"Herzlich willkommen zu meiner entspannten Fahrrad-Tour durch Bangkok. Ich bin Andre und ich mache mit Euch heute die Führung "Farben von Bangkok". ... Wahrscheinlich erklären Euch Eure Freunde für verrückt, wenn Ihr denen sagt, dass Ihr hier Fahrrad fahren wollt. Aber glaubt mir, es ist großartig, wenn Ihr wisst, wo's langgeht."
Das möchten die drei Berliner Tourteilnehmer nur zu gerne glauben, wenn sie an das Verkehrschaos denken, durch das sie sich gerade gekämpft haben, um ins Szeneviertel Sukhumvit zu kommen und Andre Breuer zu treffen. In der kleinen Seitenstraße der Rama 3 Road - um hinein zu gelangen, muss man sogar an einem Pförtner vorbei - erinnert erst mal nichts mehr an die Blechlawine zwischen den Wolkenkratzern und Hochbahntrassen, an Tausende von lärmenden Motorrädern, stinkende Busse und Taxis. Wie man sich in dieser Stadt auf einem Fahrrad bewegen soll, ohne umgefahren zu werden, erscheint trotzdem erst mal schleierhaft. Aber Andre Breuer ist Holländer und auf zwei Rädern genauso sicher wie andere auf zwei Füßen. Das macht Mut.
"Wir werden zu 90 Prozent abseits vom Verkehr fahren und die Hauptstraßen weitgehend meiden. Lasst Euch überraschen. Es ist wirklich ganz einfach wenn Ihr einige simple Regeln befolgt. Fahrt nicht nebeneinander und in der Mitte des Weges. Schaut immer nach vorn und dreht Euch nicht um. Es gibt 90 Grad Kurven und kleine Brücken. Wer Angst hat, steigt einfach ab und schiebt. Kein Risiko! Los geht's!"
Durch Seitenstraßen geht es vorbei an schicken Wohnhäusern mit üppigen Gärten. Es herrscht hier so gut wie kein Autoverkehr. Da kann man sich erst mal daran gewöhnen, bei 32 Grad im Schatten zu strampeln und dabei den Fahrtwind zu genießen. Doch kaum hat man die fein abgestimmte Gangschaltung verstanden, kommt die nächste Herausforderung:
"Hier sind wir schon im ersten Slum, direkt neben dieser Apartmentwohnanlage. Hier in Bangkok sind die armen Leute unheimlich freundlich. Oft, wenn ich mit meinem Fahrrad hier vorbeikomme, laden sie mich zum essen ein und immer haben sie ein Lächeln übrig. Ob das jetzt ernst gemeint ist oder nicht, will ich gar nicht wissen, aber es macht die Welt etwas fröhlicher. Wir fahren jetzt mit den Rädern durch den Slum. Ihr könnt fotografieren. Die Leute haben nichts dagegen. Sie fragen eher wer die Attraktion ist, sie oder wir."
Hier im Yannawa District sind die Gassen teilweise weniger als zwei Meter breit, der Boden ist total uneben, aber Mauern und Wellblechwände hindern Radfahrer daran, umzufallen. "Wer sein Rad liebt, der schiebt!" Der Spruch hat hier volle Berechtigung. Tatsächlich scheinen die Bewohner an Rad fahrende Farangs, wie die Thais Fremde nennen, gewöhnt zu sein. Sie grüßen freundlich und verzeihen es sogar, wenn man versehentlich ihr Sofa, das vor dem Haus steht, touchiert. Am Ende des Gassengewirrs dann ein kleiner Platz. Andre Breuer hält vor einem offenen Ladenraum, in dem Frauen auf dem Boden vor alten Nähmaschinen sitzen.
