Von neun Monaten bis zu zwei Jahren dauern die Vorbereitung auf die Konfirmation in den evangelischen Gemeinden Europas. Allerdings geht es längst nicht mehr nur um Erklärungen und Auswendiglernen. Auch als Beginn des Erwachsenenlebens hat die Konfirmation an Bedeutung verloren. Professor Friedrich Schweitzer, Religionspädagoge an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen:
"Man spricht heute zu Recht nicht mehr einfach von Konfirmandenunterricht, sondern von der Konfirmandenarbeit. Schon dadurch, dass die allermeisten Jugendlichen nach der Konfirmation nicht wie früher in das Arbeitsleben eintreten, sondern noch auch Jahre hinaus in der Schule bleiben, bleiben sie Schüler und betreten damit auch den Bereich des Erwachsenenlebens sehr viel später. Man kann also Konfirmation also nicht mehr als den Zeitpunkt der Initiation ins Erwachsenenleben sehen, sondern die Konfirmandenarbeit ist ein Stück Lebensbegleitung, religiöser Begleitung von jungen Menschen auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Das ist die wichtigste Veränderung."
Friedrich Schweitzer hat die bundesweite Studie der Evangelischen Kirche Deutschlands mit 11.000 Befragten und die der Württembergischen Landeskirche verfasst. Er war außerdem an einer europaweiten Studie beteiligt. Die Änderung der Funktion erforderte auch Änderungen bei der Form und den Inhalten:
"In der Vergangenheit - und das prägt bis heute das Bild - hieß Konfirmandenunterricht, dass bestimmte Inhalte besprochen und vor allem auswendig gelernt wurden und dann auch abgefragt wurden, bis hin zum Konfirmations-Gottesdienst, der vielfach als eine öffentliche Prüfung erfahren und der auch entsprechend angstbesetzt war. Heute geht man davon aus, dass die Inhalte in einer Lebens- und Erfahrungsbezogenen Form für die Jugendlichen erschlossen werden sollen."
In der stark durch das Wort geprägten evangelischen Kirche bedeutet es eine erhebliche Veränderung, wenn an die Stelle des Auswendiglernens die Auseinandersetzung mit den Inhalten tritt, obwohl das eigentlich schon immer der Sinn der Sache war:
"Wenn man beispielsweise über das Abendmahl mit Jugendlichen spricht, dann ist auch wichtig, dass hier Menschen einander begegnen, Menschen unabhängig von ihrer Leistung und unabhängig von ihrer Anerkennung und ihrem Erfolg in der Gesellschaft zueinander kommen können, sich als Gleichberechtigte und vor Gott gleich geachtete Menschen vor dem Altar und um den Altar versammeln. Hier haben wir eine ganz andere Form als früher, bei der vielleicht nur eine Erläuterung zum Abendmahl auswendig gelernt werden musste."
Darin spiegelt sich auch ein gesellschaftlicher Wandel. Früher hatten die Jugendlichen sich den Ritualen der Erwachsenen zu unterwerfen, heute kommt
man ihnen und ihren Bedürfnissen entgegen.
"Es ist nicht nur in Deutschland so, sondern beispielsweise auch in Finnland, dass sich so gut wie alle evangelischen Jugendlichen an der Konfirmandenarbeit beteiligen. Das heißt Jugendliche haben - ganz anders, als man häufig annimmt - ein Interesse an religiösen Fragen, die für sie nicht immer kirchliche Fragen sind. Aber sie haben Fragen, die den eigenen Lebenssinn und die eigene Lebensführung betreffen. Sie wollen sich mit Anderen in der Gruppe austauschen und gemeinsam mit Anderen etwas erleben. Aber sie wollen auch Erwachsene, an denen sie sich reiben und mit denen sie sich vielleicht auch vergleichen können."
Gemeinsame Wochenenden, Jugendgruppen, Zeltlager, also Formen von heute selten gewordenen Gemeinschaftserlebnissen sind bei der Ablösung vom Elternhaus und der Entwicklung einer eigenen Lebensgestaltung hilfreich. Verknüpfungen mit der Konfirmandenarbeit werden deshalb gut aufgenommen. Doch dieses Eingehen auf jugendliche Bedürfnisse hilft nicht immer, zeigen die Studien:
"Der Gottesdienst ist sicher ein neuralgischer Punkt, der sich in unserer Studie herausgestellt hat. Wir wissen alle, dass die Evangelischen und sicher auch die Jugendlichen kein besonders enges Verhältnis zum Gottesdienst haben. Was wir erschreckend finden, ist dass die Zahl derer, die den Gottesdienst langweilig finden, während der Konfirmandenzeit noch einmal zunimmt. Man muss also sagen, dass gerade die Begegnung mit den herkömmlichen Gottesdiensten für die Jugendlichen nicht produktiv ist."
