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Risikosuche im Gen-Mais

Genetik. - Nachdem die Grüne Gentechnik in Amerika, Asien und Afrika immer größere Flächen erobert hat, kommt sie nun auch nach Europa. Hier ist man gegenüber den Pflanzen aus dem Genlabor besonders skeptisch. Vor allem über das Risiko, das von ihnen ausgeht, wird kontrovers diskutiert. In Montpellier haben sich etwa 200 weltweit führende Experten für Biosicherheit versammelt. Gleich zu Beginn der Tagung ging es um den Gen-Mais. Wie sicher ist der genmanipulierte Mais?

Von Michael Lange |
    Unter den genmanipulierten Pflanzen ist der Bt-Mais ein Klassiker. Fast schon seit 20 Jahren gibt es ihn: in Labors, auf Versuchsflächen und - in den USA seit einigen Jahren schon - auf ganz normalen Äckern. In seinen Blättern und in den Maiskolben stellt er ein Gift her, mit dem er sich gegen Insekten wehrt. Das Gift heißt Bt, denn es stammt aus dem Bakterium "Bacillus Thuringensis".

    Gentechniker haben das Gen aus den Bakterien in den Mais überführt. Das Bt-Gift ist für den Menschen ungefährlich. Das sagen alle Experten. Und Klaus Amann vom Botanischen Garten der Universität Bern geht sogar noch einen Schritt weiter.

    Ich persönlich bin nach einem gründlichen Studium der Literatur zu der Meinung gekommen, dass der Biotech-Mais, der Bt-Mais, für die Konsumenten gesünder ist.

    Der Grund: Bt-Mais wird weniger von Insekten befallen. Seine Oberfläche bleibt deshalb intakt und wird seltener Opfer von Pilzen. Das aber bedeute: weniger Pilzgifte in den Maiskörnern.

    Pilzgifte, das sind gefährliche, krebserregende Stoffe. Und es lässt sich nun mit zahlreichen Untersuchungen zeigen, dass der Bt-Mais wesentlich weniger dieser Pilzgifte hat.

    Negative Auswirkungen des Bt-Mais auf die menschliche Gesundheit konnten bislang nicht entdeckt werden. Nicht ganz so einfach ist es mit den ökologischen Nebenwirkungen. Dazu Joachim Schiemann von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig.

    Es sind zur Zeit noch offene Fragen beim Mais: zum Beispiel Pollenflug über größere Distanzen. Dafür gibt es noch keine guten mathematischen Modelle.


    Maispollen sind kleiner als ein Zehntel Millimeter. Sie sind kaum zu sehen und extrem leicht. Der Wind trägt sie überall hin.

    Man kann ja auch Maispollen auf dem Ozean oder in der Sahara finden, auf den Alpen oder sonst wo. Nur, diese Daten sind natürlich völlig irrelevant, weil dieser Pollen nicht mehr befruchtungsfähig ist.

    Befruchtungsfähige Pollen treten gehäuft nur im Umfeld eines Maisackers auf. Einzelne Pollen können andere Pflanzen aber auch in einigen Kilometern Entfernung noch befruchten.

    Der Bt-Mais kann sich also mit anderen Maispflanzen kreuzen. Das ist ein Risiko für den gentechnik-freien Mais, aber auch für die natürlichen Verwandten des Mais. Einer Pflanze namens Teosinte, die ausschließlich in Mittelamerika vorkommt.

    Allison Snow von der Ohio State University beschäftigt sich mit dem Austausch von Genen zwischen Nutzpflanzen und ihren natürlichen Verwandten. Zwischen Mais und Teosinte findet, so ihr Statement, nur ein geringer Gen-Austausch statt.

    Dennoch: in Mexiko sollte man mit dem Anbau von Bt-Mais vorsichtig sein. Denn das eingeschleuste Gen wird irgendwann die Äcker verlassen und sich in Teosinte-Pflanzen ausbreiten.

    Hauptbetroffener jedoch von Bt sind die Insekten. Gegen sie richtet sich ja das Gift. Die Frage an die Wissenschaftler lautet hier: Sind neben den Schädlingen auch unbeteiligte Insekten oder gar Nützlinge betroffen? Antwort: Weit weniger als beim Aussprühen des Giftes - so jedenfalls das Ergebnis der veröffentlichten Studien. Das gelte auch für den Monarchfalter, so Joachim Schiemann:

    Es hieß, Pollen von Bt-Mais rotten den Monarchfalter aus. Absoluter Unsinn. Solche Ergebnisse, die im Labor gemacht werden, und die im Labor auch sehr sinnvoll sind, keine Frage, müssen unter Freilandbedingungen wiederholt werden. Und unter Freilandbedingungen hat es sich gezeigt, dass der Monarchfalter nicht von diesem Bt-Mais geschädigt wird.

    Viele Dinge haben die Wissenschaftler also abgeklärt. Sie geben weitgehend Entwarnung, so scheint es. Ein Hauptproblem wird sich aber erst dann zeigen, wenn die Pflanzen in großem Stil angebaut werden. Das zeigt sich zur Zeit bereits in den USA.

    Je mehr Bt-Mais auf den Äckern steht, um so häufiger werden Schädlinge gegen das BT-Gift resistent. Dann fallen sie so richtig über den Gen-Tech Mais her. Das ist zwar kein ökologisches Desaster, für den betroffenen Landwirt jedoch ein ökonomisches. Und für die Gentechnik-Firmen zumindest ein Problem.