"Wir nennen das hier sweat shop, das ist eine kleine Fabrik, die sich nicht ans Arbeitsrecht hält. Die Arbeitswoche in Thailand geht von Montag bis Samstag, die maximale Arbeitswoche hat 60 Stunden. In Bangkok ist gesetzlich gesichert, dass man für einen Acht-Stunden-Tag 200 Baht bekommt, das sind etwa vier Euro. Hier ist das anders, da werden sie nach Stückzahl bezahlt. Ich find das gut, solange es fair ist. Dann haben beide Seiten was davon. Wenn jemand wirklich hart arbeiten will, verdient er mehr Geld als ein normaler Fabrikarbeiter. Und das ist der einzige Grund, wieso solche Fabriken wie diese hier überhaupt existieren können. Sie arbeiten hier Sonntags oder Nachts und machen viele Überstunden aber letztlich haben sie 30, 40 Prozent mehr als die normalen Fabrikarbeiter. Natürlich findet man hier keine Markennamen, sie machen hier Damen-T-Shirts für den heimischen Markt. "
Andre Breuer kommt selbst aus der Textilbranche. Als sein Arbeitsvertrag bei einer thailändischen Firma endete, wollte er nicht nach Holland zurück. Er gab sich sechs Monate, um über seine Zukunft nachzudenken, kaufte sich ein Fahrrad und erkundete die Stadt. Dann gründete er seine eigene Firma.
"Ich hab mich viele Male verfahren. Aber mir macht das Spaß. Natürlich kann das ein Tourist nicht einfach auf eigene Faust machen, denn irgendwann will man ja wieder in sein Hotel zurückkommen. Es braucht wirklich Zeit, sich in dieser Gegend zurecht zu finden. Mich hat es fünf Monate gekostet. Es gibt keinen Stadtplan, auf dem die winzigen Wege drauf sind, die wir nehmen. Zum Beispiel dieser Park hier, ich habe drei Tage gebraucht, um ihn wieder zu finden. Es ist auf keiner Karte, nur durch tägliches radeln hab ich mir die Straßen nach und nach gemerkt. Anfangs war ich ziemlich frustriert, weil es sehr schwer ist. "
In Thailand gibt es keine Fahrradkarten. Die meisten Thais kämen nie auf die Idee, Radfahren zu wollen. Viele, die Andre Breuer mit Gästen wie der Berlinerin Inge Görgner, vorbeiradeln sehen, erklären ihn auch heute noch für verrückt.
"Für Thais ist das Fahrradfahren ein Zeichen für Armut, weil sie sich kein Motorrad leisten können. Niemand kann sich hier vorstellen, dass unsere Fahrräder teurer sind als deren Mopeds. "
Ich hab gestern ein paar Leute auf dem Fahrrad gesehen, mit Anzug, sehr wohlhabend und gut angezogen, wo ich dachte, die kommen jetzt dahin, für die ist es ein Luxus jetzt schon, die können sich zusätzlich zum Auto und zum Motorbike noch ein Fahrrad leisten.
"Speziell in Bangkok fördert die Regierung das Fahrradfahren. Zur Arbeit zum Beispiel. Es gibt sogar schon einige Fahrradwege, aber sehr versteckt, wo auch Fußgänger gehen."
"Der Taxifahrer, mit dem ich hierher gekommen bin, der geht jeden Abend nach seiner Arbeit 5 km Fahrrad fahren. Der deutete auf seinen Bauch und meinte, das sei ein guter Ausgleich. "
Weil seine Stadtrund-Rad-Fahrten in Bangkok so gut angekommen sind, hat er noch ein zweites Unternehmen im Norden Thailands, in Chiang Mai aufgebaut. Wer in Thailand erfolgreich ist, unterstützt die Armen. Gerade als Ausländer will Andre Breuer da keine Ausnahme sein.
"Hier sind die meisten Kindergärten privat und sehr teuer. Dieser hier gehört zu einer Stiftung und ich unterstütze sie. Etwa 120 Kinder zwischen drei und sechs sind hier."
Ein paar hundert Meter weiter hört der Weg auf und man steht am Ufer des Chao Praya. Dort wartet ein Mann in einem kleinen Holzboot mit Außenborder.
Blitzschnell haben Andre und der Bootsführer die vier Drahtesel in dem schmalen, etwa fünf Meter langen Boot festgezurrt.
