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Roboter auf dem Acker

Technik. - Noch bis zum 24. Juni ist in Deutschland Spargelsaison. Auf den Feldern sieht man derzeit unzählige Erntehelfer. Für einen Menschen ist diese Arbeit nicht besonders schwierig, aber eine große Herausforderung für automatische Ernteroboter. Deshalb wird auch zumeist noch per Hand geerntet. Das könnte sich aber bald ändern.

Von Michael Böddeker | 25.05.2009
    Ein Spargelfeld bei Kirchwahlingen in Niedersachsen. Strahlend blauer Himmel, 20 Grad Celsius – beste Bedingungen für die Spargelernte. Eine Gruppe von etwa 30 Landwirten und Geschäftsleuten aus aller Welt steht zwischen den Erdwällen, in denen die Spargel nach oben sprießen.

    "Also angefangen bei der Elfenbeinküste, Kamerun, Peru, Chile, Brasilien, ist scheinbar alles dabei."

    Christian Bornstein ist Ingenieur bei der Firma ai-solution. Er möchte den internationalen Spargelbauern heute seine vollautomatische Erntemaschine vorführen – den pink lackierten "Spargel-Panther". Bislang existiert erst ein Prototyp. Die Maschine ähnelt einem lang gezogenen Traktor. Zwischen den Vorder- und Hinterrädern ist eine Aufhängung angebracht. Sie ist mehr als fünf Meter breit. Drei der parallel verlaufenden Erddämme können damit gleichzeitig abgeerntet werden, mit drei automatischen Stechmessern. Jedes Messer ist mit einer Kamera verbunden, die von oben Bilder des Erdhügels aufnimmt. Ein Rechner im Spargel-Panther wertet diese aus und erkennt, wo Spargelköpfe aus dem Boden gucken. Darüber wird dann computergesteuert das Messer in Position gebracht.

    "Also erst fährt das Stechmesser runter, und im Anschluss daran folgt der Greifer, der dann den im Stamm abgeschnittenen Spargel greifen soll."

    Zumindest in der Theorie. Ausgerechnet bei der Präsentation läuft es anders als geplant.

    "Ja wie es immer so ist bei so Vorführungen. Wir haben heute morgen die Kamerasysteme mit einer neuen Software aufgespielt, und .. ja … es funktioniert noch nicht."

    Deshalb muss der Fahrer nun nach Augenmaß arbeiten. Mehr schlecht als recht erwischt er auf diese Weise hin und wieder eine Spargelstange.

    "Versucht der das jetzt per Hand zu justieren? Ja, das kann ja nicht klappen."

    Wenn aber alles funktioniert, so Ingenieur Christian Bornstein, erntet der Spargel-Panther bis zu 100 Kilogram Spargel pro Stunde. Sehen kann man das in einem Video auf der Homepage von Christian Bornsteins Firma. Zehn Erntehelfer könnten so durch nur einen an Bord der Maschine ersetzt werden. Das ist manchmal auch nötig, denn für die anstrengende Ernte per Hand finden sich nicht immer genügend Arbeitskräfte. Ein Teil des Spargels bleibt dann im Boden. Bevor der Spargel-Panther auf deutschen Feldern Arbeitskräfte ersetzt, muss die Technik der Maschine weiter perfektioniert werden. An der Bilderkennung wird noch gearbeitet, damit die Spargelköpfe auch bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen erkannt werden.

    "Wir werden sie natürlich erst verkaufen, wenn sie 100prozentig funktioniert. Dummerweise hat man nur immer 60 Tage Ernte, wo man das ausprobieren kann."

    Eine andere Erntemaschine ist bereits auf deutschen Spargelfeldern im Einsatz, und damit vielleicht auch für die internationalen Spargelbauern von größerem Interesse: der "Kirpy", salopp so benannt nach der Firma, die ihn entwickelt hat. Er erntet allerdings nicht nur die Spargelstangen, die schon aus dem Boden schauen, sondern auch die kürzeren. Rotierende Messerscheiben, groß wie Gullydeckel, schneiden sich in Bodennähe durch den Erdwall und durch alles, was sich darin befindet. Ein Förderband transportiert dann Erde und Spargel weiter nach hinten, wo vier Erntehelfer die Stangen aussortieren. Die Erde fällt anschließend nach unten und wird automatisch wieder zum Wall aufgeschüttet. Der ganze Vorgang verläuft recht zügig, sagt Landwirt Heiner Meyer. Ihm gehört das Testfeld für Kirpy und Spargel-Panther.

    "Also wir fahren jetzt sieben Stundenkilometer damit, das heißt, dass wir in der Stunde so einen bis anderthalb Hektar mit ernten können."

    Vollautomatisch, so wie der Spargel-Panther, läuft der Kirpy zwar nicht. Heiner Meyer sieht dennoch einen klaren Vorteil gegenüber der Handernte. Das Sortieren auf dem Anhänger sei eine angenehmere Arbeit. Arbeitskräfte dafür ließen sich leichter finden. Mit der Ernte ist die Reise für den Spargel aber noch lange nicht beendet.

    "Dann kommt der mit dem Kühlanhänger auf unseren Hof. Wird dann sortiert und gewaschen, auch vollautomatisch, und dann schockgekühlt, also auf zwei Grad. Und dann kommt er ins Kühlhaus, beziehungsweise zu den Schälmaschinen, wird geschält, und dann in alle Welt versandt."

    Und landet schließlich – gerne auch zusammen mit Kartoffeln, Schinken und Sauce Hollandaise – auf den Tellern der Kunden. Die sich vermutlich nicht viele Gedanken darüber machen, welchen komplizierten Weg die Stangen schon hinter sich haben – Hauptsache, es schmeckt.