Die Gründe sind in den Studien nicht erforscht worden. Können Jugendliche mit diesen Ritualen nicht mehr viel anfangen - oder die Älteren keine Form finden, die den Jüngeren etwas sagt. Oder führt das Älterwerden der Gesellschaft zu dieser Kluft? Eine Lösung sind von den Jugendlichen mit gestaltete Gottesdienste, wobei klar ist, dass die Jugendlichen ihr eigenes Werk kaum langweilig finden.
Sicher ist jedoch, dass die Konfirmationszeit von 60 Prozent im Rückblick als bereichernd eingeschätzt wird. Friedrich Schweitzer:
"Jugendliche nehmen etwas mit aus der Konfirmandenzeit. Und dort, wo man Langzeitstudien bereits durchgeführt hat - das gilt etwa für Finnland - kann man sehen, dass das, was sie aus der Konfirmandenzeit mitnehmen viele, viele Jahre für die Menschen auch wichtig bleibt. Das verschwindet nicht."
Deshalb wird auch überlegt, wie neue Herausforderungen für Konfirmanden aufbereitet werden sollen. Etwa, wie das Gebot "Du sollst nicht Ehebrechen" mit Alleinerziehenden, oder Familien zusammenpasst, in denen die Kinder verschiedene Väter oder Mütter haben. Oder: der Umgang mit Andersgläubigen.
"Dazu gehört die Frage der religiösen und weltanschaulichen Pluralität mit der heutige Kinder und Jugendliche von früh auf konfrontiert sind. Jugendliche wollen wissen, was es heißt, zu einer evangelischen Kirche zu gehören, angesichts anderer Konfessionen, aber eben auch angesichts anderer Religionen. Dieses Thema lässt sich auch nicht etwa an den Schulreligionsunterricht delegieren, denn die Kirche muss selbst darüber Auskunft geben können, wer sie ist und warum man zu ihr gehören soll."
Dass die Jugendlichen von der Konfirmationsvorbereitung profitieren zeigt sich auch im hohen Grad des ehrenamtlichen Engagements in der Kirche. Ein Konfirmandenunterricht großer Teil der 5500 Ehrenamtlichen in Württembergs Landeskirche sind Jugendliche. Die Konfirmandenarbeit dient also nicht nur der Kirche, sondern der gesamten Gesellschaft, wie Prof. Friedrich Schweitzer die drei Studien zusammenfasst:
"Die Konfirmandenarbeit ist ein Ort an dem soziale Kompetenzen und ethische Kompetenzen erworben werden können. Werte spielen als Thema eine wichtige Rolle. Und in sofern ist die Konfirmandenarbeit ein wichtiger Beitrag für die Zivilgesellschaft. Dabei kann man auch an das ehrenamtliche Engagement denken, das gerade für eine Demokratie ja ganz entscheidend ist."
"Man spricht heute zu Recht nicht mehr einfach von Konfirmandenunterricht, sondern von der Konfirmandenarbeit. Schon dadurch, dass die allermeisten Jugendlichen nach der Konfirmation nicht wie früher in das Arbeitsleben eintreten, sondern noch auch Jahre hinaus in der Schule bleiben, bleiben sie Schüler und betreten damit auch den Bereich des Erwachsenenlebens sehr viel später. Man kann also Konfirmation also nicht mehr als den Zeitpunkt der Initiation ins Erwachsenenleben sehen, sondern die Konfirmandenarbeit ist ein Stück Lebensbegleitung, religiöser Begleitung von jungen Menschen auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Das ist die wichtigste Veränderung."
Friedrich Schweitzer hat die bundesweite Studie der Evangelischen Kirche Deutschlands mit 11.000 Befragten und die der Württembergischen Landeskirche verfasst. Er war außerdem an einer europaweiten Studie beteiligt. Die Änderung der Funktion erforderte auch Änderungen bei der Form und den Inhalten:
"In der Vergangenheit - und das prägt bis heute das Bild - hieß Konfirmandenunterricht, dass bestimmte Inhalte besprochen und vor allem auswendig gelernt wurden und dann auch abgefragt wurden, bis hin zum Konfirmations-Gottesdienst, der vielfach als eine öffentliche Prüfung erfahren und der auch entsprechend angstbesetzt war. Heute geht man davon aus, dass die Inhalte in einer Lebens- und Erfahrungsbezogenen Form für die Jugendlichen erschlossen werden sollen."
In der stark durch das Wort geprägten evangelischen Kirche bedeutet es eine erhebliche Veränderung, wenn an die Stelle des Auswendiglernens die Auseinandersetzung mit den Inhalten tritt, obwohl das eigentlich schon immer der Sinn der Sache war:
"Wenn man beispielsweise über das Abendmahl mit Jugendlichen spricht, dann ist auch wichtig, dass hier Menschen einander begegnen, Menschen unabhängig von ihrer Leistung und unabhängig von ihrer Anerkennung und ihrem Erfolg in der Gesellschaft zueinander kommen können, sich als Gleichberechtigte und vor Gott gleich geachtete Menschen vor dem Altar und um den Altar versammeln. Hier haben wir eine ganz andere Form als früher, bei der vielleicht nur eine Erläuterung zum Abendmahl auswendig gelernt werden musste."