"Soll ich dir die Hand geben? Geht schon. Boh ist das heiß! - In die Mitte!"
"Dass man noch eine kleine Bootsüberfahrt macht. Und vor allem sehr komfortabel ist, man muss die Fahrräder nicht selbst ins Boot schleppen. Jetzt spritzt gerade das Wasser, das kühlt ein bisschen ab. Das tut gut nach dieser heißen Tour. "
Auf dem großen Fluss herrscht reger Verkehr. Quer zur Fahrrinne hindurch zwischen Frachtern und Wassertaxen schlängelt sich der Außenborder ans andere Ufer.
"Bitte aussteigen! "
"Vielleicht fragt Ihr Euch wo zum Teufel sind wir hier? Wir sind immer noch nicht weit weg vom Gewusel der Stadt. Dieser Bezirk hier heißt Phra Pradaeng aber die Leute hier nennen es die grüne Lunge Bangkoks. Es ist gerade mal 4.2 km Luftlinie vom Amüsierviertel Patpong entfernt. "
"Ich dachte so zehn Kilometer von der Stadtmitte weg, weil das ist wirklich grün und man kriegt auch keinen Smog hier mit. Es ist ein bisschen windig und die Sonne kommt durch, was ich in Bangkok eigentlich noch nie gesehen habe ... und es ist gute Luft."
"Erinnert mich ein bisschen an den Tiergarten in Berlin, aber der hat keine Palmen. "
Den gut zwölf Quadratkilometer großer Park, der für die Thailändische Königin Sirikit angelegt wurde, kennen die meisten Einheimischen gar nicht, so versteckt liegt er.
"Es ist sehr umständlich, auf der Straße hierher zu kommen. Die Leute wissen oft gar nicht, welche Brücke sie überqueren müssen. Der Park ist wunderschön und die Teiche sind voll mit Fischen. Weil so selten jemand herkommt, hab ich Fischfutter gekauft und so tun wir heute gleich was Gutes. "
Viele Thais kaufen lebende Fische auf dem Markt, essen sie dann aber nicht, sondern lassen sie in Teichen von Klöstern und Parks wieder frei. Sie sollen mit den Sorgen der Menschen davon schwimmen. Aber das können sie nur, wenn sie auch regelmäßig gefüttert werden.
"Aber eigentlich sehen die sehr satt aus. Kann das so eine Koy Art sein? Karpfen? Das war ein Hüpfer von ein Meter. Unglaublich dieses Gewusel. Boh, da ist ja ein Riesenwels drin, bestimmt zwei Meter. ... plätscher ... ! Ah!""
"Ok, jetzt verlassen wir die Stadt und begeben uns in den Dschungel von Bangkok. Hier ist zwar kein Verkehr, aber wir haben eine andere Herausforderung: Die Wege. Manche sind nur etwa einen Meter breit. Die meisten haben kein Problem damit. Aber einige Pfade sind auf Pfeilern gebaut. Auf beiden Seiten ist es abschüssig. Glaubt mir, dass es am Besten ist, auf dem Weg zu bleiben. Auf beiden Seiten ist Wasser, etwa 30,40 cm tief. Der Rest ist Matsch, also könnt Ihr Euch vorstellen, wie Ihr ausseht, wenn ihr da reinfallt. Dann helfen wir Euch natürlich gerne wieder raus, aber erst wird ein Erinnerungsfoto geschossen."
Weter geht die Tour auf nur ein Meter breiten Betonpisten, die auf Pfeilern gebaut, durch das Unterholz führen. Man muss aufpassen, die kleinen Schlangen, die sich eilig in die meterhohen Bambusbüsche flüchten, nicht zu überrollen. Versteckte Hütten liegen unter Bananenstauden. In Wassergräben tollen Kinder.
