgendaten, um doppelte Untersuchungen zu vermeiden. Ganz am Ende des ehrgeizigen IT-Projekts steht dann die ausführliche Patientenakte mit allen Diagnosen und Therapien.

    Hans-Jürgen Ahrens:

    "Das ist natürlich ein Riesenfortschritt, wenn man bedenkt, was heute alles so passiert, wie viele Röntgen-Aufnahmen heute überflüssigerweise gemacht werden. Der Vorteil ist auch, dass ich glaube, dass jeder Arzt, jeder Beteiligte heute sehr viel sorgsamer damit umgehen wird, was er macht, denn es ist alles jetzt nachvollziehbar - war diese Aufnahme eigentlich nötig und ist sie auch gelungen, ist sie lesbar. Und das ist so zu sagen ein Beiwerk dieser Karte, dass ich glaube, dass sie zu wesentlich mehr Qualität führen wird, weil jeder sich genau überlegt, was er macht, noch genauer als jetzt, weil er weiß es kann jeder andere nachlesen später und auch das ist glaube ich ein heilsamer Faktor."

    Bei all diesen Schritten zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte haben Peter Schaar und seine Datenschutz-Kollegen immer ein Wörtchen mitzureden:

    "Jetzt geht es ja darum, die verschiedenen Lösungen zu testen. Glücklicher Weise ist eine Festlegung auf ein Verfahren vermieden worden, sondern es sollen verschiedene Wege ausgetestet werden, auch unter Datenschutz-Gesichtspunkten. Insbesondere soll dabei geklärt werden, welche Daten auf der Karte selbst gespeichert werden sollen und welche Daten auf vernetzten Computer-Systemen dann liegen werden."

    Doch genau darüber scheint ein erbitterter Streit zu toben. Apotheker fürchten die Konkurrenz im Internet, wollen die Patientendaten offenbar ausschließlich auf der Karte gespeichert wissen. Die Krankenkassen wollen die Daten möglichst umfassend nutzen. Sie plädieren für die Server-Lösung.

    Wichtig sei, so Peter Schaar, dass nicht jeder approbierte Arzt automatisch Zugriff auf alle gespeicherten Daten haben dürfe.

    "Es darf nicht nur ein Ja-Nein geben, sondern es muss ein sehr differenziertes Zugriffs-Schutz-Konzept da sein, das gewährleistet, dass der Augenarzt nur auf die Daten zugreifen kann, die für seine Aufgaben-Wahrnehmung, die für seine Untersuchungen erforderlich sind. Ein etwas weiterer Zugriff ist sicherlich notwendig im Hinblick auf die so genannten Stammdaten aber das ist ja nichts neues, das haben wir mit der Versichertenkarte ja heute auch schon."

    Bei der Entwicklung der Karte sind die inhaltlichen Hürden höher als die technischen. Das erklärt zumindest der Verbandspräsident von BITCOM, Willi Berchtold, der 1300 Unternehmen aus der IT-Branche vertritt:

    "Es ist wichtig, dass die Organe sich an einen Tisch setzen und eben im Interesse der Patienten und aber auch im Interesse einen kosteneffizienten Gesundheitsorganisation hier die Themen entsprechend weitertreiben, denn andere Länder machen uns vor, dass es geht, siehe Taiwan. Dort haben 24 Millionen Bürger eine innovative elektronische Gesundheitskarte in der Tasche, übrigens auch Österreich unser Nachbarland, das hier eine Vorreiterrolle eingenommen hat."

    Hierzulande, darin sind sich alle Beteiligten einig, ist man mit dem Kompromiss einen gewaltigen Schritt nach vorne gekommen – trotz aller immer noch bestehender Meinungsunterschiede und der verzögerten Einführung. Hans Jürgen Ahrens vom AOK-Bundesverband:

    "Nachdem wir uns auch dafür entschieden haben, wie die Rechtsform ist, nachdem wir andere Beteiligte vernünftig eingebunden haben, wie sich das Ministerium und wir uns geeinigt haben auf einen gemeinsamen Weg, nach dem, wir jetzt auch der Industrie und der Forschung Raum gegeben haben sich zu beteiligen, glaube ich haben wir die größten Schwierigkeiten überwunden. Jetzt kommt der rein technische Prozess, der ist immer noch schwierig genug, aber ich glaube der vorgezogene Prozess war noch schwieriger."