Darin spiegelt sich auch ein gesellschaftlicher Wandel. Früher hatten die Jugendlichen sich den Ritualen der Erwachsenen zu unterwerfen, heute kommt
man ihnen und ihren Bedürfnissen entgegen.
"Es ist nicht nur in Deutschland so, sondern beispielsweise auch in Finnland, dass sich so gut wie alle evangelischen Jugendlichen an der Konfirmandenarbeit beteiligen. Das heißt Jugendliche haben - ganz anders, als man häufig annimmt - ein Interesse an religiösen Fragen, die für sie nicht immer kirchliche Fragen sind. Aber sie haben Fragen, die den eigenen Lebenssinn und die eigene Lebensführung betreffen. Sie wollen sich mit Anderen in der Gruppe austauschen und gemeinsam mit Anderen etwas erleben. Aber sie wollen auch Erwachsene, an denen sie sich reiben und mit denen sie sich vielleicht auch vergleichen können."
Gemeinsame Wochenenden, Jugendgruppen, Zeltlager, also Formen von heute selten gewordenen Gemeinschaftserlebnissen sind bei der Ablösung vom Elternhaus und der Entwicklung einer eigenen Lebensgestaltung hilfreich. Verknüpfungen mit der Konfirmandenarbeit werden deshalb gut aufgenommen. Doch dieses Eingehen auf jugendliche Bedürfnisse hilft nicht immer, zeigen die Studien:
"Der Gottesdienst ist sicher ein neuralgischer Punkt, der sich in unserer Studie herausgestellt hat. Wir wissen alle, dass die Evangelischen und sicher auch die Jugendlichen kein besonders enges Verhältnis zum Gottesdienst haben. Was wir erschreckend finden, ist dass die Zahl derer, die den Gottesdienst langweilig finden, während der Konfirmandenzeit noch einmal zunimmt. Man muss also sagen, dass gerade die Begegnung mit den herkömmlichen Gottesdiensten für die Jugendlichen nicht produktiv ist."
Die Gründe sind in den Studien nicht erforscht worden. Können Jugendliche mit diesen Ritualen nicht mehr viel anfangen - oder die Älteren keine Form finden, die den Jüngeren etwas sagt. Oder führt das Älterwerden der Gesellschaft zu dieser Kluft? Eine Lösung sind von den Jugendlichen mit gestaltete Gottesdienste, wobei klar ist, dass die Jugendlichen ihr eigenes Werk kaum langweilig finden.
Sicher ist jedoch, dass die Konfirmationszeit von 60 Prozent im Rückblick als bereichernd eingeschätzt wird. Friedrich Schweitzer:
"Jugendliche nehmen etwas mit aus der Konfirmandenzeit. Und dort, wo man Langzeitstudien bereits durchgeführt hat - das gilt etwa für Finnland - kann man sehen, dass das, was sie aus der Konfirmandenzeit mitnehmen viele, viele Jahre für die Menschen auch wichtig bleibt. Das verschwindet nicht."
Deshalb wird auch überlegt, wie neue Herausforderungen für Konfirmanden aufbereitet werden sollen. Etwa, wie das Gebot "Du sollst nicht Ehebrechen" mit Alleinerziehenden, oder Familien zusammenpasst, in denen die Kinder verschiedene Väter oder Mütter haben. Oder: der Umgang mit Andersgläubigen.
"Dazu gehört die Frage der religiösen und weltanschaulichen Pluralität mit der heutige Kinder und Jugendliche von früh auf konfrontiert sind. Jugendliche wollen wissen, was es heißt, zu einer evangelischen Kirche zu gehören, angesichts anderer Konfessionen, aber eben auch angesichts anderer Religionen. Dieses Thema lässt sich auch nicht etwa an den Schulreligionsunterricht delegieren, denn die Kirche muss selbst darüber Auskunft geben können, wer sie ist und warum man zu ihr gehören soll."
Dass die Jugendlichen von der Konfirmationsvorbereitung profitieren zeigt sich auch im hohen Grad des ehrenamtlichen Engagements in der Kirche. Ein Konfirmandenunterricht großer Teil der 5500 Ehrenamtlichen in Württembergs Landeskirche sind Jugendliche. Die Konfirmandenarbeit dient also nicht nur der Kirche, sondern der gesamten Gesellschaft, wie Prof. Friedrich Schweitzer die drei Studien zusammenfasst:
"Die Konfirmandenarbeit ist ein Ort an dem soziale Kompetenzen und ethische Kompetenzen erworben werden können. Werte spielen als Thema eine wichtige Rolle. Und in sofern ist die Konfirmandenarbeit ein wichtiger Beitrag für die Zivilgesellschaft. Dabei kann man auch an das ehrenamtliche Engagement denken, das gerade für eine Demokratie ja ganz entscheidend ist."