"Dieser Tempel ist älter als Bangkok, über 265 Jahre. Er heißt Wat Worawihan und wurde vor kurzem anderthalb Jahre lang renoviert. Vorher war er eine Ruine. Das Dach war eingestürzt und niemand kam mehr hierher. Denn vor 80 Jahren schlug hier dreimal der Blitz ein und der Tempel brannte ab. Weil die Thais sehr abergläubisch sind, wollten sie ihn nicht mehr und bauten lieber einen neuen daneben, im typisch modernen Bangkoker Stil, mit viel Gold und Kitsch. Der alte hat viel mehr historischen Wert. Hier an der Frontseite die üppigen alten Schnitzereien! Alles Handarbeit. Er ist offen. Aber zieht die Schuhe aus, wenn Ihr reingeht. "
Als ich die Ruine dieses Tempels entdeckt habe, waren überall nur nackte Steine. Aber alles war vollgestellt mit Buddha Statuen. Alle kaputt.
In Thailand wirft man die Abbilder Buddhas, wenn sie zerbrochen sind, nicht in den Müll, sondern bringt sie in die Tempel zur letzten Ruhe. Jedes Jahr im Sommer wird im Wat Worawihan eine Zeremonie zu Ehren der Reliquien abgehalten.
"Mir fehlen ein bissel die Worte. Ich dachte na gut, wird halt eine Fahrradtour, dass es heiß wird, war klar ist ja auch heiß geworden, aber mit diesen vielseitigen Eindrücken durch diese kleinen Sträßchen zu fahren, diese freundlichen Leute, auch diese kleinen Holpersteinchen und dann andererseits diese überbordende Natur dazu, mit dem Park und dann durch diese Klongs heißen sie auf diesen schmalen hochbeinigen Sträßchen, nicht breiter als ein Meter rechts und links tiefes Wasser, das war schon super. Und ich glaub ich mach das nicht zum letzten Mal. Ralf: Das sind eigentlich Eindrücke, die man auf zwei drei Fahrradtouren noch mal nachvollziehen könnte."
Und wieder wird der Chao Phraya mit dem Boot überquert, diesmal aber mit einem Linienboot. Während der Fahrt zurück hat man plötzlich einen anderen Blick auf die Metropole. Man sieht nicht mehr nur große Brücken mit dichtem Verkehr und die Hochhau-Skyline, sondern auch kleine grüne Stellen am Flussufer, von denen man jetzt weiß, dass sich dahinter ein Dschungel verbirgt, in dem man vielleicht Rad fahren kann.
Das möchten die drei Berliner Tourteilnehmer nur zu gerne glauben, wenn sie an das Verkehrschaos denken, durch das sie sich gerade gekämpft haben, um ins Szeneviertel Sukhumvit zu kommen und Andre Breuer zu treffen. In der kleinen Seitenstraße der Rama 3 Road - um hinein zu gelangen, muss man sogar an einem Pförtner vorbei - erinnert erst mal nichts mehr an die Blechlawine zwischen den Wolkenkratzern und Hochbahntrassen, an Tausende von lärmenden Motorrädern, stinkende Busse und Taxis. Wie man sich in dieser Stadt auf einem Fahrrad bewegen soll, ohne umgefahren zu werden, erscheint trotzdem erst mal schleierhaft. Aber Andre Breuer ist Holländer und auf zwei Rädern genauso sicher wie andere auf zwei Füßen. Das macht Mut.
"Wir werden zu 90 Prozent abseits vom Verkehr fahren und die Hauptstraßen weitgehend meiden. Lasst Euch überraschen. Es ist wirklich ganz einfach wenn Ihr einige simple Regeln befolgt. Fahrt nicht nebeneinander und in der Mitte des Weges. Schaut immer nach vorn und dreht Euch nicht um. Es gibt 90 Grad Kurven und kleine Brücken. Wer Angst hat, steigt einfach ab und schiebt. Kein Risiko! Los geht's!"
Durch Seitenstraßen geht es vorbei an schicken Wohnhäusern mit üppigen Gärten. Es herrscht hier so gut wie kein Autoverkehr. Da kann man sich erst mal daran gewöhnen, bei 32 Grad im Schatten zu strampeln und dabei den Fahrtwind zu genießen. Doch kaum hat man die fein abgestimmte Gangschaltung verstanden, kommt die nächste Herausforderung:
"Hier sind wir schon im ersten Slum, direkt neben dieser Apartmentwohnanlage. Hier in Bangkok sind die armen Leute unheimlich freundlich. Oft, wenn ich mit meinem Fahrrad hier vorbeikomme, laden sie mich zum essen ein und immer haben sie ein Lächeln übrig. Ob das jetzt ernst gemeint ist oder nicht, will ich gar nicht wissen, aber es macht die Welt etwas fröhlicher. Wir fahren jetzt mit den Rädern durch den Slum. Ihr könnt fotografieren. Die Leute haben nichts dagegen. Sie fragen eher wer die Attraktion ist, sie oder wir."
Hier im Yannawa District sind die Gassen teilweise weniger als zwei Meter breit, der Boden ist total uneben, aber Mauern und Wellblechwände hindern Radfahrer daran, umzufallen. "Wer sein Rad liebt, der schiebt!" Der Spruch hat hier volle Berechtigung. Tatsächlich scheinen die Bewohner an Rad fahrende Farangs, wie die Thais Fremde nennen, gewöhnt zu sein. Sie grüßen freundlich und verzeihen es sogar, wenn man versehentlich ihr Sofa, das vor dem Haus steht, touchiert. Am Ende des Gassengewirrs dann ein kleiner Platz. Andre Breuer hält vor einem offenen Ladenraum, in dem Frauen auf dem Boden vor alten Nähmaschinen sitzen.
"Wir nennen das hier sweat shop, das ist eine kleine Fabrik, die sich nicht ans Arbeitsrecht hält. Die Arbeitswoche in Thailand geht von Montag bis Samstag, die maximale Arbeitswoche hat 60 Stunden. In Bangkok ist gesetzlich gesichert, dass man für einen Acht-Stunden-Tag 200 Baht bekommt, das sind etwa vier Euro. Hier ist das anders, da werden sie nach Stückzahl bezahlt. Ich find das gut, solange es fair ist. Dann haben beide Seiten was davon. Wenn jemand wirklich hart arbeiten will, verdient er mehr Geld als ein normaler Fabrikarbeiter. Und das ist der einzige Grund, wieso solche Fabriken wie diese hier überhaupt existieren können. Sie arbeiten hier Sonntags oder Nachts und machen viele Überstunden aber letztlich haben sie 30, 40 Prozent mehr als die normalen Fabrikarbeiter. Natürlich findet man hier keine Markennamen, sie machen hier Damen-T-Shirts für den heimischen Markt. "
Andre Breuer kommt selbst aus der Textilbranche. Als sein Arbeitsvertrag bei einer thailändischen Firma endete, wollte er nicht nach Holland zurück. Er gab sich sechs Monate, um über seine Zukunft nachzudenken, kaufte sich ein Fahrrad und erkundete die Stadt. Dann gründete er seine eigene Firma.
"Ich hab mich viele Male verfahren. Aber mir macht das Spaß. Natürlich kann das ein Tourist nicht einfach auf eigene Faust machen, denn irgendwann will man ja wieder in sein Hotel zurückkommen. Es braucht wirklich Zeit, sich in dieser Gegend zurecht zu finden. Mich hat es fünf Monate gekostet. Es gibt keinen Stadtplan, auf dem die winzigen Wege drauf sind, die wir nehmen. Zum Beispiel dieser Park hier, ich habe drei Tage gebraucht, um ihn wieder zu finden. Es ist auf keiner Karte, nur durch tägliches radeln hab ich mir die Straßen nach und nach gemerkt. Anfangs war ich ziemlich frustriert, weil es sehr schwer ist. "
In Thailand gibt es keine Fahrradkarten. Die meisten Thais kämen nie auf die Idee, Radfahren zu wollen. Viele, die Andre Breuer mit Gästen wie der Berlinerin Inge Görgner, vorbeiradeln sehen, erklären ihn auch heute noch für verrückt.
"Für Thais ist das Fahrradfahren ein Zeichen für Armut, weil sie sich kein Motorrad leisten können. Niemand kann sich hier vorstellen, dass unsere Fahrräder teurer sind als deren Mopeds. "
Ich hab gestern ein paar Leute auf dem Fahrrad gesehen, mit Anzug, sehr wohlhabend und gut angezogen, wo ich dachte, die kommen jetzt dahin, für die ist es ein Luxus jetzt schon, die können sich zusätzlich zum Auto und zum Motorbike noch ein Fahrrad leisten.
"Speziell in Bangkok fördert die Regierung das Fahrradfahren. Zur Arbeit zum Beispiel. Es gibt sogar schon einige Fahrradwege, aber sehr versteckt, wo auch Fußgänger gehen."
"Der Taxifahrer, mit dem ich hierher gekommen bin, der geht jeden Abend nach seiner Arbeit 5 km Fahrrad fahren. Der deutete auf seinen Bauch und meinte, das sei ein guter Ausgleich. "
Weil seine Stadtrund-Rad-Fahrten in Bangkok so gut angekommen sind, hat er noch ein zweites Unternehmen im Norden Thailands, in Chiang Mai aufgebaut. Wer in Thailand erfolgreich ist, unterstützt die Armen. Gerade als Ausländer will Andre Breuer da keine Ausnahme sein.
"Hier sind die meisten Kindergärten privat und sehr teuer. Dieser hier gehört zu einer Stiftung und ich unterstütze sie. Etwa 120 Kinder zwischen drei und sechs sind hier."
Ein paar hundert Meter weiter hört der Weg auf und man steht am Ufer des Chao Praya. Dort wartet ein Mann in einem kleinen Holzboot mit Außenborder.
Blitzschnell haben Andre und der Bootsführer die vier Drahtesel in dem schmalen, etwa fünf Meter langen Boot festgezurrt.
"Soll ich dir die Hand geben? Geht schon. Boh ist das heiß! - In die Mitte!"
"Dass man noch eine kleine Bootsüberfahrt macht. Und vor allem sehr komfortabel ist, man muss die Fahrräder nicht selbst ins Boot schleppen. Jetzt spritzt gerade das Wasser, das kühlt ein bisschen ab. Das tut gut nach dieser heißen Tour. "
Auf dem großen Fluss herrscht reger Verkehr. Quer zur Fahrrinne hindurch zwischen Frachtern und Wassertaxen schlängelt sich der Außenborder ans andere Ufer.
"Bitte aussteigen! "
"Vielleicht fragt Ihr Euch wo zum Teufel sind wir hier? Wir sind immer noch nicht weit weg vom Gewusel der Stadt. Dieser Bezirk hier heißt Phra Pradaeng aber die Leute hier nennen es die grüne Lunge Bangkoks. Es ist gerade mal 4.2 km Luftlinie vom Amüsierviertel Patpong entfernt. "
"Ich dachte so zehn Kilometer von der Stadtmitte weg, weil das ist wirklich grün und man kriegt auch keinen Smog hier mit. Es ist ein bisschen windig und die Sonne kommt durch, was ich in Bangkok eigentlich noch nie gesehen habe ... und es ist gute Luft."
"Erinnert mich ein bisschen an den Tiergarten in Berlin, aber der hat keine Palmen. "
Den gut zwölf Quadratkilometer großer Park, der für die Thailändische Königin Sirikit angelegt wurde, kennen die meisten Einheimischen gar nicht, so versteckt liegt er.
"Es ist sehr umständlich, auf der Straße hierher zu kommen. Die Leute wissen oft gar nicht, welche Brücke sie überqueren müssen. Der Park ist wunderschön und die Teiche sind voll mit Fischen. Weil so selten jemand herkommt, hab ich Fischfutter gekauft und so tun wir heute gleich was Gutes. "
Viele Thais kaufen lebende Fische auf dem Markt, essen sie dann aber nicht, sondern lassen sie in Teichen von Klöstern und Parks wieder frei. Sie sollen mit den Sorgen der Menschen davon schwimmen. Aber das können sie nur, wenn sie auch regelmäßig gefüttert werden.
"Aber eigentlich sehen die sehr satt aus. Kann das so eine Koy Art sein? Karpfen? Das war ein Hüpfer von ein Meter. Unglaublich dieses Gewusel. Boh, da ist ja ein Riesenwels drin, bestimmt zwei Meter. ... plätscher ... ! Ah!""
"Ok, jetzt verlassen wir die Stadt und begeben uns in den Dschungel von Bangkok. Hier ist zwar kein Verkehr, aber wir haben eine andere Herausforderung: Die Wege. Manche sind nur etwa einen Meter breit. Die meisten haben kein Problem damit. Aber einige Pfade sind auf Pfeilern gebaut. Auf beiden Seiten ist es abschüssig. Glaubt mir, dass es am Besten ist, auf dem Weg zu bleiben. Auf beiden Seiten ist Wasser, etwa 30,40 cm tief. Der Rest ist Matsch, also könnt Ihr Euch vorstellen, wie Ihr ausseht, wenn ihr da reinfallt. Dann helfen wir Euch natürlich gerne wieder raus, aber erst wird ein Erinnerungsfoto geschossen."
Weter geht die Tour auf nur ein Meter breiten Betonpisten, die auf Pfeilern gebaut, durch das Unterholz führen. Man muss aufpassen, die kleinen Schlangen, die sich eilig in die meterhohen Bambusbüsche flüchten, nicht zu überrollen. Versteckte Hütten liegen unter Bananenstauden. In Wassergräben tollen Kinder.
"Dieser Tempel ist älter als Bangkok, über 265 Jahre. Er heißt Wat Worawihan und wurde vor kurzem anderthalb Jahre lang renoviert. Vorher war er eine Ruine. Das Dach war eingestürzt und niemand kam mehr hierher. Denn vor 80 Jahren schlug hier dreimal der Blitz ein und der Tempel brannte ab. Weil die Thais sehr abergläubisch sind, wollten sie ihn nicht mehr und bauten lieber einen neuen daneben, im typisch modernen Bangkoker Stil, mit viel Gold und Kitsch. Der alte hat viel mehr historischen Wert. Hier an der Frontseite die üppigen alten Schnitzereien! Alles Handarbeit. Er ist offen. Aber zieht die Schuhe aus, wenn Ihr reingeht. "
Als ich die Ruine dieses Tempels entdeckt habe, waren überall nur nackte Steine. Aber alles war vollgestellt mit Buddha Statuen. Alle kaputt.
In Thailand wirft man die Abbilder Buddhas, wenn sie zerbrochen sind, nicht in den Müll, sondern bringt sie in die Tempel zur letzten Ruhe. Jedes Jahr im Sommer wird im Wat Worawihan eine Zeremonie zu Ehren der Reliquien abgehalten.
"Mir fehlen ein bissel die Worte. Ich dachte na gut, wird halt eine Fahrradtour, dass es heiß wird, war klar ist ja auch heiß geworden, aber mit diesen vielseitigen Eindrücken durch diese kleinen Sträßchen zu fahren, diese freundlichen Leute, auch diese kleinen Holpersteinchen und dann andererseits diese überbordende Natur dazu, mit dem Park und dann durch diese Klongs heißen sie auf diesen schmalen hochbeinigen Sträßchen, nicht breiter als ein Meter rechts und links tiefes Wasser, das war schon super. Und ich glaub ich mach das nicht zum letzten Mal. Ralf: Das sind eigentlich Eindrücke, die man auf zwei drei Fahrradtouren noch mal nachvollziehen könnte."
Und wieder wird der Chao Phraya mit dem Boot überquert, diesmal aber mit einem Linienboot. Während der Fahrt zurück hat man plötzlich einen anderen Blick auf die Metropole. Man sieht nicht mehr nur große Brücken mit dichtem Verkehr und die Hochhau-Skyline, sondern auch kleine grüne Stellen am Flussufer, von denen man jetzt weiß, dass sich dahinter ein Dschungel verbirgt, in dem man vielleicht Rad fahren kann.